Tschechiens Cupsieger FC Fastav Zlin darf in der kommenden Saison erstmals in einer europäischen Gruppenphase antreten. Ebenso außergewöhnlich wie die letzte Rückrunde des Vereins aus der75.000-Einwohner-Stadt ist die Tatsache, dass sich die renommierten Teams aus unserem nördlichen Nachbarland im Gegenzug zuerst in der Qualifikation beweisen müssen.
Vier übliche Verdächtige – ein Neuling
Tschechiens fünf diesjährige internationale Vertreter bestehen aus Meister Slavia Prag, dem Stadtrivalen Sparta Prag, dem internationalen Dauergast Viktoria Pilsen, dem Ligavierten Mlada Boleslav sowie Cupsieger Fastav Zlin. Normalerweise stehen für den Meister spätestens seit Einführung des Meisterweges in der Champions-League-Qualifikation auch die Chancen am besten, eine der beiden Gruppenphasen zu erreichen, doch die letzte Spielzeit in Tschechien stellte diese vermeintliche Faustregel gehörig auf den Kopf.
Slavias Meistertitel (noch) ohne Mehrwert
Slavia Prag wurde vergangene Saison erstmals seit 2009 wieder tschechischer Meister. Nicht zuletzt dank des Einstiegs eines chinesischen Investors wurde an vergangene Höhenflüge angeknüpft. Routinierte Spieler wie Ex-Salzburger Dusan Svento und der 14-fachen Teamspieler Milan Skoda bildeten mit einer Vielzahl an souveränen Legionären ein starkes Kollektiv, das schlussendlich zwei Punkte vor Viktoria Pilsen den Meistertitel bejubeln durfte. Slavia darf damit diese Saison in der Champions-League-Qualifikation antreten.
Hierbei folgt jedoch der erste Haken: Slavia steigt zwar in Runde drei ein, ist jedoch in den beiden Qualifikationsrunden ungesetzt. Trotz namhafter Verstärkungen, wie die Verpflichtung des ehemaligen Zenit-Stars Danny sowie jene von Halil Altintop und Ruslan Rotan, alles andere als ein leichtes Unterfangen. In der dritten Runde wartet höchstwahrscheinlich BATE Borisov (trotz eines 1:1 gegen Armeniens Meister Alashkert) auf den tschechischen Champion. Noch kniffliger könnte die Play-Off-Runde werden, wo Mannschaften wie Olympiakos Piräus, Celtic Glasgow oder auch Red Bull Salzburg auf das Team von Jaroslav Silhavy treffen könnten.
Der nächste Nachteil: Bei einem Ausscheiden in Qualifikationsrunde 3 würde man ins Europa League Play-Off rutschen – und dort ebenfalls ungesetzt sein. Hierbei könnten Gegner wie AC Mailand, Olympique Marseille oder Zenit St. Petersburg lauern. In allen Fällen keine optimalen Voraussetzungen für ein langes Europacup-Abenteuer des Neo-Champs.
Zlins Cupsieg als Glücksfall
Szenenwechsel: Die mährische Stadt Zlin, nur rund 80 Kilometer von der österreichischen Grenze entfernt, ist spätestens seit dem Cupsieg im Vorjahr ein Fixpunkt auf der europäischen Fußballlandkarte. Die zweite Erstligasaison seit dem Wiederaufstieg 2015 wurde die erfolgreichste in der Geschichte des FC Fastav Zlin. Neben einem sechsten Platz in der Liga konnte erstmals der tschechische Cup gewonnen werden. Auf dem Weg zum Triumph wurde neben den großen Prager Teams Slavia und Sparta auch Slovan Liberec ausgeschaltet, ehe im Finale Zweitligist Opava bezwungen wurde. Kein selbstverständlicher Erfolg, denn große Namen sucht man beim Verein vergeblich. Nach der kurzzeitigen Tabellenführung im Herbst 2016 baute man außerdem im vergangenen Frühjahr stark ab, so dass man im Kalenderjahr 2017 sogar schlechtestes Ligateam wurde. Der Cupsieg überstrahlte jedoch letztendlich sämtliche Tiefen der letzten Saison – und glänzt auch in dieser Saison entscheidend weiter.
Aufgrund von Tschechiens 13. Platz in der UEFA-Fünfjahreswertung stellt man nicht nur fünf internationale Starter, sondern besitzt im Idealfall auch einen Fixplatz in der Europa-League-Gruppenphase. Für das Eintreten genau dieses Falles sorgte vergangenen Mai ein englisches Team in Schweden: Manchester Uniteds Europa-League-Finalsieg gegen Ajax Amsterdam in Solna legte fest, dass Tschechiens Cupsieger fix in die Gruppenphase aufrückt – fertig ist das Fußballmärchen der Marke Zlin. Im Herbst 2017 darf die Mannschaft aus Mähren, die immerhin Ex-HSV- und Wolfsburg-Profi Petr Jiracek verpflichten konnte, auf renommierte Gegner wie Arsenal oder Olympique Lyon hoffen, sowie versuchen internationale Glanzlichter zu setzen.
Verkehrte Welt durch die Startplatzvergabe: Während die vier besten Teams der letzten Ligasaison, also damit auch Viktoria Pilsen und Sparta Prag, allesamt durch Qualifikationsrunden müssen, hat der Ligasechste schon durch den Cupsieg das große Los gezogen.
Martin Wallentich, abseits.at.
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