Marcelo Bielsa vor dem Aus als Uruguay-Trainer?
Weitere Länder 11.Oktober.2024 Tim Bosnjak
Dass Marcelo Bielsa ein Trainer ist, der viel, manchmal sogar zu viel, von seinen Spielern fordert, ist bekannt. Dass El Loco auch für gewisse menschliche Werte steht, zeigte er auch öfter in der Vergangenheit. Doch nun kracht es rund um den 69-jährigen Argentinier, der seit Mai 2023 Cheftrainer des uruguayischen Nationalteams ist. Rekordstürmer Luis Suárez, der im September aus der Celeste zurücktrat, übte scharfe Kritik an seinem ehemaligen Trainer. Das Ende von Bielsas Amtszeit könnte kommen.
Sportliches Abschneiden unter Bielsa
Zunächst sollte man sich jedoch zuerst die Resultate Uruguays ansehen, die man mit Bielsa erzielte. 17 Spiele coachte El Loco Uruguay vor der anstehenden Länderspielpause, wovon elf gewonnen werden konnten, drei endeten in einem Remis und ebenso viele verlor man. Die wichtigsten Ergebnisse sind dabei ein 2:0 gegen Argentinien in der WM-Qualifikation, womit Bielsa seinem Heimatland die erste Niederlage nach 14 Spielen zufügte, sowie das 4:2 im Viertelfinale der Copa América gegen Brasilien und der dritte Platz in eben jenem Turnier. Zudem belegt man ebenfalls Rang drei in der südamerikanischen WM-Qualifikation hinter den diesjährigen Copa América-Finalisten und aktuell beiden besten Länder des Kontinents Argentinien und Kolumbien.
Krach hinter den Kulissen
Aus sportlicher Perspektive kann man sich also kaum beklagen in Montevideo. Die Veränderungen, die im Zuge dessen jedoch vonstattengingen, stellten allerdings nicht jeden zufrieden. So äußerte Stürmerstar und Top-Torschütze der uruguayischen Nationalmannschaft Luis Suárez, der mittlerweile mit seinen Ex-Barca-Kollegen Jordi Alba, Sergio Busquets und Lionel Messi das pinke Trikot von Beckham-Klub Inter Miami trägt, in einem Interview mit DSports aus Uruguay heftige Kritik an seinem Coach.
Der Hauptkritikpunkt ist dabei der Umgang mit den Spielern. “Den Zeugwarten, den Physios, den Köchen im Trainingszentrum hat es sehr gefallen mit [Óscar Tábarez], mit [Oscar Ortega] (Anm. ehemaliger Physiotherapeut der uruguayischen Nationalmannschaft), mit [Diego] Alonso zusammenzuarbeiten […] Heute ist es eher ein ‚lass mich zumindest den Moment genießen‘.”, führte Suárez aus. Seit der Ankunft von Bielsa soll es den Mitarbeitern des “Complejo Celeste”, dem Trainingskomplex des Nationalteams, nicht mehr gestattet sein, gemeinsam mit den Spielern zu essen, sowie überhaupt bei ihnen zu sein.
Bei der Ankunft im Hotel soll Bielsa seinen Schützlingen zudem verboten haben, die davor wartenden Fans zu begrüßen und Autogramme zu geben. Die Mannschaft widersetzte sich. Seine Spieler sollen ihn sogar gebeten haben müssen, von ihm gegrüßt zu werden, wenn er an ihnen vorbei gehe.
Obendrein habe sich Bielsa auf den Angriffsspieler Agustín Canobbio (Athletico Paranaense) eingeschossen. Während eines Trainings vor dem Spiel um Platz drei bei der Copa América soll er diesen vor der ganzen Mannschaft niedergemacht und zur Gruppe der Sparringsspieler (Anm. Uruguay nahm drei Spieler mit, die nicht im Kader waren, aber mittrainierten) geschickt haben. Ferner habe sich Canobbio bei einer Besprechung mit den Beinen an einem Stuhl angelehnt, woraufhin Bielsa von einer Respektlosigkeit sprach und die Erziehung seiner Familie kritisierte. Auch für die Niederlage in der WM-Qualifikation gegen Ecuador (Anm. 1:2, 12.09.2023) soll er ihn allein verantwortlich gemacht haben.
Doch die Unzufriedenheit herrscht nicht nur bei den Fußballern. Bereits drei Verbandsfunktionäre verließen nach langjährigen Engagements die Asociación Uruguaya de Fútbol, nachdem sie mit Marcelo Bielsas Arbeitsmethodik nicht zufrieden gewesen sein sollen.
Der „eigene“ Bielsa
Marcelo Bielsa ist in der Fußballwelt für seine Eigenheiten und seine eigene Meinung bekannt. Er pflegt mit seinen Spielern das „usted“, die Höflichkeitsform im Spanischen, legte sich bereits bei vergangenen Stationen mit Klub- bzw. Verbandsfunktionären an, und wird auch als stur angesehen. Es sei nur an sein Zwei-Tage-Engagement bei Lazio Rom erinnert. Nichtsdestotrotz konnte der Fußballphilosoph die uruguayische Nationalmannschaft nach dem enttäuschenden Gruppenaus bei der Weltmeisterschaft in Katar wieder mehr sportliche Größe verleihen. Ein jähes Ende scheint aber nicht unwahrscheinlich.
Tim Bosnjak, abseits.at
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