Die ungewöhnliche Karriere des Jay DeMerit (2) | Als der Barkeeper Spanien schlug
Weitere Länder 22.Januar.2014 Stefan Karger 0
Mit 23 Jahren sah Jay DeMerit eine Zeit lang keine Zukunft mehr als Fußballprofi und nahm einen Job als Barkeeper an. Er beschloss jedoch noch einmal in Europa sein Glück zu versuchen und spielte sich von der neunten englischen Spielstufe bis in die Premier League hoch. Im ersten Teil sahen wir uns seine Anfangszeit in den USA und seine weitere Vereinskarriere an. Heute blicken wir auf seine Leistungen im Nationalteam und analysieren, welche charakterlichen Eigenschaften es dem Abwehrspieler ermöglichten, seinen Traum einer Profikarriere doch noch in Erfüllung gehen zu lassen.
Seine Karriere im US-Nationalteam
Als Jay DeMerit im März 2007 seine Emails abrief, wollte er seinen Augen kaum trauen. Er sah eine Nachricht des US-amerikanischen Verbands, die ihm zur Einberufung in den Kader fürs Freundschaftsspiel gegen Guatemala gratulierte. Der Innenverteidiger war sich nicht ganz sicher, ob es sich nicht vielleicht um einen Scherz handeln würde, da er erwartete, dass in so einem Fall zuerst persönlich mit ihm Kontakt aufgenommen werden würde. Er war sich jedoch bewusst, dass seine starken Leistungen bei Watford in seiner Heimat auffallen würden und dass er sich über kurz oder lang einen Platz im Nationalteam erspielen könnte. Am Abend hatte er dann die Gewissheit, denn Trainer Bob Bradley meldete sich persönlich bei ihm und bestätigte die Echtheit der Nachricht.
Es dauerte eine Weile bis er sich einen Stammplatz unter Bradley im Nationalteam erspielte. Die etatmäßige Innenverteidigung bestand aus dem damaligen Fulham-Spieler Carlos Bocanegra und Oguchi Onyewu, der zwischen 2004 und 2009 bei Standard Lüttich spielte und unter anderem auch bei Newcastle United, AC Milan, Sporting Lissabon und dem FC Malaga unter Vertrag stand. 2007 gewann das US-Team den CONCACAF Gold Cup und qualifizierte sich so für den FIFA Confederations Cup 2009. Beim CONCACAF Gold Cup stand Jay DeMerit nur beim 2:0-Sieg gegen Trinidad & Tobago von Beginn an im Abwehrzentrum, zwei Jahre später spielte er beim Confederations Cup jedoch in allen Partien an der Seite von Onyewu, da sich Bocanegra im Vorfeld des Turniers verletzte. Bei diesem Turnier gelang ihm der Durchbruch, da er insbesondere beim sensationellen 2:0-Erfolg über Spanien im Semifinale eine grandiose Leistung abrief, die auch die spanischen Medien honorierten. Im Finale setzte es dann gegen Brasilien eine knappe 2:3-Niederlage.
Aufgrund dieser Leistungen war er fortan im Abwehrzentrum gesetzt und bestritt bei der WM 2010 als einziger Innenverteidiger seiner Mannschaft jede Minute des Turniers. In den Vorrundenspielen agierte er wieder neben Onyewu im Abwehrzentrum. Nach einem 1:1-Unentschieden gegen England und einem 2:2-Remis gegen Slowenien reichte ein 1:0-Sieg gegen Algerien um ins Achtelfinale vorzustoßen. In der letzten Gruppenpartie spielte Jay DeMerit 90 Minuten durch, obwohl er sich einen tiefen Riss in der Zunge zuzog, der mit fünf Stichen genäht werden musste. Im Achtelfinale bildete er mit Bocanegra die Innenverteidigung und schied nach einer 1:2-Niederlage gegen Ghana aus dem Turnier aus.
Obwohl er eine hervorragende Weltmeisterschaft spielte, setzte Bradleys Nachfolger Jürgen Klinsmann nach seiner Bestellung zum Teamchef auf andere Spieler und Jay DeMerit musste seine Teamkarriere unfreiwillig beenden.
Stillstand bedeutet Rückschritt
Es zeichnet Jay DeMerit aus, dass er sich in keiner Phase seiner Karriere mit dem bisher Erreichtem zufrieden gab. Als sein Traum der Einberufung ins Nationalteam in Erfüllung ging, sah er das als große Herausforderung an die nächste Entwicklungsstufe zu nehmen. Er war Stammspieler bei Watford, aber ihm war klar, dass in der Hackordnung im Nationalteam etwa 20 Spieler vor ihm standen. Er gab sich nicht damit zufrieden im Kader zu stehen, sondern wusste, dass er nun wieder von ganz unten anfangen musste. DeMerit meinte in einem Interview, dass dies einer der schönsten Aspekte seiner Karriere gewesen sei, dass er immer wenn er einen Schritt nach vorne machte, sofort eine neue Hürde fand, die er unbedingt überwinden wollte. Mit der Einberufung ins Team sah er sich somit nicht am Karriereziel angekommen, sondern ganz im Gegenteil, wieder an einem neuen Start. Es war für ihn nur ein weiterer Grund um noch einmal seine Grenzen zu hundert Prozent auszureizen.
Positives aus negativen Erfahrungen mitnehmen
Als Jay DeMerit in der neunten Spielklasse bei Southhall spielte lud ihn Oxford United zu einem Testspiel ein. Natürlich klammerte sich Jay DeMerit an die Hoffnung nun den Durchbruch zu schaffen, denn abgesehen von der unzufriedenstellenden sportlichen Situation wurde auch langsam das Geld knapp. Als er in der ersten Hälfte auf der Bank saß, war er sich sicher, dass er zumindest im zweiten Durchgang sein Können zeigen dürfte. Als die zweiten 45 Minuten angepfiffen wurden, saß er jedoch weiterhin auf der Bank und vertröstete sich damit, dass er jeden Moment eingewechselt werden würde. Im Endeffekt schickte ihn der Trainer erst nach 87 Minuten auf den Platz und der Innenverteidiger berührte nur einmal den Ball. Nach der Partie wurde ihm gesagt, dass man sich wieder bei ihm melden würde, was dann natürlich nicht geschah. Anstatt sich nun jedoch von diesem kuriosen Vorspielen entmutigen zu lassen, gewann Jay DeMerit der Erfahrung positive Seiten ab. Er sagte sich, dass er dem Viertligisten immerhin positiv auffiel, da er sonst die Einladung nicht erhalten hätte.
Eine gesunde Selbsteinschätzung
Jedes Mal wenn Jay DeMerit bei einem Verein vorspielte, war er sich seiner Situation bewusst. Im besten Fall wurde er als US-Amerikaner von den Konkurrenten belächelt, im schlimmsten Fall sahen die Mitspieler ihn als jemanden, der ihnen ihren Platz in der Mannschaft streitig machen würde. Der Abwehrspieler meinte, dass es Fußballer gibt, die sich bei solchen Testspielen unpassend verhalten und ihre Lage nicht richtig einschätzen. Jay DeMerit behandelte seine potenziell künftigen Mitspieler stets mit großem Respekt, war freundlich sobald er in die Kabine ging und knüpfte durch seine offene und ehrliche Art viele Freundschaften. Er ging stets mit einer großen Demut an seine Aufgaben heran und schätzte dabei sich und seine Lage stets realistisch ein. Dazu gehört auch sich über seine Stärken und Schwächen im Klaren zu sein. Er wusste, dass sein Aufbauspiel aus der Abwehr heraus verhältnismäßig schwach war und vermied daher stets riskante Situationen, was auch seine Trainer an ihm schätzten. Er war sich bewusst, dass er nie zu der absoluten Weltspitze gehören würde und dass er nur durch eine vorbildhafte Einstellung und extrem harter Arbeit überhaupt so weit kommen kann. Man kann durchaus sagen, dass er im Rahmen seiner Fähigkeiten das Optimum aus seiner Karriere herausholen konnte.
Mit dem Dokumentarfilm „Rise & Shine – The Jay DeMerit Story“ will er jungen Talenten Hoffnung machen. Sie sollen ihren Traum nicht aufgeben, auch wenn sie von MLS-Teams übersehen werden und nicht mehr an eine Karriere als Fußballprofi glauben. Seine Geschichte ist jedoch nicht nur für angehende Fußballer eine große Motivation, sondern kann auch uns als positives Beispiel dienen, wenn es darum geht persönliche Ziele zu erreichen. Denn wenn sich ein ausgemusterter US-Amerikaner mit 23 Jahren in England als Fußballprofi durchsetzen kann, wird klar, dass sich mit der richtigen Einstellung auch unrealistisch wirkende Ziele manchmal verwirklichen lassen.
Stefan Karger, www.abseits.at
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