Der südamerikanische Fußball ist bekanntlich eine Welt für sich. So ist der argentinische Fußball am vergangenen Montagabend um ein weiteres Kuriosum reicher geworden. Der... Kurios: Argentinischer Erstligist lässt Internet-Star Spreen auflaufen

Der südamerikanische Fußball ist bekanntlich eine Welt für sich. So ist der argentinische Fußball am vergangenen Montagabend um ein weiteres Kuriosum reicher geworden. Der Erstligist Deportivo Riestra, der dieses Jahr bereits den jüngsten Spieler der Ligageschichte aufstellte, lief mit einem Streamer in der Startelf auf. Dies sorgte für großen Unmut in Argentinien. Das sind die Hintergründe dazu.

Das Sportliche

Am vergangenen Montagabend, dem 22. Spieltag der Liga Profesional, traf Deportivo Riestra zuhause auf den Tabellenführer Vélez Sarsfield. Das favorisierte Auswärtsteam ging durch einen Elfmeter von Stürmer Braian Romero kurz vor Ende der ersten Halbzeit in Führung, bis Riestra durch Innenverteidiger Nicolás Caro Torres in der 64. Minute ausglich. Dies war gleichzeitig der Endstand. Während am Ergebnis wenig zu rütteln ist, sorgte vor allem der Spielbeginn für Empörung.

Spreens Profidebüt

So stand der argentinische Streamer Spreen, der mit bürgerlichem Namen Ivan Buhajeruk heißt und vor allem für sein Übertragungen von Videospielen im Internet bekannt ist, in der Startelf. Mit der Nummer 47 auf dem Rücken lief er auf, posierte ganz normal für das Mannschaftsfoto und ging als nomineller Mittelstürmer in die Partie.

Sein Einsatz war jedoch nur von kurzer Dauer. Bereits nach zehn Sekunden foulte Riestra-Rechtsverteidiger Pedro Ramírez Vélez‘ Angreifer Thiago Fernández. Folglich stellte sich Spreen, dem auf YouTube rund 7,8 Millionen Fans folgen, zwar in die Zwei-Mann-Mauer, doch noch bevor der Freistoß ausgeführt wurde, hebte der Vierte Offizielle die Anzeigetafel und sein Einsatz war Geschichte. Buhajeruk verbrachte schließlich 70 Sekunden ohne Ballkontakt auf dem Rasen, ehe er für Stürmer Gustavo Fernández Platz machte.

Bereit seit Februar war Spreen offiziell registriert, die Geschichte eines möglichen Einsatz machte aber erstmals im September die Runde, als er im offiziellen Stickeralbum der Liga Profesional auftauchte. So wurde bereits spekuliert, ob der 24-Jährige, der eigentlich Fan und Ärmelsponsor des Zweitligisten CA Colón ist, zu einem Einsatz kommen würde. Sein erstes Training absolvierte Spreen am 5. November, sechs Tage vor dem Ligaspiel gegen Vélez. Er war auch Teil der „concentración“, der gemeinsamen Matchvorbereitung von Riestra, bis es zum Marketinggag kam. Der Hauptsponsor von Deportivo Riestra, die Energy-Drink-Marke Speed, sponsert nämlich auch den Internet-Star, wodurch die Idee aufkam, ihn in einem Ligaspiel einzusetzen.

Reaktionen

Während er von der Mannschaft gut aufgenommen wurde, sorgte sein Einsatz in anderen Kreisen des argentinischen Fußballs für Missfallen. Riestra-Mittelfeldspieler Milton Celiz meinte: „Wir [Spieler] haben nichts damit zu tun. […] Spreen hat die Voraussetzungen, das zu tun, was er macht. Er ist die Nummer eins im Streaming.“

Riestra-Trainer Cristian Fabbiani war dem ganzen auch nicht abgeneigt: „Das Einzige, was ich weiß, ist dass Ivan [Buhajeruk] Dosen verkauft und mich bezahlt die Dose. Also soll er kommen.“

Viel Gegenwind gab es demgegenüber von Vélez-Stürmer Braian Romero: „Das heute war eine Respektlosigkeit an den Fußball. Das ist eine falsche Nachricht, die wir an die Gesellschaft und die Kinder schicken, die es bis zum Schluss versuchen und nicht schaffen.“

Auch Juán Sebastián Verón, der aktuell Präsident von Estudiantes de La Plata ist und sich (aufgrund der Thematik der Beteiligungsgesellschaften) im Clinch mit Verbandsboss Chiqui Tapia befindet, schoss demgegenüber gleich scharf: „Das ist eine totale Respektlosigkeit an den Fußball und an alle Fußballer.“

Der Klub veröffentlichte bereits in Statement, in dem man sich für die Aktion entschuldigt: „Wir möchten uns aufrichtig bei all jenen entschuldigen, die sich angegriffen gefühlt haben. Zu keinem Zeitpunkt wollten wir weder gegenüber […] Vélez Sarsfield noch dem argentinischen Fußball im Allgemeinen respektlos sein.“ Gleichzeitig betonte Riestra aber auch, dass der Einsatz Buhajeruks abgesprochen gewesen sei und man damit die junge Generation ansprechen gewollt habe.

Spreen selbst gab im Anschluss an die Partie lediglich zwei Tweets vor sich: „Das zweite Mal, dass ich bei einem [ersten Mal] weniger als eine Minute brauche.“, und „Unbesiegt“.

Riestra als Erstligist

Das Jahr 2024 hat es für Deportivo Riestra, die aufgrund einer fehlenden Flutlichtanlage nur bei Tageslicht spielen können, in sich. Bereits in der Saisonvorbereitung machte die erste Mannschaft mit einem sehr intensiven Trainingsplan, der vier Einheiten beginnend mit 3:15 Uhr „morgens“ beinhaltete, auf sich aufmerksam. Folglich tauchten Videos auf, die zeigten, wie das Team am Strand des Badeortes Pinamar neben einer Party trainierte. Nichtsdestotrotz wurde Trainer Matías Módolo nach vier Saisonspielen gefeuert.

Unter seinem Nachfolger Cristián Fabbiani debütierte der 14-jährige Mateo Apolonio, womit der Altersrekord im argentinischen Profifußball von Sergio Agüero, der im Alter von 15 Jahren sein Debüt gab, gebrochen wurde.

Mit Ersatzkeeper Jaime Barceló hat man zudem einen weiteren Star der sozialen Medien im Kader, der 25-Jährige zählt über 600.000 Fans auf seinem TikTok-Kanal und veröffentlicht auf YouTube regelmäßig Videos über sein Leben als Profifußballer, die teilweise mehrere Hunderttausende Aufrufe generieren.

Deportivo Riestra ist alles in allem auf jeden Fall ein besonderer Erstligist, der in dieser Saison immerhin schon River Plate oder den aktuellen Tabellenzweiten Huracán besiegen konnte. Von vielen Seiten hagelte es jedoch auch Kritik an der Aktion, wobei neben der fehlenden Seriosität gleichzeitig der sinkende sportliche Wert der argentinischen Liga bemängelt wird.

Der Verband unter der Führungsriege von Claudio „Chiqui“ Tapia schaffte schließlich die Abstiege für die noch laufende Saison ab, wodurch im Jahr 2025 ganze 30 (!) Mannschaften in der höchsten Spielklasse vertreten sein werden. Dass das angesichts der immer dominanteren Rolle des brasilianischen Fußballs sehr unwahrscheinlich gut gehen wird, sollte klar sein.

Tim Bosnjak, abseits.at

Tim Bosnjak