Um es gleich vorweg zu nehmen: Wie vieles in der Schweiz ist auch der Besuch eines Fußballstadions keine Okkasion, man sollte sich also genug... Groundhopper´s Diary – Eklatante Abschlussschwäche kostet dem FC Luzern wertvolle Punkte im Kampf um den Klassenerhalt.

Um es gleich vorweg zu nehmen: Wie vieles in der Schweiz ist auch der Besuch eines Fußballstadions keine Okkasion, man sollte sich also genug Geld einstecken, um auf nichts verzichten zu müssen. Die heutige Begegnung versprach von der Ausgangssituation her keinen fußballerischen Leckerbissen, sondern vielmehr Abstiegskampf um jeden Zentimeter. Doch alles der Reihe nach.

Die Anreise

Diese erledigte der Groundhopper mittleren Alters bequem im Flugzeug. Angekommen in Zürich reiste er genauso bequem mit der bestens beschilderten Bahn weiter, die ihn mit der sprichwörtlichen schweizerischen Pünktlichkeit bis Luzern brachte. Die vor dem Spiel noch vorhandene Zeit nützte er zu einem ausgiebigen Spaziergang an der Promenade des Vierwaldstädtersees (noble Sache) und der Umgebung des Stadions (schöne Gegend). Der Eintrittspreis war wie gesagt etwas geschmalzen, passte sich jedoch dem übrigen Preisniveau an. Die Heimstätte des FZ Luzern ist mit der 2011 eröffneten Swissporarena ein modernes Stadion mit allen Vor- und Nachteilen, die ein solches mit sich bringt. So gibt es keine Laufbahnen und die Tribünen sind recht steil gebaut, was auf den Längsseiten eigentlich überall gute Sicht garantiert – man befindet sich zudem relativ nahe am Geschehen. Die Sektoren hinter den Toren sind den Hardcore-Fans vorbehalten. Leider gibt es auch hier eine Bezahl-Karte ohne die Möglichkeit einer Barzahlung am Buffett. Heißt für den Groundhopper zweimal mehr anstellen. Dafür gab es ein großes Angebot an Speisen, das über herkömmliches Stadion-Futter zu stellen ist. Wie auch immer, wegen der Kulinarik war der Groundhopper aber nicht angereist, er wollte beinharten Abstiegskampf sehen. Doch zuerst einmal zu den Protagonisten:

Die Vereine

Der FC Luzern wurde 1901 aus einer Hobbymannschaft gegründet, die in einer Liga spielen wollte und sich daher vereinsmäßig aufstellen musste. Das erste Wettspiel wurde aber erst 1903 ausgetragen und mit 2:1 verloren. Die Geschichte verlief dann mit wechselhaften Erfolgen, doch zumeist spielte man in der höchsten oder zweithöchsten Spielklasse und zu Anfangs sogar mit dem einen oder anderen internationalen Auftritt. Die Bemühungen der Spieler fanden bei den Zusehern stets zwiespältige Resonanz – spielte man gut, kamen viele, spielte man schlecht, dann tat man dies zuweilen unter Ausschluss der Öffentlichkeit. Anfang der siebziger Jahre wurde der Verein schließlich zu einer Vollprofimannschaft, die Erfolge blieben aber wechselhaft wie bisher. Ein paar Abstiege, ein paar Aufstiege, ernsthaft in Gefahr in der Bedeutungslosigkeit zu verschwinden war der Verein jedoch nie. Später wurde auch das Finanzgebaren professionalisiert und 1980 der „Club der 200“ gegründet, ein Sponsorenpool, der den Verein bis heute verlässlich finanziert. Die beste Zeit hatte der Verein von Mitte der achtziger bis Mitte der neunziger Jahre, als man national und international erfolgreich war und 1989 Schweizer Meister wurde. Danach ging es bergab, selbstdarstellerische Vereinsbosse, zwielichtige „Berater“ und falsche Trainer- und Spielerverpflichtungen gipfelten in einem Konkurs 2002. Nach einigen schwierigen Jahren kehrte mit Trainer Rolf Fringer der Erfolg zurück. 2011 wurde er von Murat Yakin beerbt, der dessen erfolgreiche Arbeit bis Mitte 2012 weiterführte und 2012 Vizemeister wurde. Der Start in die Saison 2012/13 misslang jedoch völlig, auf ein Ausscheiden im Playoff der Europa League folgte ein schlechter Saisonstart, der den „FC Lozärn“, wie ihn seine Fans nennen, auf den neunten und somit den Relegationsplatz führte. Nur Servette Genf, der heutige Gegner, war mit sechs Punkten Vorsprung auf Distanz zu halten – dieser sollte unter dem neuen Trainer Ryszard Komornicki (Yakin hatte kurz zuvor den Verein verlassen) weiter ausgebaut werden.

Auf eine ganz andere Erfolgshistorie kann Servette Genf zurückblicken. 1890 gegründet, spielte man durchgehend bis 2004 in der obersten Spielklasse der Schweiz und konnte dabei 17 Meistertitel, 7 Pokalsiege und 3 Ligapokalsiege erringen. International konnte man sich bis auf zwei Viertelfinaleinzüge beim Cup der Cupsieger 1967 und 1979 zwar nicht wirklich in Szene setzen, national war der Verein aber sehr erfolgreich. So ist Servette eine der wenigen Vereine, die sportlich keinen Abstieg hatten hinnehmen mussten. Die Betonung liegt auf „sportlich“, denn ähnlich wie beim heutigen Gegner führten Anfang des neuen Jahrtausends Misswirtschaft und ein Vertrauen auf zwielichtige Erscheinungen (den Namen Pishyar kennt man auch in der Südstadt noch) zu zwei Konkursen, nämlich 2004 und 2012 (letzterer noch im Antragsstadium). Der Konkurs 2004 hatte den Zwangsabstieg in die dritte Liga zur Folge, die Rückkehr in die Super League konnte jedoch innerhalb von zwei Jahren mit zwei Aufstiegen wieder erreicht werden. Hört man jedoch auf die von den Dächern pfeifenden Spatzen, so steht dem Verein ein neuerlicher Zwangsabstieg ins Haus. Komplettiert wird die triste Lage durch einen nicht ligatauglichen Kader, da viele gute Spieler im Sommer den Verein verließen und wegen de facto nicht vorhandener finanzieller Mittel durchwegs nur unerfahrener und unterklassiger Ersatz verpflichtet werden konnte. Sechs Punkte (ein Sieg und drei Unentschieden) aus vierzehn Spielen sind daher die magere Ausbeute der aktuellen Spielzeit.

Das Spiel

Am heutigen Tage war das Stadion mit etwas mehr als elftausend Besuchern ganz gut befüllt. Der FCL-Anhang machte auch gute Stimmung und war für heute offensichtlich frohen Mutes auf einen vollen Erfolg. Als die Mannschaft zum Aufwärmen einlief, gab es jedenfalls schon ordentlich Applaus. Die Gästefans waren eher in spärlicher Anzahl angereist und dementsprechend auch kaum wahrzunehmen, was den Groundhopper mittleren Alters angesichts der aktuellen Lage und der weiten Anreise auch nicht weiter verwunderte. Gestärkt mit einem Bier suchte er seinen Sitzplatz auf und ein paar Minuten später kamen die Mannschaften auch schon zu den Klängen des Soundtracks von „Fluch der Karibik“ auf den Rasen. Der Spielbeginn war beiderseits etwas nervös, die Hausherren übernahmen von Anfang an die Initiative, was vom Publikum sehr positiv aufgenommen wurde. Die Fans standen hinter der Mannschaft – so soll es ja auch sein. Leider verhinderten ungenaues Passspiel und technische Unzulänglichkeiten einen schönen Spielfluss, dafür sorgten einige Hoppalas auf beiden Seiten immer wieder für Unterhaltungswert. Auffälligster Spieler in dieser Phase war Luzerns Nummer 6, Tomislav Puljic, der das Spiel der Luzerner immer wieder gut eröffnete. Es wurden auch ein paar gute Chancen herausgespielt, so hätte man etwa in der 20. Minute nach einem Gestocher im Strafraum durchaus in Führung gehen können und bei einem Stangenschuss in der 34. Minute fehlte nur das letzte Quäntchen Glück. Von Servette war bis auf ein paar harmlose Konter und eine gute Chance in der 36. Minute, die durch Tormann Zibung gut entschärft wurde, nicht zu sehen. Die Führung lag in der Luft, doch die im Abschluss zu nervös agierenden Luzerner brachten den Ball nicht und nicht im Tor unter. Daher ging man unentschieden in die Pause. Die Fans waren doch recht angetan von der Leistung, der Fanbock sorgte mit guten und positiven Chants für Stimmung und auch die teilweise stümperhaft vergeben Torchancen wurden jedenfalls immer beklatscht. Knapp nach Wiederanpfiff jedoch die kalte Dusche für die Hausherren. Freistoss für Servette, der Ball wird in den Strafraum geflankt, die Abwehr mit den Gedanken wohl noch in der Kabine und der einzige Genfer Stürmer Eudis hat keine Probleme, den Ball anzunehmen und diesen recht locker ohne Abwehrmöglichkeit für Goalie Zibung ins Tor zu schießen. Innerhalb von wenigen Minuten kippte die Stimmung auf den Sitzplätzen. Während die Hardcore-Fans hinter dem Tor noch immer supporteten, mischten sich von der Längsseite immer wieder Pfiffe ins Geschehen. Auf dem Rasen ging das Spiel weiter wie bisher. Fehler hüben wie drüben.. Die Gästeabwehr lud zum Tore schießen ein, doch die Einladungen wurden einfach nicht angenommen. Mit der Einwechslung von Dimitar Rangelov in der 70. Minute war dann auch die Geduld und der gute Wille der Hardcore-Fans vorbei, der Bulgare wurde mit einem gellenden Pfeifkonzert empfangen. Auf die Frage, was die Fans denn gegen den guten Mann hätten, antwortete der Sitznachbar in bestem Schweizerdeutsch so etwas wie „Ischn Schloofa…“. Der Groundhopper mittleren Alters konnte sich darauf keinen Reim machen, verzichtete aber auf eine weitere Nachfrage und nickte nur wissend. N Schloofa – na dann ist ja alles klar. Die Partie verflachte daraufhin immer mehr, die Luzerner versuchten mit Einzelaktionen und hoch nach vorne gedroschenen Bällen zum Erfolg zu kommen, die wenigen daraus resultierenden (Halb-) Chancen wurden aber durchaus vergeben. Als die meisten schon mit einer Niederlage rechneten, glichen die Luzerner in der 89. Minute mit der einzigen schönen Aktion des Tages aus. Hyka kam links an den Ball, spielte einen Gegenspieler aus und flankte den Ball ohne lange Eiertänze in den Strafraum, wo Andrist goldrichtig stand und zum Ausgleich einköpfte. Danach versuchten die Luzerner in den letzten Minuten noch zu einem weiteren Torerfolg zu kommen, hatten aber keine echte Chance mehr. Nach dem Schlusspfiff wurden sie mit einem Pfeifkonzert verabschiedet. Zu Unrecht, wie der Groundhopper meinte, hatten sie doch mehr vom Spiel gehabt und gemäss der ersten Hälfte eigentlich nur aufgrund von Pech nicht gewonnen. Die Spieler schlichen aber mit gesenkten Köpfen in die Kabine, nur der bei den Fans offensichtlich recht beliebte Tormann Zibung kam noch zum Block und wurde beklatscht.

Conclusio

Kein wirklich schönes Spiel, Luzern ist aber auf jeden Fall einen Abstecher wert. Das Stadion und die Umgebung sind recht schön und bleiben in guter Erinnerung. Über weite Strecken gute Stimmung, dass die Fans mit dem Ergebnis nicht zufrieden waren, war für den Groundhopper allerdings nachvollziehbar. Es gab aber keine unschönen Szenen. Den Stadionsprecher und die Durchsagen waren sehr schwer zu verstehen, interessanterweise werden aber die Gesänge des Fanblocks auf Hochdeutsch gesungen (wahrscheinlich sind sie von unseren Lieblingsnachbarn abgekupfert).

Albert Weniweger, abseits.at

Albert Weniweger

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