„Jimmy“ Hoffer sagte als junger Spieler einmal, dass er keinesfalls so prominent wie Cristiano Ronaldo sein möchte: Denn, obwohl der damalige Real-Star mit Geld... Anekdote zum Sonntag (186) – Durch die Nacht mit Diego

„Jimmy“ Hoffer sagte als junger Spieler einmal, dass er keinesfalls so prominent wie Cristiano Ronaldo sein möchte: Denn, obwohl der damalige Real-Star mit Geld überschüttet würde, müsse ein Promi seiner Bekanntheit überall auf der Welt auf seine Privatsphäre verzichten: Von Kathmandu bis Köln gäbe es Menschen, die ihn erkennen würden. So prominent wie CR7 wurde Hoffer, der kurze Zeit nach diesem Interview seine Koffer packte um von Rapid zum SSC Napoli zu wechseln, eh nicht. Offiziell hat der heute 36-jährige seine Laufbahn noch immer nicht beendet, obwohl sein Vertrag bei der Admira bereits 2021 auslief.

Ein anderer, dessen Karriere schon seit 20 Jahren vorbei ist, schlägt in dieselbe Kerbe wie Hoffer: Prominenz ist ihm zuwider. Er ist glücklich, dass er heute kaum mehr erkannt wird. Dabei wurde dieser Mittelfeldspieler viermal mit der Austria Meister – paritätisch je zweimal mit jener aus Wien und jener aus Salzburg. Mit Letzterer stand er 1994 auch im UEFA-Cup-Finale, wo man in beiden Endspielen gegen Inter Mailand den Kürzeren zog. Aber für Peter Artner – so der Name des gesuchten Kickers – öffnete sich durch diesen internationalen Erfolg das Tor nach Spanien: 1996 wechselte er zu Hércules Alicante in die Primera Division. Diese Zeiten sind heute längst passé. Artner gehört nicht zu den Fußballlegenden, die auf der Straße angesprochen werden. Das kümmert ihn jedoch nicht: „Ich bin froh, dass mich keiner mehr kennt. Ich brauche das nicht. Gerne denke ich an die alten Zeiten zurück, aber unter dem Strich habe ich mit dem Fußball abgeschlossen.“

Der „Anfang des Fußballs“ geschah für den 1966 geborenen Floridsdorfer bei den Knaben von Union Landhaus. Schon als Kind verpflichtete ihn die Wiener Austria, wo Peter später Profi werden sollte. In der Kampfmannschaft der Favoritner fuhr der Mittelfeldmann ’85 und ‘86 die ersten Meistertitel seiner Karriere ein; auch wenn er damals noch nicht zum Stammpersonal gehörte. Artner ging daraufhin zur Vienna und 1987 zu Admira Wacker. In der Südstadt schaffte er schließlich den Durchbruch: Sie nannten ihn „Rasenmäher“ oder „Pferdelunge“, weil sich der Wiener nicht für leere Kilometer zu schade war: „Als Kapitän habe ich meine Mannschaft nach vorne gepeitscht. Ich rede nie lange um den heißen Brei herum, sage immer die Wahrheit.“ Artner avancierte zum Nationalspieler und sollte schließlich in Salzburg den Höhepunkt seiner Laufbahn erleben: Neben den bereits genannten Erfolgen schlugen sich die Mozartstädter auch in der Champions League-Gruppenphase ‘94/95 wacker.

Als der Wiener im Sommer 1996 nach Alicante an die Costa Blanca wechselte, wohnten er und seine Freundin Ursula anfangs in einem luxuriösen Fünf-Sterne-Hotel in der Stadt. Eines Abends kamen sie vom Essen nachhause und wunderten sich darüber, dass das Hotel von Paparazzi mit Fotoapparaten und TV‑Kameras belagert war. Peter beugte sich zu Ursula und meinte mit spitzbübischem Grinsen: „Schau, die sind alle wegen mir da!“ Ursula wusste natürlich um den Schmäh, schmunzelte aber trotzdem. An der Rezeption erfuhr das Paar schließlich, dass dieses Aufsehen keinem Geringeren als Diego Armando Maradona Franco galt: Der argentinische Weltmeister, der damals seine Laufbahn bei den Boca Juniors ausklingen ließ, war gerade von einer Entziehungskur in der Schweiz zurückgekehrt und hatte mit seiner Entourage an der spanischen Küste Halt gemacht. Das Luxushotel hatte aufgrund des weltmeisterlichen Besuches das ganze Stockwerk evakuiert und die Maradonasche Reisegesellschaft aus Sicherheitsgründen nebeneinander einquartiert. Nur Peter und Ursula wurden nicht aus ihrem Zimmer in derselben Etage geschmissen. Anfangs fühlte sich Artner dadurch noch geschmeichelt, diese Ehrfurcht verflüchtigte sich jedoch in den ersten Nachtstunden, denn Diego und seine Gang feierten in der Suite des zweifachen italienischen Meisters eine riesige Party, die sich auf das ganze Stockwerk ausweitete. Laute Musik, Alkohol und vermutlich auch jenes Pulver, wegen dem der Stürmer eigentlich auf Reha in der Schweizer Bergwelt gewesen war, gehörten dazu. Wie man es von Rockstars kennt, machten sich der Argentinier und seine Freunde auch daran Teile der teuren Einrichtung des Hotels zu zertrümmern. Irgendwann wurde es Artner zu bunt: An Schlaf war bei diesem Krach nicht zu denken, der ÖFB‑Nationalspieler riss ungeduldig seine Zimmertüre auf um der Feiergesellschaft seinen Unmut kundzutun. Doch beim Anblick der Bodyguards von Diego war der „Rasenmäher“ plötzlich so eingeschüchtert, dass er seinen Zorn hinunterschluckte und zurück in sein Zimmer schlich: Mit diesen Kraftlackeln wollte sich der Floridsdorfer lieber nicht anlegen.

Am nächsten Morgen war nicht nur die Partyrunde verkatert, sondern auch Peter und Ursula übermüdet. Das Hotelpersonal war jedoch hellwach nachdem es den angerichteten Schaden erblickten; sofort meldeten die Zimmermädchen das Chaos bei der Hotelleitung. Diese forderte von Maradona umgehend die Wiedergutmachung. Der Fußballer weigerte sich jedoch den Schaden zu bezahlen, nun griff der Hoteldirektor zu drastischen Maßnahmen und ließ sämtliche Türen im Stockwerk verriegeln: Der Argentinier und seine Leute waren auf ihrer Etage gefangen. Peter Artner erinnert sich: „Erst dann ist er für was er angerichtet hat gerade gestanden. Auf dem Spielfeld hatte er immer alles im Griff, abseits des Rasens nicht wirklich.“ So treffend resümierte der Stadthallenturniersieger von 1989 das Leben des vielleicht größten Fußballers.

Die zweite Begegnung mit Maradona – 1990 hatte Artner mit dem Nationalteam gegen den Superstürmer und Argentinien gespielt und ein Unentschieden geholt – war für den damaligen Spanien‑Legionär demnach eher unerfreulich. Vielleicht ist ein Leben als Fußballgott – abgesehen vom Spiel am Feld – wirklich nicht erstrebenswert: Ruhm und Geld bringen eben haufenweise Probleme mit sich. Peter Artner dagegen stand immer mit beiden Beinen im Leben. Nachdem er sich bei Alicante wegen einer Beckenverletzung nicht durchsetzen und es auch beim italienischen Zweitligisten US Foggia nicht rund lief, beendete er 2001 seine Karriere bei St. Pölten. Ein Pensionsschock war dem Neo-Fußballrentner danach unbekannt. Als Sohn eines Druckers hatte der „laufende Rasenmäher“ bereits während seiner aktiven Zeit eine eigene Druckerei eröffnet, später sattelte er auf Gastronomie‑Zubehör um und betätigte sich auch in Nischensportarten unternehmerisch: „Ich will meine Visionen verwirklichen.“, sagt Peter Artner und man glaubt ihm jedes Wort.

Marie Samstag

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