Seit der Weltmeisterschaft in Japan und Südkorea im Jahr 2002 ging es mit dem belgischen Fußball bergab. Die Belgier schafften in den darauffolgenden Jahren... „Die Talente der ‚Roten Teufel‘ – Toptalente des Belgischen Fußballs“

Seit der Weltmeisterschaft in Japan und Südkorea im Jahr 2002 ging es mit dem belgischen Fußball bergab. Die Belgier schafften in den darauffolgenden Jahren kein einziges Mal die Qualifikation zur Teilnahme an einer Europa- oder Weltmeisterschaft. Erst im Jahr 2008 kam wieder Euphorie auf, als die belgische Olympiamannschaft beim Turnier in Peking den vierten Platz belegte und im Viertelfinale die Italiener, trotz einer rund 70-minütigen Phase in Unterzahl, mit 3:2 niederrangen. Mit dieser Generation hoffte man auf den Durchbruch auf internationaler Ebene, welcher jedoch bislang ausblieb. Dass die Belgier in Zukunft allerdings keineswegs zu unterschätzen sind und auch die nächsten Generationen einige Talente herausgebracht haben, möchte abseits.at anhand folgenden Artikels aufzeigen.

Romelu Lukaku

Der 18-jährige Romelu Lukaku ist vielleicht das größte belgische Fußballtalent der Gegenwart. Der bullige Mittelstürmer hat erst im Sommer einen Vertrag bei Chelsea F.C. unterschrieben, davor imponierte er beim RSC Anderlecht mit seinen Torjägerfähigkeiten. In 55 Spielen erzielte er 29 Treffer und holte in der Saison 2009/10 die Torjägerkrone in der Jupiler League. Der Marktwert des kongolesisch-stämmigen Stürmers liegt derzeit bei 15 Millionen Euro, Tendenz steigend, sofern er sich auch beim starken FC Chelsea durchsetzten kann. Lukaku wurde außerdem im Jahr 2011 der Ebbenhouten Schoen verliehen, ein Preis, welcher jedes Jahr an den besten afrikanisch-stämmigen Spieler in der Jupiler Pro League vergeben wird. Diesen Preis erhielten vor ihm unter anderem Spieler wie Aruna Dindane, Vincent Kompany oder Maroune Fellaini. Der 18-Jährige trug schon 13-mal das Nationaltrikot der „Roten Teufel“, wobei er zwei Torerfolge verbuchen konnte.

Stärken: Die Stärken des Linksfußes sind seine Schnelligkeit und seine Technik. Mit 1,91m ist Lukaku zwar sehr großgewachsen, jedoch wirkt er keineswegs unbeweglich, ganz im Gegenteil. Dank seiner Statur ist der 18-Jährige nur schwer vom Ball zu trennen und hat keine Probleme, sich gegen Abwehrspieler im Eins-gegen-Eins durchzusetzen. Vor dem Tor zeigt der Stürmer eine beeindruckende Abgebrühtheit und Nervenstärke, was man von einem 18-jährigen Talent kaum erwarten kann.

Schwächen: Lukaku’s Schwächen sind schwer zu beurteilen, er ist ein kompletter Stürmer und für sein Alter extrem weit. Allerdings muss er am Boden bleiben und angesichts des großen Rummels um seine Person nicht abheben. Zudem stellt sich die Frage, ob der Wechsel zum FC Chelsea die richtige Entscheidung war, vielleicht hätte ihm noch eine Saison als Stammspieler beim RSC Anderlecht gut getan. Je nachdem ob er sich bei Chelsea durchsetzten kann oder nicht, wird wohl über seine Zukunft entscheiden.

Yassine El Ghanassy

Der 21-jährige El Ghanassy spielt derzeit beim KAA Gent in der belgischen Jupiler Pro League. Der Mittelfeldspieler wird meist am linken Flügel eingesetzt und hat in der bisherigen Saison 22 Spiele für den aktuellen Tabellen-Zweiten bestritten. Der aus Marokko stammende Flügelflitzer hält derzeit bei 4 Toren und 5 Vorlagen in der Liga. El Ghanassy wurde bereits mit 16 Jahren vom englischen Klub Birmingham City zu einem Probetraining eingeladen, allerdings scheiterte ein Wechsel an dem Ablösevorstellungen seines damaligen Vereins, dem drittklassigen RAA La Louvière. Als der Drittligist pleiteging, konnte sich der KAA Gent die Dienste des Talents ablösefrei sichern. Seitdem entwickelte sich El Ghanassy zu einem der Topspieler in der belgischen Liga, was natürlich auch internationale Scouts auf den Plan ruft. So wurde der 21-Jährige vor allem mit den französischen Topklubs Olympique Lyon, Paris Saint-Germain und OSC Lille in Verbindung gebracht, allerdings soll auch der RSC Anderlecht Interesse am Flügelspieler haben. Die Ablöseforderungen von Gent scheinen einem Wechsel derzeit noch einen Strich durch die Rechnung zu machen, angeblich soll die Ablöseforderung über 5 Millionen Euro liegen.

Stärken: Yassine El Ghanassy’s Stärken sind seine Schnelligkeit, Beweglichkeit und seine Dribbelstärke. Er ist nur sehr schwer vom Ball zu trennen und zusätzlich schlägt er sehr präzise Flanken, was sich auch in seiner Assiststatistik niederschlägt. Der Flügelspieler hat ein gutes Auge für seine Mitspieler, besitzt allerdings auch die Gabe, in der richtigen Situation selbst den Abschluss zu suchen.

Schwächen: Die größte Schwäche des 21-Jährigen ist sein Körperbau, da er sich in Zweikämpfen nur schwer gegen körperlich überlegene Spieler durchsetzten kann. Zur nötigen Durchschlagskraft fehlt ihm einfach die Veranlagung, welche man mit gezieltem Training sicher übergehen kann. Außerdem fällt es El Ghanassy oft schwer, das Spiel selbst zu entscheiden, sprich er muss meist erst in Szene gesetzt werden um sein Talent zeigen zu können.

Eden Hazard

Der Namen Eden Hazard ist seit seinem Durchbruch mit dem OSC Lille wohl den meisten Fußballfanatikern ein Begriff. Der 20-Jährige spielt seit 2005 für den OSC, erst im Nachwuchs, seit 2007 steht er im Profikader der Franzosen. In der abgelaufenen Saison 2010/11 in der sich der OSC Lille den Meistertitel holte und zudem auch im Pokal triumphierte, wurde Hazard zum besten Feldspieler der Saison gewählt. Der Mittelfeldspieler überzeugt auch heuer wieder durch sein facettenreiches Spiel und zeichnet sich für 8 Tore und 9 Vorlagen in der Ligue 1 verantwortlich. Transfergerüchten zufolge soll der 20-Jährige bereits im Sommer den französischen Meister verlassen, es deutet alles auf einen Wechsel Richtung England hin. Die prominentesten Interessenten sind Arsenal, Chelsea, Bayern München oder Inter Mailand. Der Akademieleiter des OSC Lille hält indes Medienberichten zufolge einen Wechsel an die „Stamford Bridge“ zum Chelsea F.C. am wahrscheinlichsten. Seit 2008 durfte Hazard auch für die belgische Nationalelf auflaufen, allerdings ist sein Verhältnis zu Georges Leekens, seines Zeichens Nationaltrainer, getrübt. Der talentierte Mittelfeldspieler kam nur zu Kurzeinsätzen und konnte sich im Nationalteam noch nicht durchsetzten.

Stärken: Zu den Stärken von Eden Hazard zählt seine Ballkontrolle, seine Technik und seine Qualitäten als Spielmacher. Der wieselflinke Offensivspieler zeigt außerdem ein sehr abwechslungsreiches Spiel, wobei er die Positionen an den Flanken wechselt und zum Teil auch durch die Mitte kommt. Der 20-Jährige kann dank den oben genannten Punkten variabel auf den Flanken oder im zentralen offensiven Mittelfeld eingesetzt werden und hat zudem auch einen guten Schuss.

Schwächen:  Die größte Schwäche Hazard’s liegt in der Defensivarbeit, welche er oftmals vernachlässigt. Ein junger Spieler, wie er es ist, kann diese Schwäche mit Sicherheit ausmerzen. Die wichtigste Frage wird für den 20-Jährigen sein, zu welchem Klub er wechselt. Wenn er sich bei einem europäischen Topklub wie Chelsea, Arsenal oder Bayern durchsetzten kann, wird er eine ganz große Karriere machen.

Jelle Vossen

Der 22-jährige Mittelstürmer steht seit 2007 beim KRC Genk unter Vertrag, spielte allerdings in der Saison 2009/10 bei Cercle Brügge. In der Spielzeit 2010/11 erzielte der Stürmer 17 Tore in 27 Ligaspielen und kam zudem auf 7 Vorlagen, wodurch er großen Anteil am Meistertitel des KRC Genk trägt. In der aktuellen Saison der belgischen Jupiler Pro League kam Vossen in 22 Spielen auf immerhin 10 Tore und ein Assist. Unter dem neuen Trainer Frank Vercauteren ist Vossen allerdings nur noch Stürmer Nummer drei, was wohl aufgrund seiner auffallenden Wechselwilligkeit der Fall ist. Natürlich bleibt ein Talent wie Vossen nicht unentdeckt, so ist unter anderem die Borussia aus Mönchengladbach am 22-Jährigen interessiert, da nach dem Abgang von Marco Reus zum BVB in der Offensive Handlungsbedarf herrscht. Jelle Vossen durfte unter Georges Leekens sieben Mal das belgische Teamtrikot tragen und dankte es dem Trainer mit zwei Torerfolgen.

Stärken: Sein rechter Fuß ist sicherlich die stärkste Waffe von Jelle Vossen. In den letzten beiden Spielzeiten beim KRC Genk hat er gezeigt, dass er aus allen Lagen treffen kann. Vossen agiert nicht nur im Strafraum abgebrüht, auch mit Toren aus der Distanz machte er immer wieder auf sich aufmerksam. Zudem besitzt Vossen ein gut geschultes Auge für den Mitspieler, was sich auch mit seinen sieben Vorlagen in der Meistersaison bestätigt.

Schwächen: Was Vossen auf jeden Fall abstellen muss, sind seine Überreaktionen wie im Supercup gegen Standard Lüttich als er 28 Minuten aufgrund einer Tätlichkeit mit Rot vom Platz flog. Kann er allerdings seinen Torriecher auch in den europäischen Topligen durchsetzten, steht einer großen Karriere kaum etwas im Wege.

Toby Alderweireld

Der Innenverteidiger wechselte 2004 in die Ajax-Akademie und debütierte 5 Jahre später unter Marco Van Basten in der ersten Mannschaft der Niederländer. Seit der Saison 2009/10 ist der 22-Jährige Stammspieler bei Ajax und bildet zumeist mit Jan Vertonghen die Innenverteidung. Alderweireld, dessen Marktwert bei etwa acht Millionen Euro liegt, trug auch schon sechs Mal das Trikot der „Roten Teufel“, unter anderem bei den beiden EM-Qualifikationsspielen gegen Österreich.

Stärken: Zu den Stärken des Innenverteidigers zählen sicherlich sein Kopfballspiel und sein harter rechter Schuss. Der 22-Jährige kam in 62 Spielen für Ajax auf immerhin 4 Tore, zum Beispiel erzielte er das 2:0 gegen den AC Milan in der Champions League. Der Innenverteidiger besitzt außerdem ein sehr gutes Passspiel und bildet mit Vertonghen eines der stärksten und talentiertesten Innenverteidiger-Gespanne Europas.

Schwächen: Seine Schwächen zeigte Toby Alderweireld unter anderem im Nationalteam gegen Österreich. Beim 4:4 vor heimischem Publikum ließ sich der als Außenverteidiger aufgestellte Alderweireld von Marko Arnautovic immer wieder ausspielen und zeigte einige technische Schwächen.

Kevin de Bruyne

Kevin de Bruyne ist ein 20-jähriger Offensivspieler und steht seit 31. Jänner 2012 bei Chelsea F.C. unter Vertrag, allerdings wird er bis Saisonende auf Leihbasis bei seinem alten Klub KRC Genk bleiben. Der Offensiv-Allrounder wird als eines der größten Talente Belgiens gehandelt, nicht umsonst wurde er von Chelsea-Trainer Andre Villas-Boas an die Stamford Bridge geholt. Der 20-Jährige besticht durch großartige Technik und wirkt immer sehr professionell. In der Saison 2011/12 erzielt er bisher 6 Tore in 16 Spielen und bereitete dazu 3 Tore vor. Bei Genk spielt der offensiv variable einsetzbare Spieler zumeist auf der linken Seite, allerdings zieht er oft zur Mitte oder wechselt auch auf die rechte Seite. De Bruyne, der als Kreativgeist der Belgier gilt, hatte 2010 schon einen Auftritt im Nationalteam beim Spiel gegen Finnland. In der belgischen U-19 Nationalmannschaft erzielte de Bruyne in 14 Spielen unglaubliche 16 Tore.

Stärken: Der 22-jährige ist technisch sehr stark und zudem in der Offensive variabel einsetzbar. Bei seinem Stammverein Genk spielt er Linksaußen, allerdings zieht er sehr oft zur Mitte und sucht auch selbst den Abschluss. Der Offensivspieler ist außerdem sehr schnell und dribbelstark, seine Statistik besagt ihm auch ein gutes Auge für den Mitspieler. De Bruyne schlägt zusätzlich sehr starke Flanken, welche zumeist seine Mitspieler finden.

Schwächen: Kevin de Bruyne kann einer der ganzen großen Spieler Belgiens werden, allerdings muss er sich in der nächsten Saison bei Chelsea F.C. beweisen. Es wird sich zeigen ob der Schritt zu den „Blues“ der richtige war, mit Juan Mata oder Florent Malouda ist die Konkurrenz auf den Außenbahnen sehr groß. Möglicherweise wird de Bruyne in der nächsten Saison auch noch innerhalb der Premier League verliehen, um zu regelmäßigen Einsätzen zu kommen und um sich in die Spielweise der englischen Liga einzugewöhnen.

Fazit

Der belgische Fußball erlebt derzeit einen Aufwärtstrend, sowohl die Klubmannschaften, als auch die Nationalmannschaft haben großes Potential. Die Nationalmannschaft kann in den nächsten Jahren international nicht nur überraschen, sondern wird sich, sofern der jeweilige Nationaltrainer es schafft, die Talente zu einer Mannschaft zu formen, in der europäischen Spitze etablieren. Die Klubmannschaften feierten auf der internationalen Bühne der Europa League große Erfolge, so wurden der RSC Anderlecht, Standard Lüttich und Club Brügge jeweils Erster in ihren Gruppen. Der KRC Genk zeigte, dass die Champions League niveaumäßig noch etwas zu anspruchsvoll ist, allerdings feierten sie mit dem 1:1 zuhause gegen Chelsea einen Achtungserfolg. Beim 0:7 in Valencia wurden den zu Hause ungeschlagenen Belgiern aber wieder ihre Grenzen aufgezeigt. Diese goldene Generation, wie sie man sie in Belgien oft bezeichnet, wird mit den hier genannten Talenten und natürlich auch mit talentierten Spielern wie Ogunjimi, Vermaelen, Lestienne oder Legear, welche in diesem Artikel nicht alle erwähnt werden konnten, den Sprung an die europäische Spitze schaffen und sich wieder für eine Europa- oder sogar Weltmeisterschaft qualifizieren.

Michael Prügl, www.abseits.at

Michael Prügl

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