Verliert der FC Barcelona seine Identität?
Spanien 2.November.2016 David Goigitzer 0
Der FC Barcelona hat sich vor einigen Jahren unter Pep Guardiola in den Fußball-Olymp katapultiert. Nicht nur wegen der Spielweise und der Erfolge, sondern auch mit der Identität: Guardiola, selbst ehemaliger Barcelona Nachwuchsspieler, führte Xavi, Iniesta und Co an die Spitze. Dies machte den FC Barcelona so einzigartig. Dieses Konstrukt droht jetzt zu zerbrechen.
Entwicklung steht im Vordergrund
Johan Cruyff kam in den 70ern zum FC Barcelona und half dort mit den Fokus auf die Nachwuchsarbeit zu vergrößern. Später als Trainer setzte er die Entwicklung der Methodologie gemeinsam mit Laureano Ruiz fort und die Nachwuchsakademie La Masía wurde nun endgültig zu der Talenteschmiede, die heutzutage wohl fast jeder Fußballfan kennt.
Basierend auf verschiedene Prinzipien in Offensive und Defensive entwickelte sich das Spielmodell des FC Barcelona. Ballbesitz als bevorzugtes offensivtaktisches Mittel, Positionsspiel und Raumdeckung in der Defensive sind überblicksmäßig zu nennen. Die Leistung und das Potential der Spieler standen im Vordergrund. Nur so konnten sich physisch unterlegene Spieler wie Guardiola, Iniesta, Messi und Xavi zu den Weltklassespielern entwickeln, die sie geworden sind. Technik und Taktik sind wichtiger als die körperlichen Fähigkeiten, Antizipation wichtiger als die Zeit beim 20 Meter Sprint. In diesem „safe space“ durfte man sich entwickeln, Entwicklung war wichtiger als Ergebnisse.
Neue Trainer, neue Philosophie
Mit dem Weggang von Pep Guardiola 2012 wurde eine Zäsur im Verein gesetzt. Einige Trainer und Verantwortliche verließen den Verein, was einen Umschwung im Denken mit sich brachte. Man wollte jedoch weiterhin das Image des Weltklassevereins bedienen, weshalb man nun versuchte auch im Nachwuchs mehr und mehr sich nach Ergebnissen zu richten. Nun wurde mehr selektiert, körperlich weiter entwickelte Spieler wurden gefördert und im Training setzte man verstärkt auf Isolationsübungen.
Dies trägt jetzt schon Früchte, jedoch negative. Seit Guardiolas Weggang hat es nur Sergio Roberto geschafft, sich dauerhaft in den Kader des FC Barcelonas zu spielen. Vor allem das taktische Niveau ist gesunken, was man an der B-Mannschaft erkennen kann. Das sehr direkte Spiel der ersten Mannschaft übernommen, das berühmte „juego de posición“ wird nicht mehr praktiziert, schon gar nicht wie zuvor zelebriert.
Kein Weg nach oben
Wie es bei Real eigentlich immer schon der Fall war, kehrt der FC Barcelona in seine Gewohnheiten der späten Neunziger zurück. Das Ankaufen von Stars steht nun im Vordergrund. Von la Masía stehen nur mehr Sergi Roberto, Piqué, Busquets, Iniesta und Messi regelmäßig im Kader. Und auch sie werden natürlich älter, von hinten kommt nichts nach. Unter Guardiolas Zeit hätte man eine komplette Elf aus der Nachwuchsakademie füllen können, doch die 18-,19-,20- jährigen Talente kommen an der Vielzahl an Transfers nicht vorbei. Arda, Vidal, Mathieu, Digne, Neymar, Suárez, Rakitic, André Gomes, Douglas sind nur einige Transfers, von denen nicht mal alle richtig einschlugen.
Durch diese Transferphilosophie wird den Talenten aus der eigenen Familie einen Riegel vorgesetzt. Munir und Samper müssen verliehen werden, andere trainieren nur unregelmäßig mit der ersten Mannschaft mit. Nach und nach scheint Luis Enrique wieder mehr Barca-B- Spieler einzubinden, könnte dies jedoch vor allem aus Mangel an Rotationsalternativen tun. Barcelona entwickelt sich weg vom „Cruyffismo“ und „Guardiolismo“, das ist deutlich. Eine neue Führungsriege, ein neuer Trainer könnten den Umschwung bringen. Jedoch gewinnt Barcelona weiterhin Titel, davon könnten sich viele blenden lassen. Denn ein FC Barcelona ohne seine Identität ist nicht DER FC Barcelona.
David Goigitzer, abseits.at
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