Transfers erklärt: Darum wechselte Joaquin zur Fiorentina und Iago Aspas zu Liverpool
Spanien 20.Juni.2013 Alexander Semeliker 0
Wie schon in der vergangenen Winterpausen gehen wir in dieser Rubrik auf einzelne fixe Transfers zumeist größerer Vereine ein, wo die Hintergründe und Motive beleuchtet werden. Wieso holt eine Mannschaft diesen Spieler? Wer ist dieser Spieler überhaupt? Was erwartet sich sein neuer Verein von ihm? Kann er die Erwartungen in seinem neuen Verein erfüllen?
Diese Fragen sollen hauptsächlich beantwortet werden. Auch die taktische Perspektive soll nicht zu kurz kommen, immerhin ermöglicht ein neuer Spieler oftmals eine Vielzahl neuer Kombinationen und Synergien, die ebenfalls kurz erläutert werden sollen.
In dieser Ausgabe blicken wir auf die Transfers zweier spanischer Spieler, die La Liga verlassen haben um in Italien bzw. England für Furore zu sorgen.
Joaquin – ein Superschnäppchen?
Vincenzo Montella führte die ACF Fiorentina vom Mittelmaß ins Spitzenfeld der Serie A. Nur knapp verpassten die Toskaner die Teilnahme am Playoff zur Champions League, wurden zwei Punkte hinter dem AC Milan Vierter. Der ehemalige Roma-Torjäger etablierte in Firenze eine vielseitige Philosophie, die sehr ballbesitzorientiert ausgelegt ist. Nachdem sich das passstarke Zentrum, um das sich das restliche Team entweder im 3-5-2 oder 4-3-3 formierte, so entwickelte wie man es sich erwartete, setzt man nun den nächsten Schritt und versucht auch die Außenbahnen technisch aufzuwerten.
Für die linke Seite holte man Oleksandr Yakovenko (Anderlecht) und Marcos Alonso (Bolton), auf der rechten Seite sicherte man sich die Dienste von Juan Cuadrado für eine weitere Saison. Der Kolumbianer überzeugte in der abgelaufenen Saison auf ganzer Linie, ist sowohl offensiv als auch defensiv zuverlässig – als Flügelverteidiger im 3-5-2 optimal. Da man in den letzten Monaten aber vermehrt auf eine 4-3-3-Grundordnung setzte und man einen Mangel an Rechtsverteidigern hat – es spielte dort meist ein gelernter Innenverteidiger – war ein weiterer Transfer unabdingbar.
Mit Joaquin holte man von Malaga nicht nur einen weiteren technisch starken Spanier sondern vor allem einen Spieler, der seinem Trainer auch einige neue Möglichkeiten eröffnet. Beim Champions-League-Viertelfinalisten bearbeitete der 31-Jährige meist die rechte Außenbahn in einem 4-2-3-1. Er ist stark im Dribbling und ein guter Vorbereiter – 2,6 Mal pro Spiel kreierten seine Pässe in der letzten Saison eine Torchance. Zwar untermauern 5,6 Crosses pro Spiel seine Flankenaffinität, dennoch kann er genauso gut auch zum Tor ziehen und selbst abschließen.
Gemäß der Annahme die Viola tritt auch in der kommenden Saison in einer 4-3-3-Grundordung an, könnte Joaquin als Flügelspieler gemeinsam mit Cuadrado dahinter für eine offensiv sehr starke rechte Seite sorgen. Allerdings stellt sich die Frage, wie sich eine derartige Konstellation auf das Defensivspiel auswirken würde. Bei Malaga stand Joaquin sehr hoch und kam in der gesamten letzten Saison nur auf magere 40 Balleroberungen. Unter diesem Umstand könnte Joaquin auch nur eine weitere Alternative zu Cuadrado sein und man einen defensiv sichereren Rechtsverteidiger bringen.
Nachdem der Transfer von Joaquin kein allzu großes Loch ins Budget gerissen hat, könnte man sich sogar einen weiteren Neuzugang für diese Position leisten. Wegen der schlechten finanziellen Lage von Malaga musste man nämlich nur rund zwei Millionen auf den Tisch legen um den flexiblen Offensivspieler zu verpflichten. Neben den beiden Außenpositionen kann der ehemalige Teamspieler auch im 3-5-2 auch als hängende Spitze einen nominellen Stürmer unterstützen. Auch wenn er hier nur eine Variante von mehreren ist, könnte man so verstärkt auf den Gegner reagieren, da sich bei ihm verglichen mit Adem Ljajic und Guiseppe Rossi die Qualitäten anders verteilen.
Iago Aspas – der Nachfolger für Suarez?
Im Schatten der zahlreichen Gerüchte um einen möglichen zig-Millionen schweren Abgang von Luis Suarez holte der Liverpool FC mit Iago Aspas einen neuen Stürmer. Immerhin neun Millionen Euro überwiesen die Reds an Celta Vigo, das nur haarscharf am Abstieg vorbeischrammten. Bei den Galiciern war der 25-Jährige der Alleinunterhalter in der Offensive. An 19 der insgesamt 37 Toren war er direkt beteiligt – zwölf Tore, sieben Assists. Kein anderer Spieler in der gesamten Liga kam auf eine höhere Quote. Zudem war es er, der 21,5% aller Torchancen vorbereitete, obwohl er selbst pro Spiel dreimal aufs Tor schoss.
Angesichts dessen fragt man sich, ob Aspas bereits der Ersatz für Suarez ist. Vom Spielstil sind die beiden durchaus zu vergleichen. Beide agieren als Mittelstürmer in einer 4-3-3-artigen Grundformation als Mischform einer klassischen und falschen Neun. Sie lassen sich nicht besonders tief fallen, agieren aber auch nicht hart an der Abseitslinie. Sie bewegen sich in der Horizontalen, driften auf die Seiten ab, schaffen Räume für nachstoßende Mitspieler und können trotz ihrer vergleichsweise kleinen Statur sorglos angespielt werden, wenn sie mit dem Rücken zum Tor stehen, aber auch mit Pässen hinter die gegnerische Viererkette eingesetzt werden.
Auch die statistischen Daten der beiden liegen in ähnlichen Gebieten. Während Suarez alle 21 Minuten aufs gegnerische Tor schießt, sind es bei Aspas nur deren sieben mehr. Auch was die Torschussvorlagen angeht liegt der Uru leicht vorne – 33 zu 41 Minuten pro Key Pass. Hinsichtlich der generellen Passfrequenz liegen die beiden ebenfalls nahezu gleichauf: Aspas 32,6 pro Spiel, Suarez 36,5. Was jedoch berücksichtigt werden muss, ist die Tatsache, dass Liverpool (57,2% Ballbesitz) deutlich ballbesitzorientierter spielt als Celta Vigo (48,6%).
Ein vermeintlicher Verbesserungspunkt ist das Temperament. Mit den Undiszipliniertheiten von Suarez könnte man wohl Bücher füllen, doch auch Aspas hat in der abgelaufenen Saison gezeigt, dass er kein Kind von Traurigkeit ist. Vier gelbe Karten sah der Angreifer, hinzukommt eine Rotsperre nach einem Kopfstoß“ frameborder=“0″ allowfullscreen> gegen Carlos Marchena. Hinsichtlich der ausgeführten Punkte wäre es durchaus legitim Suarez durch Aspas zu ersetzen, dennoch sind Zweifel angebracht, ob sich der Spanier überhaupt auf Anhieb als unverzichtbare Stammkraft etablieren kann – von der Fähigkeit, die Lücke, die ein Suarez-Abgang aufreißen würde, ganz zu schweigen.
Zwar könnte er unter Umständen auch am Flügelstürmer starten, die allgemeine Konkurrenz ist bei den Reds mit Daniel Sturridge, Fabio Borini, Philippe Coutinho und Raheem Sterling allerdings durchaus hoch. Deshalb ist der Transfer von Aspas dahingehend zu deuten, dass er vorerst eine weitere Alternative für den Angriff ist. Aufgrund seiner Ähnlichkeit zu Suarez müssen sich seine Mitspieler jedoch nicht großartig umstellen. Seine Chance wird er aber, unabhängig davon, ob der Südamerikaner bleibt, sicher bekommen. Dieser ist nämlich in der Saisonanfangsphase gesperrt.
Alexander Semeliker, abseits.at
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