Im südamerikanischen Fußball ist alles möglich. Nachdem zuletzt ein Torhüter in Brasilien von einem Polizisten angeschossen wurde, ist die nächste Meldung eine deutlich lustigere... Kuriose Abseitsgrafik in der venezolanischen Liga

Im südamerikanischen Fußball ist alles möglich. Nachdem zuletzt ein Torhüter in Brasilien von einem Polizisten angeschossen wurde, ist die nächste Meldung eine deutlich lustigere und erheiterndere. In den sozialen Netzwerken verbreiten sich seit Dienstag Bilder und Videos einer Partie aus Venezuela, bei der ein vermeindliches Abseits in der TV-Wiederholung gezeigt wurde. Die Linie war jedoch alles andere als richtig angelegt. Das sind die Hintergründe des Kuriosums.

Das Sportliche

Das Spiel, um das es sich handelt, wurde zwischen Puerto Cabello und Portuguesa in der Nacht von Montag auf Dienstag mitteleuropäischer Sommerzeit ausgetragen. Beide Vereine spielen der Primera División de Venezuela, die im in Südamerika klassischen Apertura-Clausura-Format ausgetragen wird, vergleichbar mit einer Meisterschaft für Hinrunde und Rückrunde. In der Apertura qualifizierten sich zwar beide für die zweite Gruppenphase, erreichten jedoch nicht das Finale. Die Clausura befindet sich gerade erst am Anfang.

Portuguesa ist der ältere der beiden Klubs, gewann in den 1970er-Jahren fünfmal die venezolanische Meisterschaft und befindet sich in seiner 38. Saison im Oberhaus. Die Academia Puerto Cabello ist deutlich jünger und feierte erst im vergangenen Juni das zehnjährige Vereinsjubiläum. Beide Klubs trafen am zweiten Spieltag der Clausura aufeinander, wobei es jedoch zu einem torlosen Unentschieden kam. Dadurch konnten beide immerhin den ersten Punktgewinn in der Clausura verzeichnen, nachdem sie ihre jeweiligen Auftaktpartien verloren.

Der Vorfall

Wir befinden uns in der 87. Spielminute. Portuguesa-Torhüter und Kapitän Yhonattan Yustiz legt sich den Ball für einen Freistoß zurecht und in der nächsten Szene sehen wir warum. Der Mittelstürmer von Puerto Cabello, Rodrigo Rivas (ehemals Alavés B) setzt sich über links durch und flankt unbedrängt in den Strafraum. Dort wartet der eingewechselte Marlon Díaz, der dem gegnerischen Verteidiger entschwindet und den Ball mit dem ersten Kontakt an Yustiz vorbei in das Netz befördert.

Díaz rennt schon zum Jubel an, merkt aber dann doch, dass dieser noch zu früh kommt. Er blickt zu den gegnerischen Verteidigern, die den Arm heben und zum Linienrichter blicken, in der Hoffnung, eine Abseitsstellung zugesprochen zu bekommen. Die Fahne schnellt noch im selben Atemzug hoch und das Vergehen wird deutlich. So weit, so gut. Díaz stand im Abseits und es gibt Freistoß für Portuguesa.

Was die TV-Bilder anschließend zeigen, sorgt in den Stunden nach dem Match für viel Spott und Häme in den sozialen Netzwerken. Die Szene wird bei der Ballabgabe von Rivas gestoppt und eine Abseitslinie angelegt. Es ist ein schwarzer Strich zu sehen, der zwar parallel zur horizontalen Strafraumlinie verläuft, aber durch das Verschieben auf Ballhöhe alles andere als eine kalibrierte Abseitslinie ist. Ohne die Gerade ist selbst mit freiem Auge eine klare Abseitsposition Diaz‘ zu erkennen, die Linie zeigt ihn aber in einem vermeindlich legalem Bereich und sieht im Gesamtbild einfach schief und nicht richtig aus.

Die Szene im Video:

Die Auflösung

Im Nachgang der Partie veröffentlichte die venezolanische Liga ein Statement zu dem Vorfall, in dem das dementiert wird, was vielfach fälschlicherweise in den sozialen Netzwerken behauptet wurde. So heißt es: „Es ist notwendig, klarzustellen, dass der Fehler nichts mit dem VAR-System […] zu tun hat. Die schlecht umgesetzte Grafik […] steht nicht in Verbindung mit der Schiedsrichterentscheidung der in Frage kommenden Spielszene.“

Alles in allem zeigt dieses Ereignis die Banalitäten, die der südamerikanische Fußball hervorbringen kann, wobei sich leider auch immer wieder Falschinformationen in die ein oder andere Geschichte einschleichen. Nichtsdestotrotz ist der Spruch „Fútbol sudamericano, no lo entenderías“ (Südamerikanischer Fußball, du würdest ihn nicht verstehen) immer noch angebracht und hat die Fans in seiner heutigen Episode zum Schmunzeln gebracht.

Tim Bosnjak, abseits.at

Tim Bosnjak

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