Brot und Spiele für das Volk – Wie der Eto´o-Transfer der Republik Dagestan Stabilität bringen soll
Weitere Länder 26.August.2011 Stefan Karger 0
Die meisten Fußballfans staunten nicht schlecht, als sie hörten, dass Stürmerstar Samuel Eto´o einen Vertrag bei Anzhi Makhachkala unterschrieb. Was sind die Motive des 30-jährigen Kameruners und welche Ziele hat Milliardär Suleiman Kerimow mit dem Verein?
Die Motivation des zweifachen Champion-League-Siegers ist nicht besonders schwierig zu erraten, denn der Vertrag katapultiert ihn in eine Gehaltsliga, von der die meisten Fußballstars nur träumen können. Während sich die Gerüchte halten, dass der vierfache afrikanische Fußballer des Jahres 20 Millionen Euro pro Jahr verdienen soll, verlautbarte der Pressesprecher des Vereins Alexander Udaltsov, dass die kolportierten Gehaltszahlen nicht der Wahrheit entsprechen. Eto´o wird laut Udaltsov zwar mehr als bei seinem alten Verein verdienen, die 20 Millionen Euro pro Jahr wären aber stark übertrieben. Stattdessen soll der Kameruner etwa die Hälfte bekommen, womit Cristiano Ronaldo und Messi im Gehaltsgefüge vor ihm wären. Denkbar ist jedoch, dass Udaltsov nur von seinem Basisgehalt sprach und Eto´o mit Prämien sein Gehalt wesentlich steigern kann.
WAS HAT ETO´O MIT DEM GELD VOR?
Eto´o betreibt eine Charity-Organisation, die im Jahr 2010 in Kamerun die Auszeichnung für die „beste Wohltätigkeitsarbeit“ bekam. Vor wenigen Tagen dehnte Eto´o den Wirkungskreis seiner Organisation aufs Nachbarland Gabun aus, wo ebenfalls Fußballplätze und Stadien gebaut werden sollen, sodass hoffnungsvolle Talente besser unterstützt werden können. Eto´o gewinnt laufend andere Fußballstars für sein Projekt – so unterstützen etwa Michael Essien und Didier Drogba den Kameruner bei seiner Arbeit. Eto´o hat nie einen Hehl daraus gemacht, dass er nach Europa kam, um gut zu verdienen. Als er zum FC Barcelona wechselte, sagte er: „ I will run like a black man to live like a white man.“
Nach seiner Karriere will er mit seiner Organisation in Kamerun weiterhin Einfluss auf Sport und Politik nehmen. Gerade in Ländern die von Quasi-Diktatoren wie Paul Biya regiert werden, lässt sich mit finanzieller Einflussnahme am meisten erreichen.
WELCHE ZIELE VERFOLGT SULEIMAN KERIMOW?
Der russische Milliardär Suleiman Kerimow übernahm am 18.Jänner 2011 den Verein und verpflichtete vom Start weg große Namen. Noch in der Wintertransferzeit unterschrieben Roberto Carlos, Mbark Boussoufa und Jucilei da Silva beim Klub. Ein halbes Jahr danach stießen Balázs Dzsudzsák, Yuri Zhirkov und Samuel Eto´o zum Verein. Die Mannschaft wohnt jedoch nicht im krisengeschüttelten Dagestan, sondern in einem noblen Vorort von Moskau. Zu einem Heimspiel müssen die Spieler etwa 1600 Kilometer fliegen. Eto´o soll auch die Option haben in Italien oder Spanien zu wohnen und den Privatjet Kerimows zu benutzen.
Erst vor eineinhalb Monaten kam in Makhachkala der Rektor der theologischen Universität bei einem Anschlag ums Leben. Auf offener Straße erschossen unbekannte Täter den Mann mit Schnellfeuerwaffen. Das österreichische Außenministerium rät dringend vor Reisen nach Dagestan ab. Suleiman Kerimow stammt selbst aus dieser Region und machte auch seinen Universitätsanschluss in Dagestan. Er ist stark verbunden mit den dort lebenden Menschen und investiert seit Jahren etliche Millionen in diese Region. Insgesamt versprach Kerimow seinen Landsleuten Investitionen in Höhe von 1.5 Milliarden Euro. Mit dem Fußballklub will er den Menschen etwas geben, auf das sie stolz sein können. Kerimow sagte, dass das Schlimmste in der Region die große Hoffnungslosigkeit der Menschen sei. Mit der Fußballmannschaft will er den Leuten das Gefühl geben, dass Dagestan von der Welt nicht nur als eine krisengeschüttelte Region wahrgenommen wird. Rund um das Stadion soll außerdem eine Erlebniswelt entstehen, die Arbeitsplätze und Ablenkung vom Alltag bringen soll.
Auch Moskau liegt viel daran, dass Ruhe in diese Region einkehrt, weshalb Kerimow auch von dieser Seite Unterstützung bekommt. Fans der Moskauer Vereine machten ihren Unmut im Internet kund und beschweren sich darüber, dass Eto´o und die anderen Spieler indirekt mit ihren Steuergeldern finanziert werden. Auch Yuri Zhirkov verspürte schon den Zorn zahlreicher „Fans“, die ihn im Rahmen des Freundschaftsspiels gegen Serbien auspfiffen und beschimpften. Ultranationalistische Anhänger sahen seinen Wechsel in die Kaukasus-Region als einen Vaterlandsverrat an. Zhirkov war von den Reaktionen vollkommen überrascht und kämpfte nach der Partie mit den Tränen. Es bleibt nur zu hoffen, dass keinem Spieler etwas zustoßen wird, denn das hätte dann den gegenteiligen Effekt von dem, was Kerimow erreichen will und würde die Region noch weiter zurückwerfen.
Stefan Karger, www.abseits.at
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Stefan Karger
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