Bereits in der Gruppenphase der Copa América Centenario trafen die beiden letzten Finalisten, Chile und Argentinien, aufeinander. Ohne Messi traten die Albiceleste an, mit... Copa América: Argentinien gewinnt Prestigeduell gegen Chile

Angel di Maria - Argentinien_abseits.atBereits in der Gruppenphase der Copa América Centenario trafen die beiden letzten Finalisten, Chile und Argentinien, aufeinander. Ohne Messi traten die Albiceleste an, mit neuem Trainer  (Pizzi statt Sampaoli) die Chilenen.

Prinzipielle Ausrichtungen

Argentiniens Mittelfeldpressing formierte sich in einem 4-2-3-1 das oft 4-1-4-1 Staffelungen aufgrund von mannorientierter Verfolgung von Augusto annahm. Aufgrund dieser Mannorientierungen hatte man teilweise Kompaktheitsprobleme, was einige Pässe in den Zwischenlinienraum ermöglichte.

Im Ballbesitz agierte man mit Doppelsechs Augusto und Mascherano, wobei letzterer sich eher tiefer situierte. Die hohen Außenverteidiger ermöglichten den Flügelstürmern das Einrücken, über diese Überladungen am Flügel wollte man Angriffe vortragen. Dieser Fokus verursachte zu Beginn jedoch Verbindungsprobleme in den Zehnerraum, der nur situativ von Banega besetzt wurde. Er trat öfter als zweite Spitze auf und es entwickelten sich die Aufbauprobleme eines 4-4-2.

Die Chilenen agiert im tieferen Mittelfeldpressing im 4-1-4-1. Grundsätzlich presste man jedoch recht früh den argentinischen Aufbau an und tat dies im 4-3-3. Man leitete das Aufbauspiel der Argentinier bewusst auf die Flügel, um dort aggressiv anzulaufen und hohe Bälle zu erzwingen, was auch einige Male gut gelang.

Im Ballbesitz war Díaz der klare Spielmacher, der sehr flexibel agierte. Vor der Abwehr gab er situativ entweder in der Mitte die Anspielstation oder er kippte diagonal neben die Innenverteidiger ab. Jener suchte auch immer wieder Pässe in den Zwischenlinienraum, Vidal zeigte hier gute Bewegungen gegen die Mannorientierungen Argentiniens, aber auch Vargas und Sanchez ließen sich mit gutem Timing in diese Räume fallen.

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Beausejour läuft Mercado aggressiv an, der den Ball nur mehr aufstellen kann. Vargas‘ Lauf zu Otamendi macht einen Pass in die Mitte risikoreich.

Intensity rules

Die ersten Minuten waren geprägt von vielen Umschaltsituationen, keine der beiden Mannschaften konnte den Ballbesitz länger halten, im Gegenpressing agierten man auf beiden Seiten sehr intensiv und aggressiv, was auch zu einigen Fouls führte. Die Chilenen entwickelten sich nach der etwas hektischen Anfangsphase zur  dominanteren Mannschaft, hatte zwar ab und an Problem mit dem situativ höherem Pressing der Argentinier, aber wenn man dies überspielen konnte, fand man oft den Zwischenlinienraum und den sich flexibel bewegenden Dreiersturm. Man wusste die Mannorientierungen Argentiniens gut zu bespielen, Läufe der Mitspieler machten oft Räume frei und führten zu Unkompaktheiten in der Defensive der Albiceleste.

Zwar verwendeten die Chilenen ebenfalls Mannorientierungen, aufgrund der intensiv pressenden Stürmer und der Zentrumskompaktheit wurde man jedoch nie entblößt und Argentinien konnte die Angriffe primär nur über die Flügel vortragen. Das Gegenpressing war ebenfalls intensiv und kollektiv, zweite Bälle konnten immer wieder gewonnen werden. Teils war man jedoch zu aggressiv, was zu den bereits angesprochenen Fouls führte, Vidal bekam bereits in Minute 19 die gelbe Karte, als er Gaitán umgrätschte. Das hohe Pressing der Chilenen führte in Minute 30 auch zur größten Chance der ersten Halbzeit, als man einen hohen Ball abblockte und Sánchez in der Folge mittig an der Strafraumgrenze zum Abschluss kam. Romero bewegte sich aber gut aus dem Tor und parierte den Schuss.

Harmlose Argentinier, Chile schlampig

Das Offensivspiel der Argentinier konnte meist nur über Überladungen der Flügel angekurbelt werden, und selbst da ging es meist nur über links, wo Di María mit Einzelaktionen für Durchbrüche sorgen konnte. Meist fehlte die Anbindung ins Zentrum, wo die eingerückten Flügel nicht immer anspielbar waren und Banega sich nur wenig bewegte und Higuaín sich sowieso eher selten am Aufbau beteiligte. Die aussichtsreichsten Offensivaktionen hatte man mit Kontern und anschließenden Hereingaben von der Seite, wo man vor allem die Schnelligkeit des PSG- Legionärs Di María und das hervorragende Bewegungsspiel im Strafraum von Higuaín, genannt la pipíta, nutzte.

Das beste am argentinischen Spiel waren die Situationen im hohen Pressing im 4-2-3-1, wo die  Mannorientierungen besser eingebunden waren und man Claudio Bravo immer wieder zu weiten Abschlägen zwang. Diese kamen jedoch stets genau auf den Flügel, sodass man hier aus argentinischer Sicht weiterhin ein gutes Stück an defensiver Arbeit verrichten musste, um die Situation zu kontrollieren.

Die Argentinier hatten um Minute 25 ihre beste Phase, da sie die Chilenen deutlich früher unter Druck setzten und so die Unkompaktheiten besser kaschieren konnten. Die chilenische Aufbaulinie besteht nämlich prinzipiell aus einer 2-1 Anordnung mit Innenverteidigern und Sechser, die Verbindungen zu den Außenverteidigern und den Achtern war an diesem Tag nicht sonderlich gut, was zu Beginn nicht so schwer wog. Nun, wo Argentinien aber früher presste wurde dies für Chile durchaus problematisch. Man suchte deshalb öfter den hohen Pass, vor allem der schnelle Beausejour war eine beliebte Anspielstation in die Tiefe. Um die Aufbaupobleme zu lösen ließ sich zudem Aránguiz ebenfalls in den Sechserraum fallen, um Díaz zu unterstützen.

Die Hektik blieb erhalten, wenn auch Chile das Pressing der Argentinier, das den Aufbau meist auf die linke Seite leiten wollte, öfters überspielen konnte. Die Offensivstaffelungen der  Roja war derer der Albiceleste weitestgehend überlegen, im Positionsspiel war man sauberer, hatte jedoch ab und an Ungenauigkeiten im Passspiel, was gemeinsam mit der Intensität der Argentinier zu einigen Ballverlusten im Mittelfeld führte.

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Chiles gute Offensivstaffelung, diagonale Anspielstationen in die Tiefe werden gegeben.

Chile anfangs mit guter Anpassung

Chile versuchte es nach Wiederanpfiff mit vielen Direktangriffen, stellte den Ball einige Male auf, um Raumdeuter Alexis Sánchez zu finden. Viele dieser Angriffe verpufften jedoch in Ballverlusten, das Hin und Her, das es phasenweise in Halbzeit eins gab, wurde mitgenommen in den zweiten Durchgang. Die Chilenen versuchten vermehrt viele Leute vor den Ball zu bringen, machten dies jedoch unbalanciert, weshalb das 1:0 für die Argentinier fallen konnte: Díaz wollte einen langen Ball spielen, ließ sich etwas zu viel Zeit und das Spielgerät wurde verloren. Rechtsverteidiger Isla wollte zu früh mit aufrücken, in den Raum den er freiließ wurde der Pass für Di María gespielt, der an Torwart Bravo vorbeischob.

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Banega presst im richtigen Moment und erkennt gedankenschnell den Raum, den Isla hinterlassen hat und schickt Di María.

Das temporäre Aufgeben des Mittelfelds von Chile wurde also prompt bestraft. Man hatte sofort gelernt und wusste nun auch die Mannorientierungen auf neue Weise zu bespielen: Die Innenverteidiger dribbelten nun Räume vor ihnen an, was Passwege ins Mittelfeld öffnete und den Aufbau massiv erleichterte, sodass man binnen zwei Minuten zu bereits zwei Chancen kam.

Jedoch dauerte es nur sechs Minuten nach dem ersten Tor bis zur 2:0-Führung der Argentinier, die erneut nach Verbindungsproblemen der Chilenen einen Ball gewannen und den Konter zum 2:0 fertig spielten. Torschütze war dies Mal Ever Banega der ebenfalls aus halblinker Position genauso wie sein Mitspieler ins kurze Eck abschloss.

Was die Chilenen in Halbzeit eins so gut machte, das tat nun Argentinien: Im 4-4-2-Pressing konnte man das Zentrum gut zustellen, wenngleich man dies mit Mannorientierungen tat. Die Innenverteidiger Argentiniens verfolgten zurückfallende Gegner teilweise bis an die Mittellinie, aufgrund der passenden Intensität und Konsequenz funktionierte dies jedoch nun besser als in Halbzeit eins.

Kein Messi, keine Zirkulation

Argentinien verlegte sich jetzt primär aufs Kontern, Chile auf Gegenkonter. So hatten die Chilenen zwar leichte Überlegenheit und spielten ihre Angriffe etwas kombinativer aus und konnten mit teilweise guten gruppentaktischen Bewegungen die Defensive Argentiniens in Bedrängnis bringen, aber die letzte Konsequenz im Ausspielen der Angriffe fehlte noch. Durch die darauffolgenden schnellen Gegenstöße der Mannen Tata Martinos blieb das Tempo der Partie sehr hoch.

Der Konterfokus der Argentinier war zwar auch dem Spielstand geschuldet, ist jedoch auch fast Pflicht in diesem 4-4-2-System. Wie bereits erwähnt blieb der Zehnerraum meist unbesetzt, die Halbräume nur unkonstant. Das Fehlen Lionel Messis ist in diesem Aspekt sehr deutlich. Der kleine Stürmer des FC Barcelonas kann sehr spielmachend agieren, schwebt in den Halbräumen, aber auch im Zehnerraum umher und trägt sehr viel zur Ballzirkulation bei. Banega, der große Stärken im Dribbling hat und dem eine tiefere Position vielleicht etwas mehr liegen würde, stand meist zu hoch und konnte das Spiel aus der ruhigen Zirkulation heraus kaum beeinflussen.

In der letzten Minute der Nachspielzeit konnte Chile noch den Anschlusstreffer erzielen, nach einer Freistoßflanke war Fuenzalida von Universidad Católica (Chile) mit dem Kopf dran und erzielte das 2:1.

Fazit

Eine sehr temporeiche Partie, geprägt von intensiven Umschaltmomenten, aber auch mannschaftstaktischen Unsauberkeiten auf beiden Seiten. Chile mit guten Ansätzen im Aufbau, war jedoch zu unkonstant im Ausspielen der Angriffe und dabei auch etwas zu sehr fokussiert auf die “Wusel-Qualitäten“ von Sánchez. Argentinien mit schwachem Ballbesitz- und Positionsspiel, jedoch mit sehr sauberen Kontern, man hätte durchaus noch das 3:0 erzielen können. Ohne Messi ist der Konterfokus wahrscheinlich für Argentinien strategisch das beste Mittel. Die Mannorientierungen in der Defensive müssen jedoch konsequenter ausgeführt, sowie besser balanciert werden. Denn gerade im ersten Durchgang hatte man teilweise Kompaktheitsprobleme, die Chile gut zu nutzen wusste. Auch das Andribbeln der chilenischen Innenverteidiger bereitete die Argentinier vor Probleme, jedoch konnte man genau in dieser starken Phase das 1:0 erzielen und Chile etwas aus der Bahn werfen.

David Goigitzer, abseits.at

David Goigitzer

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