Transfers erklärt: Darum wechselte Mateo Kovacic zu Real Madrid
Spanien 15.September.2015 Rene Maric 0
Wie schon in der vergangenen Sommertransferperioden gehen wir in dieser Rubrik auf einzelne fixe Transfers zumeist größerer Vereine ein, wo die Hintergründe und Motive beleuchtet werden. Wieso holt eine Mannschaft diesen Spieler? Wer ist dieser Spieler überhaupt? Was erwartet sich sein neuer Verein von ihm? Kann er die Erwartungen in seinem neuen Verein erfüllen? Diese Fragen sollen hauptsächlich beantwortet werden. Auch die taktische Perspektive soll nicht zu kurz kommen, immerhin ermöglicht ein neuer Spieler oftmals eine Vielzahl neuer Kombinationen und Synergien, die ebenfalls kurz erläutert werden sollen.
Dieses Mal geht es um einen überraschenden Transfer der Königlichen. Real Madrid hat sich nämlich die Dienste von Inter Mailands Rohdiamanten Mateo Kovacic gesichert. Wobei sich die Frage stellt, wie roh der Kroate eigentlich noch ist…
Weltklassespieler im falschen System?
Kovacic zeigte bei Inter immer mal wieder einzelne herausragende Leistungen, zwischen denen Partien mit weniger Präsenz und Effektivität lagen. Meistens wurde dies auf eine schwache Mentalität beim Kroaten oder seine Jugend zurückgeführt; mangelnde Konstanz gilt immerhin als das typische Attribut von jungen Spielern oder Akteuren mit Motivationsproblemen. Analysiert man jene Partien im Trikot Inter Mailands sticht allerdings häufig etwas anderes ins Auge.
Kovacic wurde vielfach schlichtweg schlecht eingebunden. In zahlreichen schwächeren Partien agierte er beispielsweise als Zehner, der sich weit vorne positionieren musste, dadurch nur in höheren Zonen der Ball erhielt und dort oft unter Zeit- und Raumdruck war. Das Interessante: Das Problem daran war nicht der Druck, mit dem Kovacic oftmals hervorragend umging, sondern die Unterstützung in diesen Räumen.
Kovacic erhielt zahlreiche Pässe früh in der Aufbauphase, wo er kaum Anspielstationen nach vorne oder zur Seite hatte. Er konnte deswegen den Ball nicht schnell weiterspielen und die Gegner taten sich leicht, ihn zu isolieren und zu Rückpässen zu zwingen. Bei seinen schwächeren Partien auf der Sechs war dies teils eben der Fall, weil der Spielaufbau Inters unter den letzten Trainern konstant schwach und unstrukturiert war – was sich letztlich nicht nur in den inkonstanten Leistungen Kovacics, sondern auch in den schwachen Tabellenplätzen zu Saisonende widerspiegelte.
In einigen Spielen war Kovacic allerdings im Stande nahezu auf eigene Faust den Spielaufbau und den Übergang ins zweite und letzte Spielfelddrittel auf ein höheres Niveau zu bringen; eine Leistung, die extrem schwer ist und Kovacics außergewöhnliches Talent zeigt. Seine Mischung aus Dribblings, enormer Dynamik, hoher Spielintelligenz und kreativem, dabei aber erfolgsstabilem Passspiel ist für einen Mittelfeldspieler in diesem Alter nämlich nahezu einmalig.
Komplettpaket auf höchstem Niveau
Viele Allrounder wie Kovacic, die Sechser, Achter und Zehner fast auf gleichem Niveau spielen können, haben meist keine besonderen Stärken. Sie sind meist Spieler ohne nennenswerte Schwächen und einzelnen Stärken, die allerdings nicht extrem ausgeprägt sind. Bei Kovacic trifft dies allerdings nicht zu. Sieht man sich die Statistiken an, so erkennt man, dass Kovacic einer der besten Dribbler Europas ist.
Diese Metrik zeigt zum Beispiel, dass Kovacic pro 90 Minuten die meisten Meter mit Ball am Fuß in der vergangenen Saison zurückgelegt hat:
Und bereits in den Artikeln auf abseits.at zu den besten Dribblern Europas schnitt Kovacic mehrfach unter den besten Spielern ab. Für einen zentralen Mittelfeldspieler sind das schon beeindruckende Werte, doch unter Betrachtung seiner anderen Fähigkeiten wird die Einmaligkeit solcher Werte eindeutig. Kaum ein Spieler in diesem Alter hat diese Werte – und fast kein Dribbler mit dieser Anzahl an Dribblings pro neunzig Minuten ist auch noch so gut im Passspiel.
Kovacic kam in den letzten drei Saisons auf 90,3% (2012/13), 89,85% (2013/14) und 87,5% (2014/15) Passgenauigkeit. Das sind europaweit hervorragende Werte und im Verbund mit seinen Dribblingwerten kaum wiederzufinden. Am ehesten kann in dieser Altersklasse und diesem Positionsprofil Juventus‘ Paul Pogba damit mithalten.
Das Beeindruckende an Kovacic ist, wie mühelos er die gegnerischen Linien überwinden kann. Schnittstellenpässe an den gegnerischen Stürmern oder Mittelfeldspielern vorbei in höhere Zonen sind ebenso wenig ein Problem wie Dribblings durch die Mitte nach vorne, womit er sich gleich an mehreren Spielern durchsetzt. Außerdem sind es nicht nur Dribblings oder Pässe, sondern die Mischung aus beiden, welche er flexibel abrufen kann.
Im Fußball ist es eine Kunst, Aktionen unter Druck in Tempo erfolgsstabil anzubringen. Kovacic verfügt hierbei über eine tolle Fähigkeit: Er kann im Lauf bei hoher Geschwindigkeit die Übersicht über das Spielgeschehen beibehalten, sich weiterhin im Feld orientieren und intelligente Pässe aus seinen Läufen heraus spielen. Viele Dribbler setzen sich durch und müssen dann hoffen, nicht gedoppelt zu werden oder spielen blinde Pässe, die eine geringere Erfolgswahrscheinlichkeit besitzen.
Akteure wie Kovacic (oder auch Modric, Iniesta und Messi) können nicht nur an Gegenspielern vorbeidribbeln, sondern den Ball danach so eng führen und gleichzeitig das Spielgeschehen im Auge bzw. den Augenwinkeln behalten, wodurch sie passende Läufe sehen und diese bespielen, oder eben an einem zweiten und dritten Gegenspieler vorbeigehen können.
Vereinswechsel als Chance
Das Problem bei Inter war auch, dass es bei diesen Läufen nur wenig Unterstützung gab. Viele Mannschaften beziehungsweise deren Spieler erstarren fast schon, wenn Einzelspieler das Dribbling starten. Man erwartet sich, dass dieser die Situation löst und dann die vorher eingenommenen Positionen bespielt. Das passiert praktisch aber nur selten. Ein Dribbling sauber zu lösen, ohne in den Folgeaktionen Druck zu erhalten, ist auf hohem Niveau heutzutage kaum noch möglich. Desweiteren verändert sich die Dynamik der Situation bei und nach einem Dribbling, weswegen hier direkt unterstützende Läufe der Mitspieler kommen müssen.
Bei Barcelona werden diese bei Messi gemacht; die zahlreichen Tore Neymars, Suarez‘ und sogar Albas nach Messis patentierten Diagonalbällen aus dem rechten Halbraum hinter die Abwehr sind das beste Beispiel dafür. Ob Kovacic bei Real ebenfalls ein solches Markenzeichen entwickeln kann? Möglich wäre es.
Zwar muss er noch durchschlagskräftiger im Strafraum und etwas konstanter in der Arbeit gegen den Ball werden, doch der Kroate bringt auf jeden Fall das Zeug mit, um sich langfristig bei Real einen Stammplatz zu erkämpfen; sein Landsmann Luka Modric ist immerhin schon 30 Jahre alt. Früher oder später sollte Kovacic in seine Fußstapfen treten können. Bis dahin ist er ein hochklassiger Ergänzungsspieler in Benitez‘ Rotation.
René Maric, www.abseits.at
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