Der zypriotische Vereinsfußball befindet sich in den vergangenen Jahren deutlich im Aufschwung. Schon lange ist es keine Kuriosität mehr, wenn Clubs von der Ferieninsel... Anorthosis Famagusta: Vom Niemandsland in die Champions League und wieder zurück

Der zypriotische Vereinsfußball befindet sich in den vergangenen Jahren deutlich im Aufschwung. Schon lange ist es keine Kuriosität mehr, wenn Clubs von der Ferieninsel in der Champions League mitmischen. Den Anfang dazu machte in der Saison 2008/09 Anorthosis Famagusta, das diese Erfolge jedoch nie bestätigen konnte und zuletzt auf internationaler Bühne nur noch für negative Schlagzeilen sorgte.

Nahezu grenzenlos war das Entsetzen, als Anorthosis Famagusta im Sommer 2008 Rapid Wien aus der Qualifikation zur Champions League befördert hatte und damit das noch im EURO-Taumel liegende Österreich einmal mehr an seinem Stellenwert im internationalen Fußball zweifeln ließ. Es befand sich in diesem Jahr jedoch nicht nur Rapid auf der Abschussliste der Zyprioten, denn nachdem Olympiakos Piräus ausgeschaltet worden war, stand der 13-fache Meister sogar in der Gruppenphase der Champions League. Völlig überraschend kam dieser Triumph jedoch nicht, denn die Hafenstädter hatten bereits in den Jahren zuvor mit Trabzonspor und Cluj keine unbekannten Vereine aus diversen Qualifikationsrunden geworfen, in einer Gruppenphase konnte man jedoch noch nie für Furore sorgen.

In der Champions League ging der Erfolgslauf zunächst weiter, einem torlosen Remis in Bremen folgte ein Sieg gegen Panathinaikos Athen sowie ein spektakuläres 3:3 gegen Inter Mailand. Zwar stand am Ende nicht mehr als der letzte Tabellenplatz zu Buche, doch Anorthosis hatte mehr als nur auf sich aufmerksam gemacht.

Viele Legionäre

Zypriotische Vereine setzen seit einigen Jahren auf durchaus namhafte Spieler, die jedoch fast ausschließlich aus dem Ausland stammen. In der laufenden Saison beträgt der Legionärsanteil in der höchsten Spielklasse stolze 69 Prozent, was sich dementsprechend auf das Nationalteam auswirkt, das im Gegensatz zu den Vereinen international völlig bedeutungslos ist. Die großen Clubs des Landes, neben Anorthosis vor allem die beiden Erzrivalen Omonia und APOEL Nikosia, gelten daher mittlerweile im Europacup als äußerst unangenehme Kontrahenten, wozu auch das auf Zypern vorherrschende extrem schwüle Klima seinen Teil beiträgt, das sich oftmals als entscheidender Vorteil erweist.

Auch Anorthosis hat(te) einige namhafte Spieler in seinen Reihen, wie etwa die Georgier Georgi Kinkladze und Temuri Ketsbaia, die unter anderem auch in der Premier League ihr Geld verdienten – Letztgenannter wurde sogar bereits noch während seiner aktiven Karriere Spielertrainer und führte Anorthosis in die Champions League. Selbst Mario Jardel schaute für ein paar Spiele auf Zypern vorbei, verließ den Verein aber bereits nach wenigen Monaten wieder.

Trainer kommen und gehen

Es sah also alles danach aus, dass Anorthosis künftig zumindest in der Europa League regelmäßig die Gruppenphase erreichen könnte, doch diese Annahme bestätigte sich nicht, ganz im Gegenteil. Im Jahr nach dem Champions-League-Abenteuer stand in der Europa-League-Qualifikation das nächste Duell mit einem österreichischen Vertreter unmittelbar bevor, doch die mittlerweile vom Deutschen Ernst Middendorp trainierte Mannschaft scheiterte in der Runde zuvor am montenegrinischen Verein Petrovac, den Sturm mit 7:1 abfertigte.

In weiterer Folge warf man jene Kontinuität, die unter Temuri Ketsbaia noch zum Erfolg geführt hatte, über Bord – der Georgier war von 2003 bis 2009 Trainer von Anorthosis – und baute seit der Saison 2009/10 auf nicht weniger als sieben Coaches, die aus nahezu aller Herren Länder stammten. Derzeit schwingt der Israeli Ronny Levy das Zepter.

So schnell wie die Trainer ihre Jobs verloren, so schnell schied Anorthosis in den folgenden Jahren aber auch stets aus dem Europacup aus. 2010/11 schaffte man es nach Siegen über Banants Erewan, Sibenik und Cercle Brügge noch ins Europa-League-Playoff und scheiterte dort an CSKA Moskau, in den beiden folgenden Jahren sollte es aber noch dicker kommen, mit dem negativen Höhepunkt in der vergangenen Woche.

Spielabbruch und hohe Strafe

In der letzten Saison scheiterte Anorthosis bereits im Juli in der Europa League an Rabotnicki Skopje, sodass man in diesem Jahr danach trachtete, endlich in die Gruppenphase vorzudringen, was angesichts der Setzung im Playoff vermutlich keine Herkulesaufgabe gewesen wäre.

Doch es kam alles anders, bereits in der dritten Qualifikationsrunde war gegen den georgischen Europacup-Debütanten Dila Gori Endstation. Das Auswärtsspiel im Kaukasusstaat konnte Anorthosis noch für sich entscheiden, im Rückspiel ging jedoch alles schief und die Georgier gingen mit 3:0 in Front. Als wäre das nicht schon genug gewesen, stürmten einige wütenden Zuschauer den Platz und sorgten damit für einen Spielabbruch.

Mittlerweile steht das Urteil der UEFA fest: Die Kontroll- und Disziplinarkammer bestätigte das Ausscheiden von Anorthosis Famagusta und belegte den Verein zudem mit einer Strafe in Höhe von drei Geisterspielen sowie 50.000 Euro Geldbuße.

Vom Ruhm einstiger Tage ist also wenig geblieben, denn in der kommenden Saison fällt die Champions-League-Saison bereits wieder aus der UEFA-Fünfjahres-Wertung, womit Anorthosis in den späteren Qualifikationsrunden als ungesetzte Mannschaft anzutreten hat. Die Gründe für das Scheitern in den letzten Jahren mögen unterschiedlicher Natur sein, die mangelnde Kontinuität und hohe Fluktuation am Spielersektor haben allerdings sicherlich ihren Teil dazu beigetragen. Darüber hinaus wechselten in den letzten Jahren auch die Präsidenten nahezu nach Belieben und im Vorfeld des Spiels gegen Panathinaikos im Jahr 2008 war der damalige Vereinschef sogar von der Polizei aufgrund des Verdachts auf Veruntreuung festgenommen worden.

Es sind dies Phänomene, die sich nicht rein auf Anorthosis beschränken, denn auch Omonia Nikosia brachte es trotz hoher Investitionen bisher noch nie zustande, in eine Gruppenphase einzuziehen. Zweimal scheiterten die Hauptstädter an Salzburg und in der vergangenen Woche behielt Roter Stern Belgrad die Oberhand.

OoK_PS, abseits.at

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