Fußball in Mauretanien – Modernisierung als Schlagwort der Zukunft
Weitere Länder 4.Oktober.2012 Alexander Semeliker 0
Die islamische Republik Mauretanien ist bekannt für ihr trockenes Klima und stechend heiße Temperaturen, Unruhen, langzeitige ethnische Konflikte, Arbeitslosigkeit und Sklaverei – eine beschämende Sache, die das Land trotz der „offiziellen Abschaffung“ vor über 30 Jahren noch immer prägt. In sportlicher Hinsicht hat diese Nation aber nicht viel erreicht, besonders wenn es um den populärsten Sport der Welt geht – Fußball.
Der mauretanische Fußball-Verband, die Fédération de Foot-Ball de la Républic Islamique de Mauritanie (FFRIM), wurde 1961 gegründet. Sieben Jahre später wurde man Mitglied des afrikanischen Fußballverbands CAF, 1971 trat man der FIFA bei. Die Nation, die Teil des afrikanischen Maghreb ist, feierte bisher kaum Erfolge im Fußball, war beispielsweise vor einem 2:1 gegen Simbabwe im November 2003 ganze acht Jahre lang sieglos. Während ihrer letzten Qualifikation für den Afrika Cup verloren die Mourabitounes jedes ihrer sechs Spiele.
Politische Probleme
Viele Jahre litt Mauretanien unter Problemen abseits des Fußballs. 1989 kam es zu Machtkämpfen zwischen den zwei ethnischen Gruppen – Araber und Schwarzafrikaner – die in jahrelangen Spannungen und Ausschreitungen mündeten. Viele Schwarzafrikaner wurden in die Nachbarländer Senegal und Mali deportiert, staatlich-gefördertes Morden gegen sie wurde autorisiert, genauso wie die Abschiebung von Zehntausenden von ihnen durch die Regierung und den Militärdienst. Tausende Mauretanier (ungefähr 50.000 bis 100.000) – vor allem Schwarzafrikaner – müssen als Sklaven in nordafrikanischen Ländern leiden, obwohl Sklaverei 1981 offiziell verboten wurde – als letztes Land der Welt vollzog Mauretanien diesen Schritt.
Diese Spannungen und Ausschreitungen waren – gemeinsam mit dem Grenzkrieg mit Senegal in den Jahren 1989 und 1990 – die Ursache für die Destabilisierung der Regierung, was zu zahlreichen Staatsstreichen führte. Das hatte selbstverständlich auch Auswirkungen auf die Fußballszene, verursachte Unterbrechungen der nationalen Meisterschaft, die in den Jahren 1980, 1989, 1996 und 1997 erst gar nicht abgehalten wurde.
Fehlende Infrastruktur und Interesse
Ein Grund dafür waren nicht nur die Ausschreitungen an sich oder finanzielle Probleme, sondern auch das Fehlen von Sponsoren in diesem Land, wo selbst das nationale Fernsehen Fußballübertragungen abgeneigt ist. Dieses fehlende Interesse der breiten Masse führte dazu, dass die qualitativ ohnehin schon schlechte Liga von Klubs aus der Hauptstadt Nouakchott dominiert wird – 26 von 32 Entscheidungen gingen an sie. Dass darunter die Infrastruktur leidet – es gibt nur zwei offizielle Stadien, Stade Olympique und Stade Sebkha, mit jeweils 40.000 Zuschauern Kapazität –, ist nur eine logische Konsequenz.
Das Stade Olympique, welches man als Hauptstadion bezeichnen kann und am öftesten benutzt wird, entspricht nicht den FIFA-Anforderungen und besitzt seit 17 Jahren den gleichen Rasen. „Das Hauptproblem ist, dass es keine adäquate Infrastruktur gibt. Das ist ein großes Problem, denn wenn wir Fußball weiterentwickeln wollen, brauchen wir ordentliche Voraussetzungen“, sagte der ehemalige Nationaltormann Ba Sangare. Auch die Umwelt meint es mit dem 3,2-Millionen-Einwohner-Staat nicht gut. Eine großflächige Heuschreckenattacke zerstörte 2007 zum Beispiel ein Fußballstadion, als die Insekten den gesamten Rasen auffraßen.
Weiterentwicklung in den letzten Jahren
Der mauretanische Fußballverband versuchte, mit Hilfe der FIFA, den Sport im Lande zu verbessern als bei der Präsidentschaftswahl 2011 erstmals demokratische Ansätze gewählt wurden. Gewonnen hat damals Ahmed Merhba Ould Abderrahmane, unter dessen Leitung neue Richtlinien eingeführt wurden um die Qualität und Struktur der Ligen zu verbessern. Diese beinhalteten die Vorschrift eines Budgets in Höhe von fünf Millionen Ouguiyas (12.961 Euro), um zumindest acht bezahlte Spieler zu versichern, und die Einstellung von bezahltem Fachpersonal. Die FFRIM setzte ebenfalls ein striktes Budgetlimit für die Mannschaften der ersten und zweiten Liga in Höhe von 60.000 Euro durch.
Im März diesen Jahres eröffnete die FFRIM ein Nachwuchszentrum in Nouadhibou, das stolze 241 Millionen Ouguiyas (rund 627.000 Euro) kostete. Weiters in Planung sind ein neues Olympiastadion, ein 20.000-Sitzer in der Hauptstadt Nouakchott und die nationenweite Weiterentwicklung der Spielfelder. Die Premier League wurde von neun auf 14 Klubs aufgestockt, während versucht wird die Anzahl an Zweitligisten auf 16 zu erhöhen und eine dritte Spielklasse einzuführen.
Aufmerksamkeit rund um den Globus
In Zusammenarbeit mit der FIFA im Rahmen derer GOAL-Projekte in den Jahren 2001, 2004 und 2008 wurde die Konstruktion des Verbandshauptquartiers, des technischen Zentrums, Schulungszentren und die Einsetzung von Kunstrasen ermöglicht – Kostenpunkt: rund eine Million Euro. Außerdem wurden dem Land 400 Paar Fußballschuhe gespendet und laut dem Verbandspräsidenten soll auch eine Fußballakademie wiederöffnet werden und künftig eine wöchentliche Berichterstattung des Staatssenders Mauritania TV geplant sein.
Auch sportlich ging es mit der nordwestafrikanischen Republik bergauf. So erreichte der Klub ASC Tevragh Zeina im Februar 2011 als erster mauretanischer Verein seit 1994 die zweite Vorrunde des CAF Confederation Cups – in etwa dasselbe wie hierzulande die Europa League. Zudem sucht die FFRIM auch über die eigenen Grenzen hinaus nach Verstärkungen. Zum Beispiel wurde Eric Descombes, langjähriger Verteidiger in der amerikanischen MLS, Anfang dieses Jahrtausends dazu überredet seine Schuhe für das mauretanische Nationalteam zu schnüren. Neben Spielern aus Griechenland, Rumänien und den unteren französischen Ligen, spielten auch einige afrikanischstämmige Kicker für Mauretanien.
Hauptziel Weltmeisterschaft
Trotz dieser erwähnten Erfolge hat das Land noch einen steinigen Weg vor sich um sich vom derzeitigen 204. Rang des FIFA-Rankings nennenswert zu entfernen. Unordnungen und finanzielle Problemen innerhalb der FFRIM zwangen den Verband sich von der Qualifikation für den Afrika Cup 2012 zurückzuziehen, wofür man für drei Jahre vom CAF suspendiert wurde. Auch die Teilnahme am Amilcar Cup, wo man 1995 als Zweiter den größten Erfolg feierte, musste man absagen, was insofern bitter war, als man als Gastgeber vorgesehen war. Bereits 1990 musste die FFRIM wegen den Auseinandersetzungen mit Senegal als Veranstalter absagen.
„Unsere Mannschaft ist jung und dynamisch. Hervorgegangen ist sie nicht nur aus dem Fußballmilieu, sondern auch aus dem Privatsektor. Wir wollen diese Erfahrung dem Verband zur Verfügung stellen und den Fußball modernisieren“, so Ould Abderrahmane, angesprochen auf seine Wünsche. „Dabei verfolgen wir zwei Hauptziele: Die Qualifikation Mauretaniens für eine FIFA Fußball-Weltmeisterschaft oder einen Afrikanischen Nationen-Pokal sowie die Organisation eines afrikanischen Wettbewerbs mit Hilfe öffentlicher Mittel gleich welcher Art.“
Alexander Semeliker, abseits.at
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