Real Sociedad musste vor dem Aufeinandertreffen am kommenden Donnerstag in der Europa League mit Red Bull Salzburg den schweren Gang ins Santiago Bernabeu antreten.... Warum Salzburg-Gegner Real Sociedad in Madrid unterging

Real Sociedad musste vor dem Aufeinandertreffen am kommenden Donnerstag in der Europa League mit Red Bull Salzburg den schweren Gang ins Santiago Bernabeu antreten. Die ebenfalls kriselnde Real-Elf von Coach Zinedine Zidane machte dabei kurzen Prozess und entschied die Partie dank Zielstrebigkeit, Effizienz und Schärfe im Passspiel bereits in der ersten Halbzeit vorzeitig. Trotz des einseitigen Spielverlaufs lieferte die Begegnung ein, zwei interessante Rückschlüsse für das Spiel gegen Salzburg in der Europa League. Eine kurze Spielanalyse.

Grundordnungen und Personal

Sociedad-Trainer Eusebio vertraute gegen Real nicht wie sonst auf das häufig praktizierte 4-3-3 sondern schickte seine Mannschaft in einer 4-4-2 / 4-4-1-1 Struktur auf den Platz, ähnlich wie jener im Spiel gegen den Tabellenführer FC Barcelona.

Das Tor von Sociedad hütete wie immer der Argentinier Geronimo Rulli, der wie wir später noch sehen werden häufig aktiv in den Spielaufbau eingebunden wurde und dabei auch durchaus mit fußballerischer Qualität zu überzeugen wusste.

Die Innenverteidigung vor Rulli bestand aus Navas auf halblinks sowie Elustondo auf der halbrechten Position. Flankiert wurden die beiden von De la Bella auf links und Odriozola auf der rechten Seite. Der junge Odriozola machte dabei einen durchaus agilen Eindruck. Einerseits ist er sehr ballsicher und bereits sehr konstant in seiner Entscheidungsfindung, wodurch er häufig in der ersten Phase des Spielaufbaus eingebunden wird. Auf der anderen Seite ist er offensiv ausgerichtet und unterstützte seine Vordermänner immer wieder mit dynamischen Läufen im dritten Drittel.

Das Sechser-Duo im zentralen Mittefeld bestand aus Ex-Real Madrid Spieler Illarramendi und seinem Nebenmann Zurutuza, der im bisherigen Saisonverlauf im 4-3-3 meistens auf der Achterposition zum Einsatz kam.

Die inversen Flügelpositionen im 4-4-2-Konstrukt besetzten Oyarzabal auf links und Canales auf rechts. Die Sturmlinie bestand in Abwesenheit des Topstürmers Willian Jose aus Juanmi und Kapitän Xabi Prieto, der sich aber die meiste Zeit wesentlich tiefer und mittelfeldorientierter positionierte als sein Sturmpartner Juanmi.

Zinedine Zidane schickte im Vorfeld des Champions League Krachers gegen PSG nahezu alle seine Topstars auf das Feld des Bernabeu. Von der Grundordnung und Struktur her setzte er genauso wie sein Gegenüber auf ein 4-4-2, wobei es im eigenen Ballbesitz wie gewohnt viele Freiheiten für seine Offensivleute gab. Vor allem die Außenspieler und natürlich Cristiano Ronaldo durften sich relativ frei über den Platz bewegen.

Wie bereits gesagt gab es aus personeller Sicht nicht die große Rotation vor dem Champions League Spiel am Mittwoch, dafür war im Vorfeld des Spiels die Situation in der Meisterschaft für Zidane und seine Mannschaft wohl zu angespannt. Vor Torhüter Navas positionierte sich die Viererkette mit geballter individueller Klasse. Die Innenverteidigung der Königlichen bildeten dabei Ramos und Varane, unterstützt wurden die beiden von den Außenverteidigern Marcelo auf links und Carvajal auf der rechten Seite.

Ein wahres Fußball-Gedicht für jeden Fußballfan (für die gegnerischen Spieler eher weniger) ist natürlich das zentrale Mittelfeld von Real mit Toni Kroos und Luka Modric. Asensio unterstützte dabei die beiden immer wieder, indem er sich von seiner nominellen Position auf dem linken Flügel weit ins Zentrum bewegte und dort permanent nach Lücken im gegnerischen Mannschaftsverbund Ausschau hielt. Vazquez auf der gegenüberliegenden Seite hatte zwar ebenfalls viele Freiheiten, positionierte sich aber wesentlich konsequenter auf der rechten Seite als sein Gegenüber Asensio. Cristiano Ronaldo bildete zusammen mit Benzema den Sturm des weißen Balletts.

Real Sociedad sucht nach spielerischen Lösungen

Der Start in die Partie ging aus Sicht von Real Sociedad natürlich völlig daneben. Bereits kurz nach Anpfiff und den ersten ambitionierten Angriffspressingversuchen von Sociedad köpfte Vazquez noch in der ersten Spielminute nach schöner Vorarbeit von Ronaldo zum 1:0 für Real ein. Natürlich ein alles andere als optimaler Start für einen nicht gerade mit Selbstvertrauen vollgepumpten Gegner.

Aber bereits unmittelbar danach hat man erkennen können, welchen fußballerischen Weg diese Mannschaft verfolgt. Dabei wurde versucht, das Aufbauspiel über den spielstarken Torhüter Rulli flach von hinten, auch gegen das zu Spielbeginn aggressive Angriffspressing von Real, aufzubauen und Drucksituationen mittels flachen Passspiel und entgegenkommenden Bewegungen aufzulösen. Dies gelang auch einige Male ganz gut und die Ballzirkulation konnte stabilisiert und strukturiert werden. Dabei haben sie in Ansätzen zeigen können, dass sie eine technisch beschlagene und pressingresistente Mannschaft sind und die hohen Ballbesitzwerte in der spanischen Liga nicht dem Zufall entsprungen sind. Durchaus eine Erkenntnis, die die Salzburger bei der Planung ihres Pressings nicht aus den Augen verlieren werden.

Illarramendi war dabei meist der Anker im Aufbauspiel und ließ sich von seiner Position im Sechserraum auch einige Male zwischen die beiden Innenverteidiger fallen, was in Spanien teilweise ja fast schon Tradition ist. Die Außenverteidiger halten in dieser ersten Aufbauphase konsequent die Breite und bieten sich auch immer für Zuspiele der Innenverteidiger an, um dann nach Optionen longline oder diagonal in die Halbräume Ausschau zu halten. Wie bereits geschrieben, ist hier der rechte Außenverteidiger Odriozola ein schwierig zu attackierender Gegenspieler. Es wird interessant zu beobachten sein, auf welche Pressingmechanismen Marco Rose zurückgreift, um die Außenverteidiger zu attackieren. Der bis jetzt häufig praktizierte Weg mit rausschiebenden Achter aus der Mittelfeld-Raute könnte eventuell schwierig werden, weil der Weg für die Achter doch recht weit werden könnte. Dies würde zu Lasten der Intensität gehen. Eine Option wären sehr breit positionierte Stürmer, also zwischen Innen- und Außenverteidiger. Solche Varianten hat man bei den Bullen heuer auch schon gesehen.

Aber zurück noch einmal zur Aufbaustruktur von Sociedad gegen Real Madrid. Die beiden Außenspieler Oyarzabal und Canales hielten dabei selten die Breite sondern rochierten immer wieder in die Halbräume und das Zentrum neben die beiden Stürmer. Dagegen kippt Prieto, normalerweise auf der halbrechten Acht im 4-3-3 zuhause, häufig in den rechten Halbraum des Mittefeldbandes zurück und bot sich dort für Pässe der Aufbauspieler an. Dabei hat er einige Male gezeigt, dass er Bälle sehr gut mit dem Rücken zum Tor behaupten kann und dann ziemlich kluge Folgeaktionen oder kurze Verlagerungen einleiten kann.

In der Grafik sieht man grob die Aufbaustruktur von Real Sociedad sowie die Initial-Grundordnung von Real Madrid im Pressing. Das Angriffspressing der Königlichen war zwar recht schlicht gehalten, dafür vor allem in der Anfangsphase überraschend griffig und kompakt. Dabei waren natürlich die vier offensivsten Akteure im 4-4-2 gefordert. Benzema und Ronaldo machten gut Druck auf die beiden Innenverteidiger, bei einem folgenden Pass auf die sich anbietenden Außenverteidiger schoben Asensio und Vazquez aggressiv heraus und provozierten so einen hohen Raum-, Zeit- und Gegnerdruck für den ballführenden Gegner. Die Außenverteidiger Marcelo und Carvajal schoben ebenfalls vor und orientierten sich an den gegnerischen Flügelspielern, die nachschiebenden Sechser komplettierten das Pressing. Mit Fortdauer des Spiels und in Anbetracht des klaren Ergebnisses schalteten die Real-Stars auch im Pressing mindestens zwei Gänge zurück und ließen sich häufig in ein recht passives Abwehrpressing zurückfallen.

Folgend noch die Passmap von Real Sociedad in diesem Spiel. Sie zeigt einerseits Illarramendi als Anker im Aufbauspiel, die abkippende Position von Prieto im rechten offensiven Halbraum sowie die eingerückten Positionen der beiden Flügelspieler.

Ambitionierte Pressingversuche verpufften mit der Zeit gegen Kroos und Co.

In den Anfangsminuten hatte sich nicht nur Real Madrid ein aggressives und hoch angelegtes Pressing in den Matchplan geschrieben, auch die Gäste aus Sociedad versuchten sich in einer solchen Herangehensweise. In den ersten Minuten sah dies auch gar nicht so schlecht aus. Die beiden Stürmer attackierten mutig nach vorne und setzten die Real-Innenverteidiger unter Druck, die Flügelspieler taten selbiges mit den beiden Außenverteidigern Marcelo und Carvajal. Die beiden Sechser Zurutuza und Illarramendi schoben ebenfalls nach und orientierten sich lose an Kroos und Modric, was allerdings nicht reichen sollte. Von der Struktur her waren die Pressingbewegungen also ähnlich wie jenen von Real Madrid auf der anderen Seite des Platzes.

Aber wie glaube ich jeder vernünftige und mit etwas Realitätssinn behaftete Fußballfan weiß, ist es praktisch unmöglich, die Pass- und Pressingresistenzmonster von Real Madrid konsequent in Drucksituationen zu locken, aus denen sie sich nicht befreien können. Genau das hat auch Eusebio und seine Mannschaft leibhaftig erfahren müssen. Real Madrid hat natürlich diese Situationen sowohl im Zentrum als auch auf den Flügel auflösen können und den gegnerischen Mannschaftsverbund instabilisiert. Dies hat dann logischerweise dazu geführt, dass sich Sociedad zunehmend in ein tiefes und passives Abwehrpressing zurückfallen lassen musste und selten Druck auf den ballführenden Gegenspieler zustande brachte. Dazu waren die Kompaktheit und ein sauberes Kettenspiel im eigenen Abwehrdrittel häufig nicht gegeben, wodurch Passivität und ein ständiges „zu spät kommen“ entstand und so auch Real relativ simpel zu den vier Treffern in der ersten Halbzeit kam.

Von daher kann man eigentlich nicht vorhersagen, was Salzburg von Sociedad im Spiel gegen den Ball erwarten kann, zumindest wenn man nur das Spiel gegen Real betrachtet. Dazu war einerseits die Grundordnung anders gewählt und andererseits der Gegner zu überlegen und das Spiel zu frühzeitig entschieden.

Fazit

Es war klarerweise ein absoluter verdienter Sieg von Real Madrid, darüber braucht man nicht zu diskutieren.

Betrachtet man Real Sociedad in Bezug auf das bevorstehende Europa League Spiel gegen Salzburg, kann man aus dieser Partie mitnehmen, dass diese Mannschaft immer gewillt ist, das Spiel flach von hinten aufzubauen und mittels kontrolliertem Ballbesitz in höhere Zonen kommen. Dafür wird auch der Torhüter sehr stark in die erste Aufbaulinie miteinbezogen.
Wenn man auch nur ein bisschen die Spielweise von Red Bull Salzburg kennt kann man sich ausrechnen, dass dies ein äußerst interessantes Aufeinandertreffen von zwei Fußball-Ideen werden kann. Dabei darf man sich aus Salzburger Sicht nicht von der durchwachsenen Saison und dem derzeitigen Tabellenplatz täuschen lassen, das könnte zu unangenehmen Überraschungen führen.

In einer zweiten Analyse werden wir nämlich noch weitere spannende Facetten dieser Mannschaft beleuchten.

Sebastian Ungerank, abseits.at

Sebastian Ungerank

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