Pressestimmen aus Schweden: “Wie verdammt lustig ist es doch gedemütigt zu werden?“
Weitere Länder 9.September.2015 Stefan Karger 0
Des einen Freud ist des anderen Leid. Während die österreichischen Fans und Medien zu Recht stolz auf ihre Mannschaft sind, sitzt in Schweden bei den Fans und Medien der Frust tief. Wir sind über zwei Kommentare im Aftonbladet gestolpert, die wir euch nicht vorenthalten wollen.
Kommentar von Simon Bank (aftonbladet.se):
Naja, und so stehen wir hier und sehen den Österreichern zu, wie sie sich freuen, dass sie sich zum ersten Mal überhaupt sportlich für eine Europameisterschaft qualifiziert haben. Wir sehen auch Trainer Erik Hamren, der mit gekreuzten Armen im Anzug dasteht und damit beschäftigt ist zu überlegen, was passiert ist und was nun passieren wird. Können wir uns aber nun darauf besinnen, uns aufs Wichtige zu konzentrieren? Hören sie auf über die möglichen Playoffs zu reden, beenden sie die Spekulationen über künftige ideale Gruppenergebnisse und sehen sie nicht die U21-Nationalspieler als hypothetische Retter an…Stoppen sie alles, und gehen sie zurück an die Wurzeln – dorthin wo alles anfängt, am Trainingsplatz.
Die schwedische Nationalmannschaft lief gerade mit offenen Augen ins Chaos, bekam von der österreichischen Nationalmannschaft eine 1:4-Demütigung verpasst und es sollte vernünftigerweise nun nichts anderes geschehen, als dass die Notbremse gezogen wird. Bauen sie eine Mannschaft auf, die organisiert ist, und eine Grundidee ins Spiel einbringt. Dann können wir über den Rest reden….
…Schweden geriet schnell in Rückstand, aber ein stabiles Team kann sich davon erholen. Nur hat Schweden kein stabiles Team, es ist momentan so, dass Schweden überhaupt kein Team hat. Es ist so wie dieses Spiel, bei dem man sich mit gesenktem Kopf schnell um einen Stock dreht und dann versucht die richtige Stelle zu finden. …Ist es ein Zufall, dass die Spieler vieles falsch gemacht haben, wenn sie den Mannschaftskollegen neben sich kaum (er)kennnen? Ist es ein Zufall wenn das Team kollektiv zerfällt, wenn Zlatan einmal nicht seine Magie auspacken kann und keine drei Treffer erzielt? Ich glaube es nicht.
Erik Hamren hingegen ging nicht zu den Wurzeln zurück, als seine Mannschaft im Begriff war mit Mann und Maus unterzugehen. Er fand keinen Weg das Team zu stabilisieren, machte das Mittelfeld nicht eng, ließ nicht konsequent genug gegen den Ball arbeiten…
Österreich gewann 4:1, es hätten aber auch sieben oder acht Gegentore fallen können. Die Qualifikation ist eigentlich so konzipiert, dass es fast schwieriger ist sie zu verpassen, als sich für die Europameisterschaft zu qualifizieren. Aber jetzt, wo wir in der leeren Friends Arena sitzen, fühlen wir den Herbst der Hoffnungslosigkeit und wir würden nicht auf unsere Chancen wetten. Es deprimiert mich, wenn Erik Hamren sich weigert einen Zusammenhang zwischen der Spielerfluktuation und dem Mangel an Kontinuität im Spiel zu sehen. Die Nationalmannschaft verlor 4:1 nach dem größten kollektiven Absturz in der Neuzeit.
Kommentar von Erik Niva (aftonbladet.se):
Es gab eine Zeit, da freute ich mich die Spiele der schwedischen Nationalmannschaft zu sehen und freute mich, wenn sie sich für ein Großereignis qualifizierten. Heute stelle ich fest, dass Schweden noch immer recht gute Chancen hat, um bei der Europameisterschaft mitzuspielen und mein erster Gedanke ist: Leider.
Wir schlimm könnte es wirklich werden? Wie viele verschiedene Möglichkeiten können sie finden, um uns zu enttäuschen? Ich dachte wirklich, dass mich nichts mehr aufregen könnte, als ein Matchauftakt, bei dem wir zum zehnten Mal ein frühes Gegentor kassieren. Jetzt kann ich sagen, dass ich mich geirrt habe. Man kann immer noch tiefer sinken. Es traumatisiert mich, dass ich herausfinden musste, dass es mittlerweile genug ist, einfache Spielzüge nach vorne zu machen, um das blau-gelbe Kartenhaus zum Einsturz zu bringen. Einmal, zweimal – zielen und Tor. Dreimal, viermal – zielen und Tor. Das Schlimmste, das ich je erlebt habe. Behrang Safari wurde nach seinem missglückten Outeinwurf gegen die niederländische Nationalmannschaft in Amsterdam verbannt. Was sollte nun mit dem Trainerteam passieren, das in Solna die gleichen Fehler machte, aber das gleich viermal? Es stand 2:0 für Österreich, aber dann wurde es noch schlimmer. Die knapp zehn Minuten zwischen dem zweiten Gegentor und der Halbzeitpause waren das absolut Schlimmste, was ich jemals als Fan der schwedischen Nationalmannschaft erlebt habe. Wir waren so miserabel. Es war abgrundtief gemein und unentschuldbar…
Aber was soll´s? Wir gingen in die kurze Pause und schickten dann den gleichen schwedischen Müll aufs Feld. Es ist durchaus möglich, dass ich die Niederlage gegen Holland verdränge, aber ich kann mich wirklich nicht erinnern, wann die schwedische Nationalmannschaft so schlecht aussah. Und wir haben nicht gegen den Vize-Weltmeister gespielt. Wir trafen auf ein Team, dass sich aus eigener Kraft seit 18 Jahren für kein Turnier mehr qualifizieren konnte…
Wäre nicht Andreas Isaksson gewesen, dann hätten wir 6:0, oder 7:0 verloren. Und jetzt fühlt es sich wirklich so an, als ob so ein Ergebnis besser für uns gewesen wäre, denn diese endgültigen Zahlen wären genauer gewesen. Vielleicht hätten wir nach so einer Verwüstung neu beginnen können, ganz von vorne. Aber so sind wir jetzt? Was genau soll man davon halten?
Seltsamerweise haben wir noch immer die Möglichkeit uns zu qualifizieren – eine Teilnahme an der Europameisterschaft ist sogar eher wahrscheinlich, wenn wir einen schwächeren Playoff-Gegner zugelost bekommen. Auf diese Weise hält sich der Verlust, Schweden kann noch immer bei der Europameisterschaft dabei sein. Das Schlimmste ist, dass es sich aber völlig egal anfühlt – es spielt einfach keine Rolle. Wie verdammt lustig ist es doch gedemütigt zu werden? Wir wussten es nicht, denn wir kannten es nicht. Bis gestern Abend.
Stefan Karger, www.abseits.at
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