Nach EM und Copa América Centenario steht mit dem olympischen Fußballturnier in diesem Sommer noch eine weitere internationale Fußballmeisterschaft bevor. Die ganz großen Stars wird man dabei jedoch nicht sehen können. Trotzdem lohnt sich ein Blick auf die Kaderzusammensetzungen der qualifizierten Teams.
Wer sich angesichts des einen oder anderen exotischen Teilnehmers wundert, dem sei gesagt, dass die Qualifikation über diverse Nachwuchsmeisterschaften geschah und somit nicht die A-Teams verantwortlich waren. Meist waren das U-23- oder U-21-Bewerbe.
Zunächst sei die wichtigste Regel für die Kaderzusammenstellung genannt. Es dürfen nur maximal drei Spieler pro Team nominiert werden, die am oder vor dem 1. Januar 1993 geboren wurden. Des Weiteren müssen sich in jedem Kader 18 Spieler inklusive mindestens zwei Torhüter befinden. Der Altersdurschnitt aller über 23-Jährigen beträgt 27,07 Jahre, was dafürspricht, dass die Nationen eher auf Spieler im besten Fußballeralter setzen und nicht auf alte Haudegen. Übrigens haben Südafrika, Nigeria, Argentinien und Honduras auf einen dritten älteren Spieler verzichtet.
Generell lässt sich der Trend feststellen, dass Spieler in jungen Jahren ihrer Karriere mehrheitlich noch in ihrer Heimat spielen, was einerseits an bestimmten Transferregeln, andererseits einfach daran liegt, sie noch nicht in ihrer Jugend in eine fremde Kultur zu verfrachten. Kontinentale Besonderheiten lassen sich hier nicht ausmachen. Afrika stellt mit Nigeria den Höchstwert, aber die anderen beiden afrikanischen Teilnehmer haben wenige Legionäre. Aufgrund der gesellschaftlichen Situation in Kombination mit schlechten Möglichkeiten in Bezug auf die fußballerische Ausbildung spielen viele Nigerianer und Iraker im Ausland. Bei Schweden, Dänemark und Südkorea lassen sich die hohen Werte vermutlich dadurch erklären, dass die Spieler in diesen Ländern wissen, dass sie für eine große Karriere ihre Heimat verlassen müssen, da die eigene Liga zu schwach ist, die Bevölkerung in diesen Ländern sehr gute Englischkenntnisse hat und außerdem die Spieler auch die Möglichkeit haben, in ein anderes Land zu wechseln. Letzteres unterscheidet sie dann auch von Ländern wie Südafrika, Fidschi und Honduras, in denen das fußballerische Niveau eher bescheiden ist und sich somit kaum ein Scout dorthin verirrt. Schließlich gibt es noch Länder wie Deutschland und Mexiko, in denen die fußballerische Ausbildung sehr gut ist und auch schon an junge Spieler relativ hohe Gehälter bezahlt werden, sodass kein Grund für einen Wechsel ins Ausland besteht.
Da kaum Spieler bereits im Ausland spielen, stellen die Teilnehmerländer natürlich die meisten Spielorte. Die Nationen mit den wenigsten Legionären führen somit wenig überraschend die Wertung an. Vergleicht man dieses Diagramm mit dem obigen und schaut sich genau die Zugehörigkeit der Spieler an, fällt weiterhin auf, dass es kaum einen Austausch zwischen den Ländern gibt. Deutschlands, Mexikos und Portugals führende Position liegt dennoch nicht nur an ihrer hohen Anzahl an einheimischen Spielern, sondern auch an dem exzellenten Ausbildungssystem. Besonders die hervorragenden Jugendakademien in Portugal, hier vor allem Sporting und Porto, hatten bekanntlich einen sehr großen Anteil an dem Europameistertitel. Im EM-Kader standen zehn Spieler, die in ihrer Jugend bei Sporting gespielt hatten. Des Weiteren gibt es große Vorbilder. Beispielsweise stammen Cristiano Ronaldo und Luís Figo aus der Jugend von Sporting und keine andere Akademie schaffte es jemals, zwei Weltfußballer herauszubringen. Dies wirkt natürlich anziehend auch auf ausländische Spieler. Lässt man die Teilnehmerländer außen vor und schaut sich die nicht qualifizierten anderen Top 4-Ligen in Europa an, sind England und Spanien hier vorne zu finden. Während es bei England eher an den hohen Gehältern und dem Sprachvorteil liegen dürfte, ist Spanien sicherlich aufgrund ihrer hervorragenden Nachwuchsausbildung ein beliebtes Ziel für Nachwuchsfußballer, was nicht zuletzt durch die Erfolge der Nationalelf und der spanischen Vereinsmannschaften in den letzten Jahren zahlreich belegt wurde. Etwas überraschend stellt Frankreich wenige Spieler, hätte man doch aufgrund der Kolonialgeschichte mehr Spieler aus Afrika erwarten können, jedoch ist Algerien auch das einzige Land unter den afrikanischen Teilnehmer, das eine Kolonie war.
Bei der Zugehörigkeit zu einem Klub sind große Unterschiede vorzufinden. Für die deutsche Mannschaft gab es etwa die Absprache, dass jeder Klub nicht mehr als zwei Spieler abzustellen braucht, um die Vorbereitung für die neue Saison nicht zu stören. In Ländern, in denen das Ausbildungssystem sowieso schon nicht so gut ist, konzentriert sich dagegen die sehr gute Ausbildung auf wenige Klubs, sodass sich bei Ländern wie Fidschi, Mexiko, Südafrika, Algerien und Kolumbien die Kader mit Spielern aus wenigen unterschiedlichen Klubs zusammensetzen.
Auch hier spiegelt sich die geringe Zahl an Vereinswechseln in der Jugend wieder. Die Verteilung reflektiert somit fast die Konföderationen, aus denen die Nationen kommen. Europa stellt vier Teilnehmer (25%), Asien drei (19%), Südamerika drei (19%), Nord- und Mittelamerika zwei (12%), Afrika drei (19%) und Ozeanien einen (6%). Der einzige stark abweichende Wert ist somit der der UEFA, was nochmals unterstreicht, dass Fußballer von anderen Kontinenten aufgrund der Vorherrschaft von Europa im Weltfußball und dem besten Ausbildungssystem schon im frühen Stadium ihrer Karriere nach Europa streben. Hingegen weicht der Wert beim CAF am stärksten negativ ab. Dies überrascht angesichts der politischen und gesellschaftlichen Verhältnisse, die eine gute Ausbildung erschweren, in vielen Ländern Afrikas nicht.
Christoph Trompeter, abseits.at
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Christoph Trompeter
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