Transfers erklärt: Darum wechselte Fernando Torres zu Atlético Madrid
Spanien 5.Januar.2015 Rene Maric 0
Wie schon in der vergangenen Winterpausen gehen wir in dieser Rubrik auf einzelne fixe Transfers zumeist größerer Vereine ein, zu denen die Hintergründe und Motive beleuchtet werden. Wieso holt eine Mannschaft diesen Spieler? Wer ist dieser Spieler überhaupt? Was erwartet sich sein neuer Verein von ihm? Kann er die Erwartungen in seinem neuen Verein erfüllen?
Diese Fragen sollen hauptsächlich beantwortet werden. Auch die taktische Perspektive soll nicht zu kurz kommen, immerhin ermöglicht ein neuer Spieler oftmals eine Vielzahl neuer Kombinationen und Synergien, die ebenfalls erläutert werden sollen.
In dieser Ausgabe blicken wir auf einen fast nostalgisch begründeten Transfer von einem der am meisten kritisierten Fußballer der letzten Jahre: Fernando Torres wechselt von Chelsea fix zu AC Mailand, die ihn umgehend für 18 Monate zu seinem Heimatverein Atlético Madrid verleihen.
Der schmerzhafte Verlust seiner Geschwindigkeit
Als Fernando Torres in der Premier League auftauchte, war er eine Naturgewalt. In seiner ersten Saison stellte er einen Torrekord für Ligadebütanten auf. Kaum ein Verteidiger kam mit seiner extremen Dynamik und Beweglichkeit klar. Meistens bewegte sich Torres in jener Zeit alleine im Sturmzentrum zwischen den beiden Halbräumen, beschäftigte phasenweise die gesamte gegnerische Viererkette, zog die vielfach mannorientiert verfolgenden Innenverteidiger auseinander und visierte immer wieder mit Diagonalläufen den Raum hinter der gegnerischen Abwehr an. Mit Steven Gerrard auf der Zehn im 4-2-3-1 und Trainer Rafael Benitez fand er das perfekte Umfeld für seine Spielweise vor. Die schnellen Drehungen und blitzartig darauffolgenden Abschlüsse wurden zu seinem Markenzeichen.
Doch das sollte nicht lange andauern. Schon in jener Zeit begannen die Verletzungen Fernando Torres‘, der Gerüchten zufolge häufig für die wichtigen Spiele fitgespritzt wurde. Bestritt Torres in seiner Debütsaison für Liverpool in der Saison 2007/08 noch 33 Partien in der englischen Liga und traf 24-mal, so waren es in der folgenden Spielzeit nur noch 24 Spiele (14 Tore). 2009/10 waren es 22 Einsätze (18 Treffer), doch 2010/11 geschah etwas Merkwürdiges. Torres kam nun auf viel mehr Einsätze (37), aber wirkte wie ein komplett anderer Spieler (nur 10 Tore, dafür die meisten Torvorlagen in einer Saison bis dahin).
Im Winter dieser Saison wechselte er für fast 65 Millionen Euro zu Chelsea; letztlich ein Fehleinkauf.
Chelsea erhielt Zuarbeiter statt Knipser
Obgleich Torres ein paar wichtige Tore in seinen Jahren für Chelsea und einige große Titelgewinne wie z.B. den CL-Titel 2012 feiern konnte, war er schlichtweg nicht mehr jener Spieler, den Chelsea aufgrund seiner vorherigen Leistungen kaufte. Dafür waren seine Knie und sein physischer wie psychischer Zustand schlichtweg nicht mehr ausreichend. Der extrem dynamische, sehr weiträumige und in Laufduellen robuste Knipser ist Vergangenheit.
Chelsea versuchte lange Zeit Torres in einer solchen Rolle zu nutzen, obwohl er offensichtlich nicht mehr die Anforderungen erfüllte. Einzelne Tore und gute Partien wurden immer wieder fälschlicherweise als Zeichen dafür gesehen, dass Torres nur noch mehr Zeit, Spielpraxis und Fitness benötigen würde. Das setzte Torres aber nur noch mehr zu: Er wurde weiter in diese nunmehr unpassende Rolle gedrängt.
Allerdings gab es (insbesondere unter Benitez) einige Zeit lang Versuche, ihn seinen anderen Stärken entsprechend einzusetzen, woraufhin Torres auch vereinzelt wirklich gute Leistungen zeigte. Denn obwohl sich Torres in seiner Anfangszeit über seine Explosivität definierte, so hat er trotzdem heute noch einige starke Aspekte abseits dieser Explosivität zu bieten.
Intelligenter Zuarbeiter und Raumöffner
Torres bewies bei richtiger Einbindung einige unvermutete und potenziell sehr nützliche Fähigkeiten in den letzten Jahren. So war er im Pressing stark, nutzte seine Bewegungen intelligent, um strategisch wichtige Zonen im Sechserraum in seinen Deckungsschatten zu nehmen. In einzelnen Phasen war er sogar sehr weiträumig und aggressiv im Attackieren des ballführenden Gegenspielers in seiner Nähe, ging einige Male fast schon übermotiviert zu Werke.
Allerdings ist diese defensive Fähigkeit einerseits inkonstant und andererseits nur ein Plus. Beim Stürmer geht es nach wie vor auch stark um den offensiven Impact; obwohl Torres durch den Verlust seiner Explosivität nicht mehr erfolgreich aus Laufduellen gehen und nicht mehr so schnell in gute Abschlusspositionen kommen kann, so ermöglicht er aber anderen durch das Öffnen von Räumen vielversprechend in gute Situationen zu kommen. Immer wieder weicht Torres – wenn es ihm erlaubt wird – auf die Flügel aus, öffnet Räume und versucht seinen Mitspielern zu helfen.
Nicht nur ohne Ball macht er das, sondern auch im Kombinationsspiel bringt er sich situativ mit ein. Obgleich Torres natürlich kein Spielmacher oder in engen Räumen herausragender Dribbler ist, ist er dennoch im Stande gute Ablagen zu spielen oder sich an schnellen Kombinationen mit einfachen Pässen zu beteiligen. Auch einzelne technisch anspruchsvolle Ballbehauptungen und das Binden von Gegenspielern sind zu beobachten.
Somit ist die Verpflichtung Torres‘ für Atlético Madrid keineswegs eine schlechte. Es ist nur die Frage, wie er eingebunden wird, welche über den Erfolg oder Misserfolg dieser Leihe entscheiden wird.
Was könnte Simeone mit ihm machen?
Bekanntlich spielt Atlético unter Simeone fast immer in einem 4-2-2-2/4-4-1-1. Die beiden Flügelstürmer rücken in die Halbräume und die Mitte ein, machen das Spiel von dort aus und sorgen für eine flexible Zentrumsbesetzung. Davor agieren zwei bewegliche Mittelstürmer, die sich auch für Flanken und Ablagen anbieten. Diese Saison ist dies mit dem Abgang von Diego Costa allerdings nicht mehr ganz so effektiv, weswegen auch mit einem 4-3-3 experimentiert wurde.
Trotz Torres‘ unterschätzter spielerischer Fähigkeiten ist er für die Rolle als einrückender Flügelstürmer im 4-2-2-2 absolut ungeeignet. Auf den ersten Blick würde sich allerdings die Position des zweiten, etwas hängenden Stürmers anbieten. Gepaart mit Mandzukic oder Raul Garcia als Zielspieler vor ihm könnte Torres Räume für die einrückenden Flügelstürmer öffnen, Ablagen von Mandzukic erhalten und wiederum für diesen zuarbeiten. Bei genauerer Betrachtung könnte das allerdings unpassend sein.
Mandzukic ist bereits ein sehr ausweichender, zuarbeitender und selten in die Tiefe gehender Akteur. Diego Costas Genialität war, dass er sowohl das Ausweichen als auch das Zuarbeiten mit dem Starten hinter die Abwehr, Einzelaktionen und tororientierten Aktionen generell verbinden konnte. Weder Mandzukic noch Torres können dies, es würde an der Durchschlagskraft mangeln.
Darum wäre es womöglich interessant, wenn Torres als höchster Stürmer anstatt Mandzukic aufläuft und als Raumöffner agiert. Der sehr dynamische und dribbelstarke Griezmann könnte leicht versetzt hinter Torres spielen, würde die offenen Schnittstellen anvisieren und beide könnten sich situativ mit Ablagen ins Kombinationsspiel der Mittelfeldspieler einbinden. Zwar fehlt dann etwas die körperliche Komponente, insbesondere bei Luftzweikämpfen nach langen Bällen der Abwehrspieler in die Spitze zum Überspringen des Mittelfelds, doch in vielen Spielen wird dies ohnehin kaum noch benötigt. Eine Rotation mit Mandzukic in dieser Rolle ist vorstellbar.
Als letzte Möglichkeit steht noch eine Position im 4-3-3 parat. Mittelstürmer in diesem System mit Arda Turan und Antoine Griezmann, Neuzugang Angel Correa oder Raul Garcia neben sich klingt zum Beispiel nach einer sehr strukturieren und passenden Offensive. Griezmann und Turan könnten immer wieder hinter die Abwehr gehen, dazu kämen flexible Positionswechsel durch den ausweichenden Torres.
Das würde wiederum auch Koke als spielgestaltenden Akteur für das Mittelfeld frei machen. Koke wäre hier mit Sami Niguez, Mario Suarez oder Tiago vor Kapitän Gabi im zentralen Mittelfeld nahezu eine Idealbesetzung. Man darf also gespannt sein.
René Maric, www.abseits.at
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