Korruption und keine Infrastruktur – ist die mazedonische Liga noch zu retten?
Weitere Länder 26.Januar.2012 Stefan Karger 0
Der mazedonische Fußballtrainer Gjore Jovanovski verlor vor ein paar Wochen seinen Job beim FK Rabotnički Skopje, nachdem er im Rahmen einer Pressekonferenz vorschlug, dass der Fußballbetrieb in seinem Heimatland für fünf Jahre ausgesetzt wird. Jovanovski wollte seinen Spielern die katastrophalen Bedingungen nicht mehr zumuten und forderte Politiker und Verbandsfunktionäre auf, während der fünfjährigen Zwangspause die Infrastruktur auf Vordermann zu bringen. Sein drastischer Vorschlag wurde von vielen Fans unterstützt – ändern wird sich dennoch nichts.
Fans des SK Rapid Wien werden sich vielleicht an den etwas eigenwilligen Trainer Jovanovski noch erinnern, denn sein Engagement bei ZSKA Sofia endete abrupt nach der 0:2-Heimniederlage gegen die Hütteldorfer in der Europa League. Nach dieser Schlappe dauerte es etwa ein dreiviertel Jahr bis er wieder einen Job fand, den er allerdings nur neun Tage hatte! Jovanovski unterschrieb als Nationaltrainer von Bangladesch, weigerte sich aber zum WM-Qualifikationsspiel gegen Pakistan anzureisen, da er um die Sicherheit seiner Mannschaft fürchtete. Der Verband feuerte daraufhin den Mazedonier und stellte seinen Landsmann Nikola Ilievski ein.
Kein Warmwasser, Fußballplätze im katastrophalen Zustand
Auch bei seinem neuen Job in Skopje eckte der streitbare Trainer schnell bei vielen mazedonischen Funktionären an, als er die Zustände öffentlich in Frage stellte und die drastische Fünf-Jahres-Sperre vorschlug. Sein Freund Dragan Popovski, der gleichzeitig der Präsident vom FK Rabotnički Skopje ist, sah keine andere Möglichkeit als den Trainer zu entlassen. Er bedankte sich in einer Aussendung für die gute sportliche Arbeit und teilte mit, dass es bezüglich der Arbeitsbedingungen zu große Auffassungsunterschiede gäbe, die eine weitere Zusammenarbeit unmöglich machen würden.
Jovanovski hat allerdings in vielen Punkten recht und seine Rede ermutigte Fans und Journalisten im ganzen Land, die die Zustände nun ebenfalls vehement kritisieren. Die meisten österreichischen Amateurvereine finden Bedingungen vor, von denen die Spieler in Mazedonien nur träumen können. Jovanovski erzählt, dass es in den Umkleidekabinen im Winter um die Null Grad hat, da die Heizungen nicht funktionieren, weshalb es auch kein Warmwasser zum Duschen gäbe. Die Fußballplätze sind gefrorenen und hart wie Beton, was die Verletzungsgefahr für die Spieler erheblich steigert.
Klubbesitzer unter Beschuss
Jovanovski nahm sich kein Blatt vorm Mund und griff frontal die Klubbesitzer an. Gerade diese Aussagen dürften dem 55-jährigen Trainer seinen Job gekostet haben. Über Ljubislax Ivanov, dem Präsidenten von FK Sileks Kratovo, sagte er etwa, dass dieser ein größeres Badezimmer zu Hause hätte, als die Umkleidekabine seines Vereins. Präsidenten wie er, denen es am Geld nicht fehlt, sollten in Zusammenarbeit mit dem mazedonischen Verband und der Politik die Infrastruktur auf Vordermann bringen. Mazedonische Fußballfans im Ausland kritisieren zudem, dass es beinahe unmöglich ist, Trikots aus dem Heimatland per Internet zu bestellen. Weder von den Klubmannschaften, noch vom Nationalteam. Immerhin ist PUMA nun der offizielle Ausstatter der Landesauswahl, das Trikot ist im Online-Shop allerdings noch immer nicht zu finden. Da Mazedonien ein klassisches Auswanderungsland ist entgeht dem Verband viel Geld in dieser Hinsicht.
Das größte Problem: Korruption
Der mazedonische Trainer erntete Beifall von Fans und Medien und Kritik vom mazedonischen Fußballverband und zahlreichen Funktionären. Dabei sprach Jovanovski das größte Problem im mazedonischen Fußball gar nicht an: die Korruption.
In der Saison 2004/05 verlor der damalige mazedonische Meister FK Pobeda Prilep absichtlich die Champions-League-Qualifikationsspiele gegen den armenischen Klub FC Pjunik Jerewan. Vereinspräsident Aleksandar Zabrcanec wurden Verbindungen zur Wettmafia nachgewiesen, worauf er von der UEFA im Jahr 2009 lebenslang gesperrt wurde. Trotzdem wurde sein Schwager und Geschäftspartner Haralampie Hadzi-Ristesk zum mazedonischen Verbandspräsidenten wiedergewählt, obwohl Vorwürfe im Raum stehen, dass er Anteile eines Wettunternehmens besitzt. Aus Protest gegen diese Wahl boykottierten Makedonija Skopje und Sloga Jugomat die Meisterschaft, woraufhin sie vom Verband ausgeschlossen wurden. Drei von insgesamt acht mazedonischen Meistermannschaften nehmen momentan am Spielbetrieb nicht teil.
Der mazedonische Journalist Milorad Stojmanovski befürchtet, dass weitere Vereine untergehen würden, wenn im Rahmen einer Rettungsaktion für die mazedonische Liga die Jahresabschlüsse der Klubs genauer durchleuchtet werden würden. Stojmanovski denkt, dass bei etwa der Hälfte aller Vereine so große Unregelmäßigkeiten festgestellt werden würden, dass sie aufgelöst werden müssten. In dieser Hinsicht hört sich Jovanovskis Vorschlag gar nicht mehr so verrückt an, denn vielleicht ist eine Tabula rasa für den mazedonischen Klubfußball tatsächlich der letzte Ausweg.
Stefan Karger, www.abseits.at
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