Der kuriose Eklat beim Olympia-Eröffnungsspiel Argentinien – Marokko
Weitere Länder 27.Juli.2024 Tim Bosnjak
Die deutsche Fußballlegende Sepp Herberger prägte den Spruch: „Das Spiel dauert 90 Minuten.“ Bei einem der beiden Auftaktspiele des olympischen Fußballturniers kam es durch Fankrawalle und eine kontroverse Schiedsrichterentscheidung jedoch dazu, dass die Begegnung zwischen Argentinien und Marokko erst nach vier Stunden ein Ende fand. Die Umstände führten zu erhitzten Gemütern, vor allem bei den Argentiniern. Das sind die Hintergründe.
Das Spiel
Die Olympischen Spiele wurden am 26. Juli offiziell eröffnet, vier Sportarten, darunter Fußball, wurden allerdings schon davor ausgetragen. So kam es am Mittwoch (24.) zu den beiden Auftaktspielen des olympischen Fußballturniers. Spanien besiegte die usbekische Auswahl mit 2:1, während Marokko mit demselben Ergebnis über Argentinien triumphierte. Letztere Partie sorgt aber durch das Zustandekommen des Resultats für reichlich Zündstoff.
Doch alles von Anfang. Die erste Halbzeit verlief ausgeglichen und die favorisierten Argentinier verzeichneten vier Schüsse, aus denen jedoch kein Treffer wurde. Demgegenüber schlug sich Marokko, die als U23-Afrika-Cup Sieger von 2023 nicht zu unterschätzen sind, tapfer, konnte gegnerische Offensivakzente neutralisieren und zeigte sich im eigenen Angriff mutig. So erzielte Soufiane Rahimi quasi mit dem Pausenpfiff das 1:0, bei dem auch Villarreals Ilias Akhomach mit einem traumhaften Assist-Assist mit der Hacke glänzte.
In Halbzeit zwei starteten die Atlaslöwen perfekt, sechs Minuten nach Anpfiff verwandelte Rahimi einen Elfmeter, der durch einen leichten, aber ausreichenden Schubser durchaus zu geben war. Im weiteren Spielverlauf erkannte Argentinien den Ernst der Lage, der eingewechselte Giuliano Simeone schob einen Flachschuss von Linksverteidiger Julio Soler ein und ließ die himmelblau-weißen Hoffnungen wieder erwachen. Es ging also in eine heiße Schlussphase, in der die Mannschaft des zweifachen Olympia-Goldmedaillisten Javier Mascherano das 2:2 suchte.
Der vermeintliche Ausgleich
Argentinien drückte nun mehr auf den Ausgleich und verzeichnete einer Nachspielzeit von unfassbaren 15 Minuten acht Schüsse, während den Marokkanern nur einer gelang. Unglaublich aber wahr, Cristian Medina haute das Leder schließlich in die Maschen zum 2:2, wodurch bei der Albiceleste alle Dämme brachen. Die Erregung machte sich auch bei den marokkanischen Fans zu spüren, sie konnten sich nicht mehr im Zaum halten und warfen Flaschen auf das Spielfeld, einige stürmten dieses sogar und ein kleiner pyrotechnischer Sprengkörper explodierte neben den argentinischen Spielern.
Beim Stand von 2:2 begaben sich beide Teams in die Kabinen. Anschließend herrschte Ungewissheit über das Spiel. Wurde es schon abgepfiffen oder nur unterbrochen? Die Video-Leinwand zeigte eine Unterbrechung an, die Fans sollten das Stadion jedoch bereits verlassen. Während der „Pause“ waren sich beide Teams klar, nicht weiterspielen zu wollen, doch nach knapp zwei Stunden nahm der VAR zum Entsetzen der Argentinier das Medina-Tor zurück und der schwedische Schiedsrichter Glenn Nyberg ließ nochmal für drei Minuten vor leeren Rängen spielen, bevor er abpfiff und Marokko mit 2:1 nach über vier Stunden gewann.
Reaktionen
Die Nachrichten über diesen Vorfall gleich zu Beginn des olympischen Sommers verbreiteten sich rasend schnell und sorgten auf argentinischer Seite für Empörung, auf marokkanischer und französischer Seite für Schadenfreude und einen gewissen Zynismus.
Der Präsident des argentinischen Fußballverbandes Claudio „Chiqui“ Tapia beklagte die Vorfälle rund um das Spiel – bereits bei der Nationalhymne wurden die argentinischen Spieler ausgepfiffen – und kündigte an, eine Beschwerde bei der Disziplinarkommission der FIFA zu erheben. Der Weltverband bestätigte bereits, dass ein Verfahren eingeleitet werde.
Auch ein paar Spieler der argentinischen A-Nationalmannschaft teilten ihre Meinung. Lionel Messi äußerte sich schlicht in einer Instagram-Story mit „außergewöhnlich“. Der Linksverteidiger von Olympique Lyon Nicolás Tagliafico fügte hinzu: „[…] Wenn es umgekehrt gewesen wäre, will ich mir nicht vorstellen, was sie sagen würden.“ Solidarität bewies indes Atlético Madrids Mittelfeldspieler Rodrigo de Paul: „Mehr als je zuvor mit euch. Ihr könnt [es] gegen alle.“:
Schließlich bezeichnete der Chef der Olympiatruppe Javier Mascherano das ganze als „größten Zirkus, den ich in meinem Leben gesehen habe.“ und zeigte große Lücken im Sicherheitskonzept der Olympischen Spiele wurde: „Gestern sind sie in unsere Trainingsanlage eingebrochen. Sie haben [Thiago] Almada beraubt.“
In Argentinien wird nun das Internationale Olympische Komitee als Feindbild ausgemacht, schließlich besiegte die Albiceleste Frankreich im letzten Finale der Weltmeisterschaft und die Spiele finden in Frankreich statt. Das Mascherano-Team hat nun zwar immerhin den schwierigsten Gegner hinter sich, muss aber in den nächsten Spielen gegen den Irak und die Ukraine aufs Ganze gehen. Für Marokko können die drei Punkte ein guter Start für einen Lauf wie ihn die A-Nationalmannschaft bei der WM 2022 nahm sein.
Tim Bosnjak, abseits.at
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Tim Bosnjak
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