Millionen Barça-Fans weltweit werden am Wochenende gespannt, vielleicht auch etwas nervös nach Spanien blicken. Nicht wie sonst üblich auf ein Duell im Camp Nou,... Unabhängiges Katalonien | Ein Horrorszenario für den FC Barcelona und seine Fans

Millionen Barça-Fans weltweit werden am Wochenende gespannt, vielleicht auch etwas nervös nach Spanien blicken. Nicht wie sonst üblich auf ein Duell im Camp Nou, sondern auf ein richtungsweisendes auf politischer Ebene. Die Katalanen sind aufgerufen über eine mögliche Loslösung von Spanien abzustimmen. Sollte es tatsächlich zu einem unabhängigen Katalonien kommen, würde dies auch die Zukunft der „Blaugrana“ massiv beeinflussen. Wir möchten uns schon jetzt mit dem Fall der Fälle und den daraus resultierenden Konsequenzen beschäftigen: Was wäre wenn der FC Barcelona dann tatsächlich kein spanischer Klub mehr wäre? Wir schauen uns vier mögliche Szenarien an.

Das politsche Update | Um was es am Sonntag geht…

Am 1. Oktober möchte das katalanische Regionalparlament ein Referendum abhalten, entgegen der Widerstände aus Madrid, die diese Abstimmung noch zu verhindern versuchen. Katalanische Bürger sind aufgerufen, über eine Abspaltung von Spanien („si“) oder für den Verbleib im Königreich („no“) zu votieren. Nicht nur durch die sprachlichen Unterschiede, auch wegen seiner Geschichte und Kultur sieht sich Katalonien als eigene Nation.

Bei einem „ja“ würde die Region im Nordosten des Landes mit der Hauptstadt Barcelona in der Folge seine Unabhängigkeit ausrufen. So zumindest der ehrgeizige Plan. Die Zentralregierung in Madrid akzeptiert dieses Ansuchen nicht, erklärt die Abstimmung für illegal und setzt bereits alle Hebel in Bewegung um das Votum bzw. dessen Auswirkungen zu verhindern.

Bis es zum eigenen, katalanischen Staat kommen würde, müsste diesen in der Folge auch noch das internationale Staatenbündnis anerkennen. Ein langer, komplizierter Weg.

Doch würde Katalonien schlussendlich tatsächlich unabhängig, hätte das bekannteste Aushängeschild des neuen Staates – der FC Barcelona – ein Problem. Ein gewaltiges, vielleicht sogar existenzbedrohliches! Wie ginge es für den stolzen Verein weiter? Welche Alternativen hätten die Blauroten dann? Da dies – vorerst zumindest – nur Szenarien sind, halten wir uns hier sehr oft im ungeliebten Konjunktiv.

Worst Case | Liga Catalunya

Grundsätzlich – sofern nicht eine andere Option gezogen wird – müsste ein neuer Fußballverband gegründet werden, der dann die katalanische Liga ausspielt. Dort wäre dann der FC Barcelona Mitglied, Favorit und wohl auch Serienmeister zugleich. Die Primera Division würde damit eines ihrer Aushängeschilder abgeben, genauso wie den „El Clásico“ und schlussendlich damit Geld für die globale Vermarktung verlieren – langfristig viel Geld sogar. Die Liga könnte zwar den „ausländischen“ Verein wieder „eingliedern“, doch vor allem die spanische Politik im Hintergrund wird einem abgespalteten Katalonien alle verfügbaren Knüppel in den Weg werfen. Auch jetzt wird schon genau mit diesem Horrorszenario für alle Barça-Fans als Trumpf-Ass für ein „no“ Stimmung gemacht. Weiters müsste auch die UEFA den neuen Verband erst einmal anerkennen, ansonsten wäre eine Teilnahme an der Champions League nicht möglich.

Eine eigene katalanische Liga würde noch mit Girona und den Lokalrivalen Espanyol mit nur drei bekannten Vertretern aufwarten. Der Rest würde sich dann eher aus unterklassigen (Halb)Amateuren zusammensetzen. Sportlich wäre sie damit absolut wertlos! Nur die wenigsten Leistungsträger rund um Messi oder Suarez würden in so einem Umfeld langfristig zu halten sein. Dazu werden neue Stars auch für so eine Mini-Liga kurzfristig ungleich schwerer, langfristig kaum mehr lukrierbar sein. Auch die Vermarktungsmöglichkeiten der (nationalen) Spiele des FCB wird entsprechend abnehmen, damit auch in der Folge die globale Attraktivität des Vereins. Auch wenn man als katalanischer Meister (davon gehen wir einfach mal aus) den Weg über die Quali-Runden in die Champions League schaffen wird, hätten die Stars als Trostpflaster – vorerst – zumindest noch das internationale Alternativprogramm zur tristen Liga.

Doch über kurz oder lang würde man unter den oben genannten Voraussetzungen den Anschluss an die europäische Spitze verlieren. Damit in eine Abwärtsspirale geraten, für die es selbst mit viel Geld und der großen Tradition kaum mehr einen Ausweg gebe. Ein Horror für jeden Barça-Fan – doch so weit wird es wohl kaum kommen!

Nichts Neues | Spanische Liga

Der Ausschluss aus der Primera División würde mit der Abspaltung zuerst einmal formell erfolgen. Doch dies wäre nicht nur wie beschrieben für den Verein fatal, auch für die Verantwortlichen der „La Liga“ wäre es sportlich und wirtschaftlich unbestritten ein herber Verlust. Die Attraktivität des Gesamtpakets würde darunter leiden und natürlich wäre es auch für das UEFA-Ranking der Spanier ein gefährlicher Einschnitt. Real Madrid würde seinen größten Dauer-Konkurrenten verlieren und wohl über die nächsten Jahre ohne groß gefordert zu werden (bei allem Respekt vor Atletico und Co) zum Serienmeister mutieren. Langeweile im Titelkampf wäre damit vorprogrammiert, was selbstredend schlecht für eine attraktive Liga ist. Diese wäre deshalb wohl darauf bestrebt, eines ihrer Aushängeschilder wieder ins Boot zu holen. Rechtlich wäre es auch möglich, der Präzedenzfall „FC Andorra“ existiert bereits. Eine Auswahl aus dem Bergstaat spielt nicht in der nationalen Mini-Meisterschaft, sondern in der fünfthöchsten spanischen Liga.

Doch seitens der Politik und von stolzen Patrioten wird massiv Stimmung gegen eine Aufnahme gemacht werden. 16 weitere autonome Gemeinschaften existieren in Spanien. Würde der Ausstieg Kataloniens zur Wohlfühl-Kur ohne Konsequenzen, könnte dies Nachahmer motivieren und einen verheerenden Flächenbrand im Königreich auslösen. Dazu sind vor allem die kleineren Vereine auf die Vermarktungsprivilegien der Top-Clubs nicht gut zu sprechen. So gesehen könnte das volle Stadion gegen Barça einmal im Jahr, von einem größeren Stück am (dann wohl kleineren) Vermarktungskuchen kompensiert werden. Nicht zu unterschätzen wäre wohl auch die heimliche Genugtuung gegen das große, polarisierende Barcelona. Sportlich sowieso, aber auch persönlich gegen die abspaltungswilligen Katalonier an sich.

Unrealistisch | Europäische Superliga

Die Gründung einer eigenen, europaweiten Liga, mit den finanzstärksten Klubs stand schon öfters mal im Raum. An sich am Papier die ideale Lösung für ein „obdachloses“ Barcelona. Doch erst im Vorjahr einigte man sich auf den neuen Quali-Modus in der Champions League und den neuen Verteilungsschlüssel. Beides lukrativ für die meinungsbildenden Top-Clubs aus den großen vier Verbänden. Heißt unterm Strich, die einflussreichen Vereine aus der „A-Kategorie“ und deren Fürsprecher für eine Parallelveranstaltung zur Champions League sind mit dem Status quo zufrieden. Damit werden sie kaum aus Solidarität mit Barça dieses Fass wieder neu aufmachen. Kurzfristig wird es keine europäische Superliga geben.

Interessant | Französische Liga

Eine weitere Variante wurde schon 2015 vom damaligen französischen Premierminister Manuel Valls ins Spiel gebracht und köchelt seitdem immer mal wieder auf: Ein Exil in der Ligue 1. Dort ist mit dem AS Monaco schon ein Nicht-Franzose erfolgreich engagiert – aus geografisch-historischen Gründen. Mit dem prominenten Gast aus Katalonien könnte man die Attraktivität der Liga gehörig steigern und ein konkurrenzfähiges Gegengewicht zum – prognostizierten Serienmeister und Ligaprimus – PSG installieren.  Dazu wäre mit Barça unter französischer Flagge auch im Europacup ein Angriff auf die Top-4-Nationen möglich, was noch mehr fixe Startplätze und in der Folge weiter Geld bringen würde.

Ob die breite Basis in der stolzen Grande-Nation einen Meister aus dem Ausland – neben dem AS Monaco – haben möchte, kann man von hier aus nicht beurteilen. Punkto Zuschauerinteresse, TV-Einnahmen und Prestige würde der Deal den französischen Klubfußball unterm Strich aber gewiss weiter bringen. Wirtschaftlich sorgte es aber schon bei Monaco für Unmut, dass die ihr Personal mit deren lokalen, landesüblichen Steuersätzen anmelden konnten. Für alle die nicht gerade PSG sind, jetzt schon ein weiterer gravierender Wettbewerbsnachteil. Ob der Rest des Feldes da einen weiteren Hecht im Karpfenteich will bliebe fraglich. Doch schafft es der FC Barcelona nicht in die Primera Division, wäre dies wohl – nach heutigem Stande – eine gar nicht so abwegige Variante.

Werner Sonnleitner, abseits.at

Werner Sonnleitner

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