Am ersten Spieltag der Ligue 1 gastierte der von Ranieri übernommene FC Nantes beim OSC Lille, welche ihr erstes Pflichtspiel unter Marcelo Bielsa bestritten. Das 3:0 von Lille war eine überzeugende Leistung und deutete das Potential an, welches in der Mannschaft mit ihren vielen Neuzugängen steckt.
Grundformationen
Lille formierte sich bei eigenem Ballbesitz im Bielsa-typischen 3-3-3-1. Die Wingbacks Ballo Toure und Malcuit besetzten die Flügel, während die Offensivspieler El Ghazi und Araujo sich im Halbraum positionierten. Kapitän Ibrahim Amadou, welcher eigentlich zentraler Mittelfeldspieler ist, übernahm die Position des zentralen Innenverteidigers in der Dreierkette von Lille.
Der FC Nantes stand im klassischen 4-4-2, welches sie auch nur selten variierten. Hin und wieder wechselten Kacaniklic und Iloki auf den Flügeln die Seiten, was jedoch wirkungslos blieb.
Spielaufbau und Rechtsfokus
Dadurch dass Nantes im Grunde nie ein Angriffspressing betrieb, konnte der Verteidiger in Ballbesitz oft problemlos vorrücken, ohne attackiert zu werden und dann einen spieleröffnenden Pass geben. Unterstützt wurde das auch von den Bewegungen von Thiago Mendes, der oftmals auswich und einen Passweg auf einen der Offensivspieler Lilles öffnete. So ließ sich dann zum Beispiel der Zehner Benzia fallen und bat sich den drei Verteidigern als Anspielstation an. Auch die Spieler auf den Außen, vor allem Malcuit, wurden aktiv in den Spielaufbau miteingebunden.
Dass Malcuit so herausstechen konnte, lag unter anderem auch am starken Rechtsfokus von Lille. So wich Benzia oft nach rechts aus um den Raum zu überladen. Hier wollte Bielsa wahrscheinlich die Langsamkeit von Linksverteidiger Dubois und Innenverteidiger Pallois in der Abwehr von Nantes ausnutzen.
Auch Anwar El Ghazi konnte so am rechten Flügel seine Klasse zeigen, indem er oft nach innen zog und im Eins gegen Eins überzeugte. Den Flügelspielern und dem Zehner Benzia wurden immer wieder Räume geöffnet, da Solospitze De Preville sich oft fallen ließ und so einen Innenverteidiger aus der Viererkette riss.
Auf links positionierte sich Ballo Toure als linker Wingback teilweise zu defensiv, wodurch Spielverlagerungen auf ihn unmöglich wurden, welche jedoch wichtig gewesen wären, da er oft als ballferner Akteur sehr großen Raum vorfand. Aus diesem Grund wurde er zur Halbzeit womöglich auch durch Kouame ersetzt, welcher höher spielte als Ballo Toure. Diese Auswechslung zur Halbzeitpause beendete dann auch den intensiven Rechtsfokus von Lille. So kam es dann auch, dass das erste und das dritte Tor der Partie durch eine Flanke von Kouame auf links eingeleitet wurden.
Pressing und Mannorientierungen
Ranieri wusste über das aggressive Angriffspressing von Bielsa-Mannschaften Bescheid, da Torwart und Innenverteidiger von Nantes in dieser Partie den Ball fast immer nach vorne bolzten, um nicht unter Druck gesetzt werden zu können und den Ball zu verlieren. Diese Art des Spielaufbaus ist jedoch natürlich eine sehr ineffiziente Methode, den Ball zu halten, weswegen Lille immer wieder die entsprechenden Kopfballduelle gewinnen konnte und den Ball eroberte.
Bei gegnerischem Ballbesitz agierte Lille in einem 5-4-1, teilweise im 5-3-2, wobei Benzia und Thiago Mendes auf einer Linie im zentralen Mittelfeld standen. Hier konnte man auch die Mannorientierungen beobachten, die für Mannschaften von Marcelo Bielsa so typisch sind. Benzia und Mendes deckten Nantes’ zentrale Mittelfeldspieler Toure und Rongier. Vor allem wenn das Team von Ranieri den Ball auf den Flügel besaß, pressten die Spieler auf den Außen recht aggressiv an, zum Beispiel El Ghazi und Malcuit, während die bereits erwähnten Mannorientierungen die Passwege ins Zentrum zustellten.
Durch die teilweise sehr kompakte Positionierung der Offensivspieler von Lille, wurde auch das Gegenpressing erleichtert, da man so nach Ballverlusten schneller umschalten und den Ball zurückerobern konnte.
Fazit
Der OSC Lille spielte eine gute Partie, profitierte jedoch auch davon, dass ihr Spielaufbau nie wirklich unter Druck gesetzt wurde. Die Dreierkette, vor allem Torschütze Junior Alonso und Kapitän Ibrahim Amadou, agierte aber sehr ballsicher und wird sich wohl auch gegen aggressiver und höher pressende Mannschaften auszeichnen können. Neuzugang Kevin Malcuit lieferte eine extrem gute Partie ab, ebenso wie El Ghazi und der eingewechselte Rominigue Kouame. Königstransfer Thiago Maia spielte nur einige Minuten und Nicolas Pepe, der von Angers kam, wurde gar nicht eingesetzt. In dieser Mannschaft schlummert also noch sehr viel Potential und man kann gespannt sein, wie sich die Bielsa-Truppe gegen stärkere Gegner anstellt.
Man sah in dieser Partie außerdem wieder, dass man „El Loco“ Bielsa nicht auf ein aggressives Pressing reduzieren sollte. Das Ballbesitzspiel mit den ausweichenden Bewegungen von Mendes, dem Zurückfallen von De Preville, sowie dem guten Spielaufbau der Verteidigung war durchaus beeindruckend.
Moritz Pamminger, abseits.at
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Moritz Pamminger
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