In der Winterpause wollen wir euch einige Talente vorstellen, die in den letzten Monaten ihr Können zum ersten Mal der breiten Öffentlichkeit unter Beweis stellten und für staunende Gesichter auf den Rängen sorgten. Wir präsentieren euch junge Spieler, von denen man in Zukunft sicherlich noch viel hören wird! Nachdem wir euch in unserem ersten Teil den Stade-Rennes-Spieler Eduardo Camavinga vorstellten und in weiterer Folge einen Blick nach Südamerika zu Jesus Reinier warfen, wollen wir uns nun einem jungen Mann widmen, der bei der PSV Eindhoven so richtig durchstartete. Die Rede ist vom 17-jährigen Mohamed Ihattaren.
Mohamed Ihattaren wurde als Sohn marokkanischer Eltern in Utrecht geboren und wuchs im Bezirk Kanaleneiland auf, einem Stadtteil der von hoher Arbeitslosigkeit geprägt ist. Rund 76% der 16.000 Bewohner haben einen Migrationshintergrund, wobei viele Einwohner, so wie Ihattarens Eltern ursprünglich aus Marokko stammen. Aus diesem Viertel stammen unter anderem auch die Fußballer Ibrahim Afellay und Ismail Aissati. Ihattaren machte im Nachwuchs des SV Houten seine ersten Schritte und es war den Verantwortlichen schnell klar, dass das große Talent für höhere Aufgaben bestimmt war.
Von der U19 in die Kampfmannschaft
Im Jahr 2010 wechselte er in die Akademie der PSV Eindhoven, wo er bis zur U19 sämtliche Nachwuchsmannschaften durchlief. Anfang 2019 durfte er unter dem damaligen PSV-Coach Mark van Bommel mit ins Trainingslager nach Katar reisen, wo er einen starken Eindruck hinterließ und auch im Freundschaftsspiel gegen Club Brügge zum Zug kam. Nur wenig später feierte der damals erst 16-Jährige auch in der Meisterschaft sein Debüt, als er beim 2:1-Sieg gegen den FC Groningen in der Schlussphase eingewechselt wurde. Es folgten weitere Einsätze im Frühjahr der Saison 2018/19, wobei er meistens als Joker ins Spiel kam. Insgesamt stand er in 12 Ligaspielen auf dem Platz, musste aber noch auf seinen ersten Scorerpunkt warten. Ihattaren ist der erste PSV-Spieler, der direkt von der U19 in die Kampfmannschaft aufstieg, ohne eine einzige Partie für das U23-Nachwuchsteam zu absolvieren.
Nachdem er im Sommer bei der U19-EM für das niederländische Nachwuchsnationalteam auflief, avancierte er in der aktuellen Spielzeit mit nur 17 Jahren zu einem Fixstarter und Leistungsträger bei der PSV Eindhoven. In einer eher durchwachsenen Saison ist er einer der Lichtblicke der Mannschaft und steuerte in 15 Einsätzen drei Tore und sechs Assists bei. In der Europa League wurde er in allen sechs Gruppenspielen eingesetzt, unter anderem auch zweimal gegen den LASK, und er bedankte sich mit einem Treffer und drei Assists, nachdem er zuvor schon in drei EL-Qualifikationsspielen zweimal traf.
Seine Stärken
Mohamed Ihattaren ist ein vielseitig einsetzbarer Spieler, der seine besten Partien am rechten Flügel absolvierte. Er kann aber auch als Linksaußen und vor allem als offensiver Mittelfeldspieler eingesetzt werden und half auch schon als Achter und sogar als Sechser weiter hinten in der Mittelfeldzentrale aus. Seine größten Stärken kann er aber am rechten Flügel ausspielen, wenn er mit hohem Tempo in die Mitte zieht und mit seinem besseren linken Fuß abschließen kann. Hier sehen wir seine Heatmap in der aktuellen Saison. Obwohl er oftmals als zentraler, offensiver Mittelfeldspieler aufgestellt wurde, sehen wir, dass er sehr oft auf den Flügel ausweicht.
Quelle: Wyscout S.p.a
Ihattaren hat alles was einen gefährlichen Offensivspieler ausmacht. Er ist pfeilschnell, technisch stark und hat zudem auch noch ein Auge für seine Mitspieler, was man auch an den sechs Assists in der heurigen Saison erkennen kann. Eines seiner Markenzeichen ist es, dass er bei seinen Dribblings den Kopf fast immer oben hat und so stets die Übersicht behält. Er verfügt auf den ersten Metern über eine enorme Dynamik, die es ihm immer wieder ermöglicht in offene Räume vorzustoßen und dabei seine Gegenspieler abzuschütteln. Ihattaren verfügt aber auch über ein hohes taktisches Verständnis und sucht nicht bei jeder Gelegenheit die Eins-gegen-Eins-Situationen. Wenn die Räume eng sind stellt er eine hohe Passsicherheit unter Beweis und es unterlaufen ihm nur wenige Ballverluste.
Seine Leistungsdaten
Quelle: Wyscout S.p.a
Ihattaren absolvierte pro 90 Minuten 7,71 Dribblings und hat dabei eine Erfolgsquote von 52,81 Prozent. Als Vergleich die Zahlen vom vielleicht besten Spieler der Welt: Lionel Messi absolviert 10,43 Dribblings pro 90 Minuten bei einer Erfolgsquote von 52,31%. Beeindruckend sind auch Ihattaren 7,93 Pässe pro 90 Minuten im letzten gegnerischen Drittel. Eine „Lost balls to saa. %“-Wertung von 1,56 ist ebenfalls sehr stark -„saa“ steht für „successful attacking actions“. Mit dieser Statistik wird überprüft, wie das Verhältnis von Ballverlusten zu erfolgreichen Aktionen (Schüsse, Flanken, Dribblings) lautet. Je niedriger die Wertung, umso besser. Zur Einordung: Lionel Messi hatte in der Saison 2018/19 14,22 erfolgreiche Aktionen und 11,73 Ballverluste pro 90 Minuten, womit er auf eine fantastische „Lost balls to saa. %“-Wertung von 0,82 kommt (11,73:14,22). José Callejón kam auf 3,34 erfolgreiche Aktionen bei 8,78 Ballverlusten, womit sich ein Wert von 2,63 ergibt, der in etwa als „durchschnittlich“ betrachtet werden kann.
Die Zukunft
Sollte sich Ihattaren nicht gröber verletzen, dann steht ihm ohne Frage eine große Karriere bevor. Dennoch könnte ein Wechsel noch einige Zeit auf sich warten lassen, denn zur Freude der Vereinsverantwortlichen betonte der Spieler einige Male, dass er sich zunächst bei seinem aktuellen Klub weiterentwickeln und reifen will. Sein Ex-Trainer Mark van Bommel, der Mitte Dezember seine Sachen packen musste, betonte in der aktuellen Saison immer wieder, dass sein Schützling nicht nur ein großartiger Fußballer sei, sondern auch ein hochintelligenter Mensch, der seine Karriereplanung nicht für das schnelle Geld opfern will. Ihattaren hätte bereits im Sommer zu einem der zahlreich um ihn buhlenden Top-Klubs wechseln können, verzichtete aber vorerst noch auf den Geldsegen, da ihm regelmäßige Einsätze in dieser Phase seiner Karriere am wichtigsten sind. Aktuell scheint Manchester City das größte Interesse an dem Offensivspieler zu haben – wir sind gespannt, wie lange Ihattaren und PSV Eindhoven sich der Angebote erwehren können.
Stefan Karger, abseits.at
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