Fußballschule Bubamara: ein Wegweiser für die Zukunft des Nachwuchsfußballs?
Weitere Länder 14.Februar.2013 Rene Maric 1
Die Jugendschule Bubamara ist hierzulande unbekannt, doch in Insiderkreisen gilt sie als ein Novum und Wegweiser für die Zukunft des Nachwuchsfußballs .
Das Auffällige bei der „Fußballschule Bubamara“ ist, dass sie zu keinem Verein gehört. Man kooperiert zwar mit Inter Mailand und erhält von dort Ausrüstung gesponsert, doch die bosnische Institution ist komplett unabhängig und hat auch keine eigene erste Mannschaft.
Es ist eine reine Schule für Fußball mit dem Ziel, möglichst vollkommene Spieler auf eine Profikarriere vorzubereiten. Die Schule wurde am 15. Mai 1993 als Nachfolger des Sportvereins Betaclub Sarajevo gegründet und nimmt Kinder und Jugendliche im Alter zwischen fünf und 18 Jahren auf. Ihre Schüler werden nicht nur technisch auf das Leben als angehender Fußballer vorbereitet, sondern kommen mit neuesten Trainingsmethoden in Kontakt – es gibt psychologische Beratungsstellen, einen eigenen Physiotherapeut und auch auf die pädagogischen Aspekte wird gesondert geachtet.
Es wird darauf Wert gelegt, dass die Trainingsmethoden auf dem aktuellsten Stand der Dinge sind und es wird besonders stark mit Spielformen gearbeitet. Es wird viel mit dem Ball trainiert und die Schüler sollen Spaß bei den Einheiten haben. In der Vereinssatzung heißt es, dass den angehenden Profis auch die Aspekte Teamgeist, Fairness und Freundschaft vermittelt werden sollen – gleichzeitig wird für alle auch abseits des Sports viel getan. Die Schüler werden psychologisch betreut und erhalten bei privaten Problemen Hilfe von ausgebildeten Psychologen und Psychotherapeuten. Weiters werden Urlaube und Camps organisiert, sowie Kurse für Fremdsprachen, Informatik und vieles mehr angeboten.
Der Fußballer soll also entsprechend eines ganzheitlichen Prinzips in allen Ebenen vorbereitet werden – so gibt es an einem der Absolventen, dem aktuellen Jungprofi Faris Handzic beim FK Sarajevo, besonders großes Interesse aus dem Ausland, weil er bereits mit fremden Kulturen in Kontakt kam und gesonderte Schulungen erhielt. Eine Zeit bei Inter Mailand als Austauschfußballer und eine Zeit in Barcelona bei Espanyol kann man in seiner Vita nachverfolgen.
Wie sieht der Trainingsplan aus?
Der genaue Trainingsplan für die jeweiligen Altersgruppen ist genau konzipiert. Bereits die 5-Jährigen werden psychologisch getestet und geschult. Dabei ist keine Diagnostik im Sinne der Suche nach psychischen Störungen gemeint, sondern eine Art Charakterprüfung. Ist der Spieler schüchtern? Wie soll der Trainer am besten auf ihn eingehen, um ihm ein Gefühl des Wohlfühlens (sowie daraus resultierend der maximalen Nutzung seines Potenzials) zu geben?
Diese psychologischen Aspekte sind die einzigen fixen Punkte, die sich durch alle Altersgruppen hindurchziehen. Bei der Balltechnik wird nach Basistechnik, spezieller Technik und rationaler Technik unterschieden. In die erste Gruppe, welche bis zum elften Lebensjahr gelehrt wird, gehören die Basisaspekte wie Ballverarbeitung und ähnliches. So wird bei den 7-Jährigen die Ballkontrolle am stärksten trainiert, im Folgejahr die Ballübergabe, also das Passspiel, danach die richtige Ballverarbeitung und mit zehn dann die Ballabnahme vom Gegner.
Ab dem elften Lebensjahr wird ein stärkerer Fokus auf Aspekte wie Abschluss unter Bedrängnis oder Kombinationsspiel in der Enge und mit hohem Tempo gelegt, während in der Schlussphase ab dem 15. Lebensjahr die Bewegung im Mannschaftsverbund, im Offensiv- und Defensivspiel forciert wird.
Ganz nach dem Vorbild La Masia oder den niederländischen Fußballschulen wird auch in Bosnien der Aspekt Kraft und Körperlichkeit klein geschrieben. Von fünf bis elf wird hauptsächlich die Koordination geschult, danach beginnt das Training einer größeren Robustheit in Zweikämpfen und ähnlichem, welche bis zum 18. Lebensjahr den Großteil des Trainings einnimmt. Größe oder ähnliches ist hier nicht wichtig, es geht eher um eine Anpassung des eigenen Körpers, welcher Form auch immer, an den Gegner und die Spielbegebenheiten.
Kondition im aeroben Bereich wird erst ab dem 15. Lebensjahr gezielt trainiert, denn im körperlichen Bereich wird das Hauptaugenmerk auf die Schulung der Dynamik und Schnelligkeit gelegt. Diese wird bereits ab dem fünften Lebensjahr trainiert, um die Grundlagen früh zu erlernen. Das Motto lautet dabei, dass ein schneller Spieler nicht robust sein muss, weil er dem Zweikampf aus dem Weg gehen kann.
Interessant ist auch der große Fokus auf taktische Aspekte. Mit elf Jahren wird in der Individualtaktik gearbeitet: das Zurechtfinden auf dem Feld und der Position, das Eingehen auf die Stärken und Schwächen des Spielers und wie diese verstärkt, ausgebessert oder umgangen werden können. In den nächsten beiden Jahren geht es um die Gruppentaktik. Wie löst man Situationen im Kollektiv am besten? Wie kombiniert man sich aus Szenarien heraus oder kommt ideal zum Abschluss? Wie verteidigt man im Pressing zu dritt, viert oder fünft?
Erst danach kommt die Mannschaftstaktik, also die genauen Zuordnungen auf den jeweiligen Positionen und in unterschiedlichen Formationen. Diese wird in den letzten vier Jahren der Fußballschule gemeinsam mit der Spielintelligenz beziehungsweise der „rationalen Technik“ trainiert und in diesen Jahren erhalten die angehenden Absolventen ihren letzten Schliff; auch in psychologischer Hinsicht.
Ihre Fortschritte werden gemessen, mit den Daten über die Jahre verglichen und zur weiteren Nutzung künftiger Schüler aufbereitet. Auf der Seite vom FC Bubamara finden sich beispielsweise sogar die Laufdaten der Spieler der letzten 18 Jahrgänge, ihren Leistungen auf unterschiedlichen Sprintdistanzen in unterschiedlichen Situationen.
Seit 2003 gibt es auch eine Abteilung für Hallenfußball, wo mit Kindergärten zusammengearbeitet wird. Alleine für die Kindergartenkinder gibt es insgesamt zehn Trainer, darunter sind mehrere Ex-Profis, eine Gymnastikexpertin, mehrere promovierte Kinesiologie- und Sportstudenten sowie diplomierte Fußballlehrer – und sogar ein Chefkoch.
Fazit
Große Erfolge sind schwer messbar. Es wird zu Beginn kein Auswahlkriterium getroffen, ergo können auch talentlose Spieler in die Fußballschule. Dort werden die jeweiligen Spieler dann in unterschiedliche Teams geteilt und spätestens mit 18 Jahren gehen sie ihrer Wege. Die meisten schaffen den Weg zum Profis, einige konnten bereits für die bosnische Nationalmannschaft auflaufen.
Andere hingegen machen sich bereits in der Jugend interessant. Armin Cerimagic (1994er-Jahrgang) wechselte zu Inter Mailand und von dort nach Belgien. Aktuell ist er dort in der 2. Liga tätig als Leihgabe von KAA Gent an Eendracht Aalst. Jungstar Alden Besic wechselte wie Faris Handzic zum FK Sarajevo und Ersterer ging sogar von dort nach Valencia, während Handzic als knapp 17jähriger schon in der CL-Qualifikation auflaufen durfte. Wird sich dieser Trend fortsetzen? In den Anfangsjahren der Akademie, welche Jahrgänge ab 1986 verzeichnete, gab es selten mehr als 15 Spieler. 2000 waren es ganze achtzig Akteure. Wer weiß, wie viele davon die bosnische Liga oder vielleicht Europa bereichern werden. Eines ist sicher: das Konzept ist allemal interessant.
René Maric, www.abseits.at
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