Die Probleme von Galatasaray Istanbul
Weitere Länder 5.August.2017 Lorenz Bildstein 0
Im Moment läuft es nicht rund mit dem Fußball am Bosporus. Galatasaray Istanbul, der UEFA-Cup-Sieger aus dem Jahre 2000, scheiterte bereits in der zweiten Qualifikationsrunde zur Europa League am Außenseiter Östersunds FK aus Schweden.
Im letzten Jahr landete die Mannschaft von Trainer Igor Tudor nur auf dem vierten Tabellenplatz der Süper Lig. Dadurch wurde die direkte Qualifikation für das internationale Geschäft verpasst. Die Konkurrenz, insbesondere der Meister Besiktas Istanbul war in der Vergangenheit oftmals besser und breiter besetzt. Zudem gibt es derzeit beim 20-fachen türkischen Meister auch einige Problemfelder außerhalb des Platzes.
Abgang der Stars
Die Liste der Spieler die Galatasaray Istanbul in diesem Sommer verlassen haben ist überaus prominent besetzt. In der Innenverteidigung verloren die Türken mit Semih Kaya, Salih Dursun und Aurelien Chedjou gleich drei wichtige Spieler, die zu Sparta Prag respektive den direkten Konkurrenten Antalyaspor und Medipol Basaksehir wechselten. Mit dem erfahrenen brasilianischen Innenverteidiger Maicon vom FC Sao Paulo wurde bereits ein möglicher Nachfolger geholt. Die Zentrale der Abwehrreihe kann zukünftig von dem routinierten Brasilianer und dem jungen türkischen Nationalspieler Ahmet Calik gebildet werden. Auf den defensiven Außenbahnen werden der Norweger Martin Linnes sowie der Franzose Lionel Carole agieren.
Auch der Vertrag des niederländischen Topscorers Wesley Sneijder wurde zum Ende der Saison 2016/17 aufgelöst. Zwischen dem Spielmacher und seinem kroatischen Trainer Igor Tudor soll es Differenzen gegeben haben, die schließlich eine weitere Zusammenarbeit unmöglich machten. Durch den Abgang des spielstarken Mittelfeldspielers wird mindestens eine Position der offensiven Dreierreihe im bisherigen 4-2-3-1-System vakant. Ein möglicher Ersatz in den taktischen Überlegungen des Trainers stellt der von Dynamo Kiew verpflichtete marokkanisch-französische Offensivmann Younes Belhanda dar.
Mit dem Weltmeister Lukas Podolski verließ ein weiterer Eckpfeiler die Mannschaft nach zwei Jahren, um bei Vissel Kobe in Japans J-League eine neue Herausforderung zu suchen. Der deutsche Stürmer nahm in den vergangenen zwei Spielzeiten von der linken Flügelposition aus eine wichtige Rolle im Kombinationsspiel der Istanbuler ein. Auf der Mittelstürmerposition wurde mit dem 32-jährigen Bafetimbi Gomis von Olympique Marseille ein äußerst robuster Spieler geholt, der sich allerdings erst noch akklimatisieren muss. Wenn die benötigte Eingewöhnungszeit vorüber ist besitzt der ehemalige französische Nationalspieler über die Qualität um die Bälle seiner Mannschaft als Wandspieler im Zentrum festzumachen. Der direkte Konkurrent für diesen Startplatz ist der treffsichere und insgesamt ähnlich veranlagte Schweizer Angreifer Eren Derdiyok.
Weitaus schwerer wiegt allerdings der Verlust des aus Guinea-Bissau stammenden portugiesischen Nationalspielers Bruma. Der sprintstarke Außenstürmer unterschrieb bei RB Leipzig einen Vertrag bis 2022. In der laufenden Transferperiode gelang es der Führungsabteilung um Sportdirektor Cenk Ergün jedoch noch nicht, den Anhängern einen geeigneten Nachfolger für diesen explosiven Spielertypus zu präsentieren.
Verstöße gegen das Financial Fair Play
Doch es gibt auch Schwierigkeiten auf anderen Gebieten. Während der Saison 2015/16 wurde der Klub aus der türkischen Hauptstadt vom Internationalen Sportgerichtshof CAS für ein Jahr von sämtlichen europäischen Wettbewerben ausgeschlossen.
Die für solche Fälle zuständige Untersuchungskommission der Finanzkontrollkammer für Klubs (FKKK) wurde auf diesen Fall aufmerksam und meldete ihn an den europäischen Fußballverband.
In der damaligen Saison konnte der Verein bestimmte Voraussetzungen des Financial Fair Play (FFP) der UEFA nicht erfüllen. Der Saldo bestehend aus den Einnahmen und Ausgaben war nicht mehr deckungsgleich und der Verband musste das Profiteam sanktionieren.
Verbesserungspotenzial auf sämtlichen Ebenen
Die einzige Konstante im Team des Tabellenvierten ist der uruguayische Nationaltorhüter Fernando Muslera. Der ehemalige Torwart von Lazio Rom gilt als Identifikationsfigur und verlängerte erst kürzlich seinen Kontrakt vorzeitig um weitere drei Jahre.
Dennoch sieht der einst so ruhmreiche Spitzenklub unruhigen Zeiten entgegen. Die Fans im Türk Telekom Stadyumu werden nun das zweite Jahr hintereinander keinen europäischen Fußball in ihrem Stadion zu sehen bekommen. Die Süper Lig und der Pokal sind in absehbarer Zukunft die einzigen Wettbewerbe für die Mannschaft aus dem Stadtteil Beyoglu.
Vor dem Hintergrund des blamablen Ausscheidens in der Europa League erscheint es wahrscheinlich dass das Trainerteam von Galatasaray Istanbul zu Saisonbeginn eine deutlich mehr auf die Defensive bedachte Startelf aufstellen wird. Auch das Fehlen etlicher Schlüsselspieler sollte berücksichtigt werden.
Eine 4-3-3-Formation erscheint denkbar, um die horizontale Kompaktheit im eigenen Ballbesitzspiel sicherzustellen. Auch Gegentore nach Kontern gegen Spitzenteams aus der heimischen Liga würden durch die Hereinnahme eines weiteren Mittelfeldspielers effektiver unterbunden werden. Vor allem die Verpflichtung des brasilianischen Sechsers Fernando von Manchester City wäre sinnvoll. Der mittlerweile 30-Jährige ist pressingresistent und könnte das Angriffsspiel von Galatasaray aus tieferen Zonen heraus ankurbeln.
Es muss unbedingt ein Umbruch her denn die Qualität der Mannschaft wurde in individueller Hinsicht nicht verbessert. Aber der Weggang vieler Leistungsträger bietet auch eine Chance für andere talentierte Spieler die bis zum jetzigen Zeitpunkt kaum oder auch gar nicht gebraucht wurden. Besonders junge Spieler wie beispielsweise der zentrale Mittelfeldspieler Tolga Cigerci werden auf mehr Einsatzzeiten hoffen.
Im Moment ist die Konkurrenz mit den beiden Lokalrivalen Fenerbahce und Besiktas trotzdem zu stark für Galatasaray Istanbul. Die neuformierte Mannschaft wird sich zum Saisonstart erst einmal finden müssen. Wenn sich das kollektive Verhalten im Umschaltspiel von Offensive auf Defensive verbessert ist eine Platzierung im oberen Tabellendrittel realistisch. Auch sollte das Umfeld rund um den Verein auch in schwierigen Zeiten nicht die Ruhe verlieren.
Lorenz Bildstein, abseits.at
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Lorenz Bildstein
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