Fußball in Dschibuti – gleichermaßen fußballbegeistert wie erfolglos
Weitere Länder 21.Oktober.2012 Alexander Semeliker 0
Im Osten Afrikas gibt es ein Land, das am meisten für seine wirtschaftlichen und sozialen Probleme bekannt ist. Diese umfassen von einer hohen Arbeitslosenrate und fehlender Bildung bis hin zu Armut und Prostitution alle Themengebiete. Allerdings bringt dieses Land auch eine große Begeisterung für Fußball auf. Die Rede ist von der rund 500.000 Einwohner großen Republik Dschibuti, in der 90% der Bevölkerung dem runden Leder nachjagen.
Doch trotz dieser Begeisterung ist der fußballerische Erfolg mehr als überschaubar. In der FIFA-Weltrangliste liegt man zehn Plätze vor dem Ende auf Rang 197, der einzige Pflichtspielsieg datiert vom 16. November 2007 – ein 1:0 gegen Somalia. Dementsprechend fällt die Bilanz hinsichtlich einer Qualifikation für ein Großereignis aus: weder die Endrunde einer Weltmeisterschaft noch jene eines Afrika Cups wurde bisher jemals erreicht.
Arbeitslosigkeit und Proteste
Wie viele afrikanische Nationen leidet Dschibuti unter einer hohen Arbeitslosenrate – 2005 waren 60% der Bevölkerung ohne Job –, niedrigem Einkommen, hohen Lebenserhaltungskosten – das billigste Fleisch kostet mehr als die Hälfte des Durchschnittslohns eines Dschibutier – und natürlich Armut. Das alles hat selbstverständlich große Auswirkungen auf den Sport in einem Land, das auf finanzielle Unterstützung von den USA und Frankreich angewiesen ist.
Die beiden Wirtschaftsgroßmächte zahlen rund 55 Millionen Dollar pro Jahr dafür, dass Dschibuti Land für ihre Militärstützpunkte bereitstellt. Ein weiterer Hauptgrund dafür, dass Dschibuti an den Qualifikationen für den Afrika Cups 2004, 2008, 2012 und 2013 nicht teilnahm, ist die Ablehnung gegen die Guelleh-Familie. Immer wieder gehen die Bürger auf die Straßen um gegen deren 34 Jahre lange Herrschaft zu protestieren und den Wunsch nach Demokratie zu äußern.
Nationale Strukturen
Gegründet wurde der dschibutische Fußballverband FDF (Fédération Djiboutienne de Football) 1979, zwei Jahre nachdem das Land seine Unabhängigkeit von Frankreich erklärte. Seit 1986 ist Dschibuti Mitglied des CAF, seit 1994 gehört man der FIFA an. Die ersten Spiele wurden bereits kurz nach dem zweiten Weltkrieg absolviert, so verlor man als „Französisch-Somaliland“ am 1. Mai 1947 gegen Äthiopien 5:0. Den höchsten Sieg in der Geschichte des FDF fuhr man am 26. Februar 1988 gegen Jemen (4:1) ein. Die Spitze des dschibutischen Ligasystems bildet die sogenannte Djibouti Premier League, die 1987 ins Leben gerufen wurde und zehn Teams umfasst.
Rekordchampion ist Force Nationale Securité, das insgesamt sieben Titel gewann, wobei der letzte schon elf Jahre zurückliegt. Dominiert wird die Liga aktuell von der AS Port, die die letzten drei Austragungen gewann und obendrein 2010 und 2011 auch noch den nationalen Pokal holte. In den Jahren 1989, 1990, 1992 und 1993 musste der Fußball der Gewalt weichen, denn jahrelange Spannungen zwischen den beiden ethnischen Gruppen, Issa und Afar, mündeten in einem Bürgerkrieg. In der bisherigen Ligahistorie gab es erst ein einziges Team, das nicht aus der Hauptstadt Dschibuti kam und Meister wurde – AS Ali Sabieh Djibouti Telecom 2009.
Internationale Auftritte
In kontinentalen Begegnungen schneiden Fußballklubs aus Dschibuti im Allgemeinen ähnlich schlecht ab wie das Nationalteam, das vom Ägypter Ahmed Abdelmonem betreut wird. Verantwortlich dafür sind nicht nur die schlechten finanziellen Mittel, wegen derer Société Immobiliére de Djibouti (S.I.D), Meister von 2008, vom CECAFA Club Cup ausgeschlossen wurde. Ähnlich wie Mauretanienhat das Land nämlich auch mit infrastrukturellen Problemen zu kämpfen. Nur das Stade du Ville, das 10.000 Zuschauer fasst, in der Hauptstadt Dschibutigenügt den internationalen Standards. Zudem gibt es nur wenige Spieler, die im Ausland tätig sind, wie etwa der 26-jährige Mittelfeldspieler Mohammed Liban Issa, der in Südafrika bei Dynamos Polokwane unter Vertrag steht. Aufgrund dieser Tatsachen ist es also gut nachzuvollziehen, dass hohe Niederlagen keine Seltenheit sind und Ahmed Daher vom albanischen Zweitligisten KF Çlirimials internationaler Rekordtorschütze lediglich vier Treffer am Konto hat.
Geben und Nehmen
Im Rahmen der GOAL-Projekte griff die FIFA 2006 auch Dschibuti unter die Arme, in dem sie ein Programm startete, mit dem Ziel neue Infrastrukturen und Trainingsutensilien zur Verfügung zu stellen, um den allgemeinen Fitnesslevel zu steigern, sowie die Trainer im medizinischen und technischen Bereich zu unterstützen. Die FIFA schloss sich auch mit der UNICEF zusammen um die Popularität des Fußballs als Mittel zur Vorbeugung gegen HIV bzw. Aids zu nutzen, was angesichts der steigenden Rate an Prostitution ein großes Problem ist. Weiters spendete der FDF Ausrüstung für 17 nationale Fußballteams und 60 Vereinen quer durchs Land. Das half auch dem Frauenfußball, sorgte dafür, dass die Teams im ganzen Land regelrecht aus dem Boden sprießten und sie nun nicht nur in der Hauptstadt beheimatet sind, was ebenfalls ein bekanntes Problem in Fußball-Entwicklungsländern ist.
Es ist aber keinesfalls so, dass Dschibuti nur auf der Suche nach Hilfe ist, man bietet sie auch selbst an. So wurde etwa das ebenso arg gebeutelte Somalia in diesem Jahr zu einem hochrangigen FIFA Schiedsrichterkurs eingeladen und Fußballplätze zur Austragung somalischer Spiele zur Verfügung gestellt. Da in Somalia nicht ausreichende Sicherheit gewährleistet werden kann, müssen die Teams immer wieder in Nachbarländer ausweichen. Verantwortlich für derartige Aktionen ist Hussein Fadoul Dabar, der Präsident der FDF, der heuer für den Vorsitz der CECAFA kandidieren wollte. Allerdings wurde er wenige Tage vor der Wahl aufgrund von Unstimmigkeiten mit Dschibutis Sportminister, Jama Elmi Ukiye, unter Hausarrest gestellt. Obwohl die Voraussetzungen für zeitgemäßen Fußball in Dschibuti kaum gegeben sind und man zu den schlechtesten Teams der Welt zählt, ist die Bereitschaft und das Engagement etwas zu verbessern in hohem Ausmaß gegeben – etwas, das sicherlich nicht selbstverständlich ist.
Alexander Semeliker, abseits.at
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