Vom Messestädte Cup zur Europa League – Eine Reise durch die Europacupgeschichte
Fußball international 3.September.2011 OoK_PS 0
Was vor über 50 Jahren als mehrjähriges Turnier von Stadtauswahlen begann, ist heute der von der UEFA streng durchreglementierte zweithöchste Bewerb des europäischen Clubfußballs. Der Bewerb ist vor allem durch seine immer wieder wechselnde Struktur gekennzeichnet, so wurden mit der Hoffnung auf Verbesserungen regelmäßig Änderungen am Reglement vorgenommen. Abseits.at geht auf einen Streifzug durch die Europacuphistorie und stellt den Bewerb etwas näher vor.
Alles Begann im Jahre 1955
Der Messestädte Cup (englisch: Inter-Cities Fairs Cup, französisch: Coupe des villes de foires) wurde im April des Jahres 1955 in Basel aus der Taufe gehoben, als Geburtshelfer können die Herren Ernst Thommen, Ottorino Barassi und Stanley Rous bezeichnet werden; die beiden letzteren wurden später immerhin Präsidenten der FIFA. Die ursprüngliche Intention war es, internationale Handelsmessen und Ausstellungen zu bewerben und so durften zu Beginn auch nur Mannschaften aus Städten teilnehmen, die solche Veranstaltungen beherbergten, die Platzierungen in den jeweiligen nationalen Meisterschaften spielte dabei keine Rolle. Dementsprechend nahmen an den ersten Auflagen des Cups auch mehrheitlich Stadtauswahlen teil, Vereinsmannschaften waren in der Unterzahl.
Zunächst dominieren Stadtauswahlen
Die erste Saison des neu geschaffenen Bewerbs erstreckte sich von 1955 bis 1958, da man einerseits Überschneidungen mit den nationalen Meisterschaften verhindern wollte und zudem die Abhaltungstermine diverser Messen berücksichtigt werden mussten. Die Teilnehmer waren Stadtauswahlen aus Barcelona (de facto war es jedoch der FC Barcelona, im späteren Finale liefen zehn Spieler dieses Clubs und nur einer von Espanyol Barcelona auf), Stævnet, Wien (zog sich im Laufe des Bewerbs zurück), Zagreb, Leipzig, Köln, London, Frankfurt und Basel, dazu kamen die Vereinsmannschaften Birmingham City, Inter Mailand und Lausanne Sports. Die Teams wurden in vier Dreiergruppen eingeteilt, aus denen sich die Sieger für das Halbfinale qualifizierten. Im Finale konnten sich schließlich die Spieler von Barcelona gegen die Stadtauswahl von London (zusammengesetzt aus Spielern elf unterschiedlicher Vereine) in Hin- und Rückspiel durchsetzen und erstmals die Trophée Noel-Beard erringen.
Auch die zweite Auflage, die von 1958 bis 1960 dauerte, konnte Barcelona für sich entscheiden, diesmal im Finale gegen Birmingham City. Der Bewerb wurde jedoch nicht mehr in Gruppen ausgespielt, sondern man begann vom Achtelfinale weg direkt im KO-Modus. Unter den demnach 16 Teilnehmern befanden sich die Neulinge Union Saint-Gilloise aus Belgien, Hannover, Roma, Újpest, Chelsea (anstelle von London) sowie eine Belgrader Stadtauswahl.
Bei der dritten Ausgabe blieb das Format unverändert, jedoch wurde der Bewerb wie auch heute üblich jährlich ausgespielt. Zudem trat das Novum ein, dass in der Saison 1960/61 Barcelona neben dem Messestädte Cup auch noch am Landesmeister Cup (heute Champions League) teilnahm. Beide Bewerbe standen mehr oder weniger in Konkurrenz zueinander und waren terminlich kaum akkordiert, jedoch kristallisierte sich der Landesmeister Cup bald als der prestigeträchtigere Bewerb heraus, da an ihm die besten Mannschaften der jeweiligen Länder teilnahmen. Barcelona scheiterte in beiden Pokalen relativ früh, so dass die Trophäe erstmals nach Rom wanderte.
Der Bewerb wächst und wächst
Mit der Zeit rückten die Handelsmessen immer weiter in den Hintergrund und ab der Saison 1961/62 durften pro Nation bis zu drei Teams teilnehmen und auch die Regel, die besagte, dass nur ein Team pro Stadt teilnehmen durfte, wurde zeitweise ausgesetzt. Dies wurde vor allem von den spanischen Vereinen ausgenutzt und führte zu einer Dominanz der iberischen Vertreter, sodass sich auch Valencia und Saragossa in die Siegerlisten eintragen konnten – teils in rein spanischen Finalspielen. Die Anzahl der teilnehmenden Länder steigerte sich immer weiter, sodass 1965/66, als Ferencváros den Sieg davontragen konnte, mit 48 Teams ein vorläufiger Rekord aufgestellt wurde.
Ab 1968 qualifizierten sich die Mannschaften direkt über die nationalen Meisterschaften, was die ursprüngliche Bedeutung, das Bewerben von Handelmessen, endgültig in den Hintergrund drängte. Es begann die Vorherrschaft der englischen Mannschaften, zwischen 1968 und 1971 zweimal Leeds United und je einmal Arsenal und Newcastle United als Sieger hervorgingen.
Rekordsieger des Messestädte Cups ist Barcelona mit drei Titelgewinnen vor Leeds und Valencia mit je zwei. Nachdem bekannt wurde, dass der Bewerb eingestellt wird, bestritten Barcelona und Leeds als erster und letzter Gewinner noch ein Entscheidungsspiel um festzulegen, in wessen fixen Besitz die Trophäe endgültig übergehen sollte. Die Katalanen gewannen mit 2:1.
Der UEFA Cup wird ins Leben gerufen
Mit der Saison 1971/72 übernahm die UEFA die Kontrolle über den Bewerb und benannte ihn in UEFA Cup um, was das Ende des Messestädte Cups bedeutete. 1975 wurde auch endgültig jene Regel abgeschafft, die es verbot, dass mehr als ein Team pro Stadt teilnahm, so dass nun auch beispielsweise Liverpool und Everton gleichzeitig antreten konnten.
Der Pokal wurde weiterhin im KO-Modus ausgespielt und die Teilnehmer setzten sich aus jenen Clubs zusammen, die die nationalen Meisterschaften auf den Spitzenplätzen beendeten (der Meister nahm am Landesmeister Cup teil). Als erster Sieger ging Tottenham hervor, in weiterer Folge duellierten sich bis zur Mitte der 1980er vor allem englische, deutsche und niederländische Teams um den Sieg. In Erinnerung bleibt hier vor allem die Saison 1979/80, als mit Stuttgart, Bayern München, Borussia Mönchengladbach und Eintracht Frankfurt gleich vier deutsche Clubs im Semifinale standen.
Die Anzahl der teilnehmenden Mannschaften steigt stetig an
Bis zur Mitte der 1990er blieb das Format unverändert, in zumeist sechs KO-Runden wurden die beiden Finalisten ausgespielt, die das Endspiel in Hin- und Rückspiel bestritten. Als ein Resultat des Falls des eisernen Vorhangs und der damit verbundenen Aufspaltung der Sowjetunion in souveräne Staaten sowie dem Zerfall Jugoslawiens drängten immer mehr Mannschaften in den Bewerb, weshalb in der Saison 1994/95 erstmals eine Vorrunde ausgetragen wurde, die als Qualifikation diente, später kam auch noch eine zweite Qualifikationsrunde hinzu. Für die erste Hauptrunde waren hingegen zahlreiche Mannschaften aus den etablierten Fußballnationen gesetzt, generell richtet sich Anzahl der Startplätze und die Einstiegsrunden nach der UEFA-Fünfjahreswertung.
Ebenfalls in den 1990ern wurde die Fairplay-Wertung geschaffen, so dass fortan aus den drei in dieser Rangliste bestpositionierten Nationen je ein zusätzlicher Verein teilnehmen konnte. Auch den Siegern des Intertoto Cups wurden Startplätze zugesprochen; dies waren zuerst drei, zuletzt steigerte sich die Anzahl jedoch auf elf (der Intertoto Cup wurde 2008/09 letztmalig ausgespielt), zudem rutschten die Verlierer aus der Champions League Qualifikation in den Bewerb. Weiters wurde 1999 der Cup der Cupsieger eingestellt (seither nimmt der UEFA-Cup-Gewinner am Spiel um den europäischen Supercup teil), sodass ebenfalls die nationalen Pokalsieger von nun an am UEFA Cup teilnahmen. All dies führte dazu, dass der UEFA Cup immer weiter aufgebläht wurde.
Die Vermarktung der TV-Rechte lag bei den Vereinen selbst, was den Vorteil der individuellen Gestaltung der Ankickzeiten mit sich brachte, sich bei Auswärtsspielen jedoch oft negativ auswirkte, vor allem aus Spanien und Italien waren für ausländische Sendeanstalten oftmals keine Bilder zu bekommen.
Ab der Saison 2004/05 wurde eine Gruppenphase eingeführt, die quasi die zweite Hauptrunde darstellte. 40 Mannschaften wurden in acht Gruppen zu je fünf Teams aufgeteilt, von denen sich die jeweils drei besten für das Sechzehntelfinale qualifizierten, das von jenen acht Vereinen ergänzt wurde, die in der Champions League Gruppenphase die dritten Plätze belegt hatten. Die Runden bis zum Finale wurden dann wieder traditionell im KO-Modus ausgespielt. Ab der Spielzeit 2006/07 wurden die TV-Rechte ab dem Viertelfinale zudem von der UEFA zentral vermarktet, um den medialen Stellenwert zu erhöhen, wozu auch ein einheitliches Design der TV-Grafiken dienen sollte.
Rekordsieger des UEFA Cups sind Inter Mailand, Juventus Turin sowie der FC Liverpool mit je drei Triumphen.
Mit der Einführung der Europa League schreitet die Professionalisierung weiter voran
Mit der Saison 2009/10 löste die Europa League den UEFA Cup ab. Ziel der UEFA war es, eine Art Champions League für jene Mannschaften zu schaffen, die sich nicht für die Königklasse qualifizieren konnten. Aus nunmehr nicht weniger als vier Qualifikationsrunden (die letzte wird offiziell als Playoff bezeichnet) gehen 48 Vereine hervor, die wie in der Champions League in Vierergruppen gelost werden, aus denen die beiden Gruppenbesten in das Sechzehntelfinale aufsteigen, von wo an es wieder nach dem KO-Prinzip weitergeht.
Dieser neue Modus hat vor allem für Mannschaften aus Ligen jenseits der Topnationen große Attraktivität, da alleine für das Erreichen der Gruppenphase Prämien von über einer Million Euro ausgeschüttet werden. Dazu kommt die zentrale Vermarktung der UEFA, wodurch zumindest die Highlights sämtlicher Spiele weltweit im Fernsehen verfügbar sind. Weiters wurden analog zur Champions League eine eigene Hymne und ein Intro für die Fernsehübertragungen gestaltet, um die Corporate Identity des Bewerbs weiter zu stärken.
Doch wo viel Licht, da auch viel Schatten und so tritt auch eine Vielzahl von negativen Effekten auf. Zum einen hat die Belastung der Spieler durch die Vielzahl der Qualifikationsrunden und die Einführung der Gruppenphase stark zugenommen, so wird heuer jeder österreichische Gruppenvertreter bis Mitte Dezember rund zwölf internationale Spiele absolviert haben – eine Anzahl die Anfang der 1990er noch für das Erreichen des Finales ausgereicht hätte.
Um die zentrale TV-Vermarktung zu gewährleisten, wurden fixe Spieltermine um 19:00 bzw. 21:05 mitteleuropäischer Zeit eingeführt, was jedoch aufgrund der Zeitverschiebung für Probleme sorgen kann, denn so müssen die Clubs aus Rumänien, der Ukraine und Bulgarien oftmals erst um 22:05 Ortszeit spielen, was in den Wintermonaten kein Vergnügen darstellt und dementsprechend schüttere Kulissen in den Stadien zur Folge hat. Andererseits haben Vertreter aus England und Portugal nicht selten schon um 18:00 zu spielen, was für die Stadionbesucher dort ungewöhnlich frühe Zeiten sind. Die Aufblähung des Bewerbs führt auch dazu, dass in manchen Ländern das Interesse von Vereinen und Zuschauern schwindet, so genießt die Europa League etwa in Italien einen untergeordneten Status, da die Einnahmen zu gering sind und daher die Spieler lieber für die lukrativere Serie A geschont werden. Auch die Anforderungen an die Stadien sind in den letzten Jahren deutlich gestiegen, weshalb nicht selten Vereine ihre Spiele abseits der eigentlichen Heimstätten austragen müssen.
Und zu guter Letzt beklagen Fußballromantiker, dass der einst so individuelle UEFA-Cup durch einen streng durchreglementierten Bewerb abgelöst wurde, der nichts mehr mit den früheren Zeiten gemein hat.
Die Europa League konnte in ihren bisherigen zwei Auflagen von Atlético Madrid und dem FC Porto gewonnen werden.
OoK_PS, abseits.at
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