Wie schon in der vergangenen Winterpausen gehen wir in dieser Rubrik auf einzelne fixe Transfers zumeist größerer Vereine ein, wo die Hintergründe und Motive... Transfers erklärt: Darum wechselte Adam Szalai zu Schalke und Andreas Ivanschitz zu Levante

Andreas Ivanschitz (FSV Mainz 05, ÖFB)Wie schon in der vergangenen Winterpausen gehen wir in dieser Rubrik auf einzelne fixe Transfers zumeist größerer Vereine ein, wo die Hintergründe und Motive beleuchtet werden. Wieso holt eine Mannschaft diesen Spieler? Wer ist dieser Spieler überhaupt? Was erwartet sich sein neuer Verein von ihm? Kann er die Erwartungen in seinem neuen Verein erfüllen?

Diese Fragen sollen hauptsächlich beantwortet werden. Auch die taktische Perspektive soll nicht zu kurz kommen, immerhin ermöglicht ein neuer Spieler oftmals eine Vielzahl neuer Kombinationen und Synergien, die ebenfalls kurz erläutert werden sollen.

In dieser Ausgabe blicken wir auf den neuen Mittelstürmer des FC Schalke 04 und den Wechsel von Andreas Ivanschitz – oder anders gesagt: Wir nehmen die beiden Abgänge des FSV Mainz unter die Lupe.

Adam Szalai – Schalkes Wandstürmer?

In der vergangenen Saison konnte Adam Szalai beim 1. FSV Mainz 05 absolut überzeugen. Der ungarische Fußballer des Jahres 2012 war vor fast vier Jahren aus der zweiten Mannschaft Real Madrids gekommen – ein Überraschungscoup. Zu Beginn seiner Verpflichtung wirkte er aber fast wie ein Fehleinkauf: Er kam auf nur zwei Scorerpunkte in 15 Einsätzen, schien sich mit dem Tempo der Liga und seinen Mitspielern nicht zurechtzufinden. Seinen großen Durchbruch sollte er erst im Kalenderjahr 2012 schaffen, wo er seine körperliche Fähigkeiten in einem taktisch hochwertigen System ideal einsetzte.

In dieser Saison konnte Szalai gar 13 Tore erzielen und bereitete drei weitere vor. Insgesamt war er also an mehr als einem Drittel aller Mainzer Tore direkt beteiligt – und spielte für viele andere ebenfalls eine wichtige Rolle. Im Mainzer Spielsystem stellte Szalai den Fixpunkt in der Spitze dar, der mit langen Bällen angespielt wurde. Immer wieder behauptete er diese Bälle und spielte dann einfache Pässe in den Zwischenlinienraum. Sehr oft ließ er die Zuspiele auch sofort nach hinten prallen oder leitete sie in die Spitze weiter.

Nutznießer davon waren oftmals die einrückenden Flügelspieler oder auch Andreas Ivanschitz als zentraloffensiver Akteur, der dann Pässe auf den durchstartenden zweiten Mittelstürmer oder die Außenstürmer spielen konnte. Szalais Wert lag darin, dass er im System der Mainzer (Forcierung des Spiels auf zweite Bälle und extremes Gegenpressing) vorne einen Referenzpunkt darstellte, der Bälle zumindest prallen lassen konnte und dadurch die Jagd auf den zweiten Ball in die gegnerische Hälfte verlegte.

Szalai könnte auch bei Schalke eine ähnliche Rolle spielen. Die Königsblauen leiden unter einem gewissen Kreativitätsloch im zentralen und insbesondere im zentraloffensiven Mittelfeld, seitdem Raul und Lewis Holtby abgewandert sind. Spieler wie Roman Neustädter und Marco Höger auf der Doppelsechs konzentrieren sich vorwiegend auf eine sichere Ballzirkulation und Raumgewinn durch Pässe in den Zwischenlinienraum. Für die „Jahrhunderttalente“ Max Meyer (spielt als Zehner) und Leon Goretzka (spielt als Sechser oder Achter, vereinzelt auch Linksaußen oder Zehner) kommt diese Rolle womöglich noch zu früh.

Somit könnte Szalai ganz vorne agieren und in einem 4-4-1-1/4-2-3-1 eine ähnliche Rolle wie bei Mainz übernehmen. Statt die Kreativität einzelner Spieler oder kollektiver Bewegungen zu nutzen, könnte Schalke sich auf überfallartige Konter und lange Bälle mit hohem Fokus auf dem Gewinnen der zweiten Bälle konzentrieren. Mit dem abschlussstarken Julian Draxler auf der Zehn oder Linksaußen, sowie den schnellen Außenstürmern Jefferson Farfán und durchaus auch Michel Bastos, oder gar Teemu Pukki als hängendem Stürmer könnte Szalai auch viele Bälle direkt hinter hohe Abwehrreihen weiterleiten. Dafür könnte sich insbesondere in der Champions League die Chance bieten. Alternativ könnte Szalai auch mit Huntelaar gemeinsam einen Doppelsturm bilden.

Interessant wird aber, was sich die Schalker für den normalen Ligabetrieb vornehmen. Können sie als eine der Top-4-Mannschaften so reaktiv spielen? Ist Szalais Mehrwert größer als Huntelaars? Hier ist es gut möglich, dass Szalai vorwiegend auf der Bank Platz nehmen wird und im Zuge der Rotation oder einer Anpassung an bestimmte Gegner in die Startelf rotiert. Wie gut Szalai letztlich zu Schalke passt, muss man abwarten.

Trotz seiner hervorragenden Stärke in Ballbehauptung, im Strafraum und dem taktischen Gespür zum Öffnen von Räumen besitzt er gewisse Schwächen im Kombinationsspiel und könnte bei einer stärker auf das Passspiel orientierten Spielweise der Königsblauen nur der Joker werden. Allerdings ein Joker, der der Elf von Jens Keller in dieser Saison schmerzlich fehlte.

Andy Ivanschitz und die alten Männer von Levante

Vor nur zwei Jahren schrieb Sid Lowe im Guardian, dass UD Levante ein „Haufen alter Freunde, eine kunterbunte Kompanie von „waren-mal“ und „sind-nie-wirklich-gewesen“, nur wenig bekannte Gesichter aus einer fernen und nicht besonders glorreichen Vergangenheit, billig zusammengewürfelt für einen letzten Job“ sei. Es war ein Loblied auf eine überalterte Mannschaft, die zu jener Zeit kurzzeitig ganz oben mitmischte. Obwohl Valencia, Sevilla, Betis und Malaga ihren besten Saisonstart überhaupt erlebten, lag Levante mit Barcelona vor Real Madrid an der Spitze.

Der kurzzeitige Ruhm dieser Tage ist wieder verflogen. Der schlussendlich Sechstplatzierte von 2011/12 wurde in diesem Jahr nur Elfter. Zwar kein unmittelbarer Abstiegskandidat, aber – wie Lowe anmerkt – letztlich eine Billigtruppe aus Spielern, die woanders nur die zweite Geige spielen. Und irgendwo passt auch Andreas Ivanschitz gut in diese Mannschaft hinein. Das ehemalige Riesentalent des österreichischen Fußballers konnte nur selten den Vorschusslorbeeren gerecht werden.

Mit 19 Jahren war er schon Kapitän der österreichischen Nationalmannschaft; der jüngste in der Nachkriegsgeschichte. Mit 20 Jahren wurde er zu „Österreichs Fußballer des Jahres“ gewählt; sein einziges Mal. Bei Red Bull Salzburg konnte er sich danach nicht durchsetzen und obwohl er bei Panathinaikos und Mainz 05 zwar durchaus gute Statistiken aufweisen konnte, war er immer nur phasenweise ein unumstrittener Stammspieler.

Jetzt wechselt Ivanschitz zu Levante – eine Mannschaft, wo ihm womöglich doch nicht das Gleiche blüht. Seine Position als hängender Stürmer / zentraloffensiver Mittelfeldspieler existiert im 4-4-2/4-4-1-1 der Spanier, sein potenziell größter Konkurrent Michel wechselte zum Erzrivalen Valencia,  dessen Ersatz Valdo verschlug es in die mexikanische Liga. Die Flügel sind mit dem Jungstar Ruben Garcia – einem von zwei Spielern zwischen 17 und 24 Jahren – und Nabil El Zhar schon besetzt.

Ivanschitz könnte also weiterhin sein klassisches Spiel treiben, vermutlich mit etwas mehr Einsätzen: Seine Torgefahr und seine Pässe immer mal wieder aufblitzen lassen, gelegentlich in die Halbräume zurückrochieren und defensiv passabel mitarbeiten. Levante definiert sich vorrangig über ihre kompakte 4-4-2-Defensive und schnelle Konter – man wird sehen, wie sich Ivanschitz damit zurechtfindet. Imagemäßig müsste ihm die Mannschaft eigentlich liegen.

René Maric, www.abseits.at

Rene Maric

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