China sei Dank – Slavia Prag mit ausländischen Millionen auf der Überholspur
Weitere Länder 8.Dezember.2015 Max Teubner 0
Sechseinhalb Jahre sind seit dem letzten Titel des Prager Traditionsklubs Slavia Prag vergangen. Sechseinhalb Jahre in denen man meist gegen den Abstieg spielte und einen Lizenzentzug nur mit großer Mühe abwenden konnte. Aktuell steht das Team jedoch nach der Hinrunde auf dem vierten Platz der tschechischen Synot Liga und will noch viel höher hinaus. Dieser Artikel beschäftigt sich daher mit den Geschehnissen rund um den Verein in den letzten sechs Monaten und erklärt, weshalb man im Prager Stadtteil Vršovice wieder von der Meisterschaft träumt.
Der radikale Umbruch
Am 4. September 2015 um 11:30 Uhr ist die Bombe geplatzt. Der SK Slavia Prag gab offiziell bekannt, dass der chinesische Finanz- und Energiekonzern CEFC 60 Prozent der Aktien des Vereins erwarb und somit ein neuer Haupteigentümer für den Verein gefunden werden konnte. Nachdem der bisherige Eigentümer, der ehemalige Verkehrsminister Aleš Řebíček, lediglich finanzielle Löcher stopfte, statt in den Verein zu investieren, stieß der Einstieg eines ausländischen Geldgebers auf positive Resonanz im weiß-roten Lager. Zudem wurde bekannt gegeben, dass der Inhaber des Reiseunternehmens Travel Service, Jiří Šimáně (ein langjähriger finanzieller Unterstützer sowie Fan des Vereins), die restlichen Anteile des Vereins erhält und mit sofortiger Wirkung die Funktion des Präsidenten einnimmt. Šimáně sorgte ohne langes Zögern für eine komplette Neuausrichtung der Vereinsführung. Mit Petr Boháč und Tomáš Syrovátka wurden zunächst die Positionen des Finanzvorstands und des Fanbeauftragten neu besetzt. Daraufhin wurde der ehemalige U21-Nationaltrainer Tschechiens, Jakub Dovalil, als neuer Chefscout präsentiert. Des Weiteren gelang es Jiří Plíšek, ehemals Sparta, als neuen Leiter der Jugendakademie zu gewinnen und die Slavia-Legende Vladimír Šmicer in den Aufsichtsrat zu integrieren. Auf diese Weise soll der Verein in Zukunft kompetenter aufgestellt sein, als es in der jüngeren Vergangenheit der Fall war.
Die chinesischen Millionen
Die erste Aufgabe des chinesischen Eigentümers, dessen Interessen durch den früheren tschechischen Verteidigungsminister Jaroslav Tvrdík vertreten werden, war es, das laufende Insolvenzverfahren, an dem sieben Gläubiger beteiligt waren, zu stoppen. CEFC kam für die anfallenden Schulden in Höhe von umgerechnet circa 900.000 Euro auf und sicherte Slavia so zunächst den weiteren Verbleib in der höchsten tschechischen Spielklasse.
Da das Transferfenster in Tschechien bis Mitte September geöffnet ist, gelang es außerdem einen Transfer zu realisieren, der im August eigentlich ad acta gelegt wurde. Man verpflichtete den 25-jährigen Innenverteidiger und Kapitän von Baník Ostrava, Michal Frydrych, an dem auch der Lokalrivale Sparta und der FK Jablonec Interesse bekundeten – ein erster Prestigeerfolg.
Die Hinrunde – alter Kader, neue Ziele
Trotz der neugewonnenen finanziellen Stabilität musste Slavia die Hinrunde, mit Ausnahme Frydrychs, mit dem Kader bewältigen, der dem Verein vor dem Einstieg des neuen Eigentümers zur Verfügung stand. Die Ziele waren neu, die Mannschaft war es jedoch nicht. Die Europapokalplätze (1.-4.) sollten nicht aus den Augen verloren und in der Rückrunde mit einem qualitativ verbesserten Kader erreicht werden. Kein leichtes Unterfangen für den im Sommer neu gekommenen Trainer Dušan Uhrin Junior. Nach 15. Spieltagen rangiert seine Mannschaft trotzdem auf dem fünften Tabellenplatz und kann auf eine überraschend erfolgreiche Hinrunde zurückblicken. Mit Ausnahme der 1:2-Auftaktniederlage beim Meister aus Pilsen gelang es den Pragern, gegen jedes der Teams im oberen Drittel der Tabelle zu punkten. Vor allem beim Derbysieg gegen Sparta Prag überzeugte Slavia und gewann am Ende hochverdient mit 1:0. Verlassen konnte man sich in erster Linie auf Mittelstürmer Mílan Škoda, der nach 15 Partien bereits zehn Tore verbuchen kann.
Für die Rückrunde sind nun namhafte Neuzugänge in Planung. In der tschechischen Presse kursierten Namen von Nationalspielern wie Bořek Dočkal, Josef Hušbauer (beide Sparta), Josef Šural, David Pavelka (beide Slovan Liberec) oder Mílan Baroš (FK Mladá Boleslav). Zudem ist auch eine Rückkehr der beiden Deutschland-Legionäre Ondřej Petrák (1. FC Nürnberg) und Adam Hloušek (VfB Stuttgart) im Bereich des Möglichen. Am wahrscheinlichsten scheint jedoch die Verpflichtung des offensiven Mittelfeldspielers und Neu-Nationalspielers Martin Pospíšil vom FK Jablonec, da diese Position aktuell vom bereits 35-jährigen Karel Piták (ehemals Red Bull Salzburg) besetzt wird.
Ausblick
Das erste Spiel der Rückrunde gegen den Europa-League-Starter Slovan Liberec wurde am vergangenen Wochenende unglücklich mit 1:2 verloren, obwohl Slavia bereits nach zwei Minuten in Führung lag. Der allgemeinen Aufbruchsstimmung im Klub tat diese Niederlage allerdings keinen Abbruch.
Trotz der vielen positiven Aspekte gibt es einige Herausforderungen, denen man sich widmen muss. Sollten die Probleme im offensiven Mittelfeld, auf der Torhüterposition und auf den beiden Außenverteidigerpositionen schon im Winter durch kluge Transfers beseitigt werden, ist der Mannschaft durchaus zuzutrauen, sich bereits in dieser Saison unter den besten drei Teams der Liga zu etablieren. Mittelfristig sind die Weiß-Roten sicherlich in der Lage um den Titel zu spielen und sich wieder für einen internationalen Wettbewerb zu qualifizieren. China sei Dank.
Max Teubner, abseits.at
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Max Teubner
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