Vor und nach der 2:0-Niederlage in Zagreb gegen Erzrivale Kroatien gab es große Kritik der serbischen Fußballfans an Mannschaft, Verband und Trainer. Dabei richteten... Problemanalyse zum Niedergang des Serbischen Teams: Die Auswirkungen

Pyrotechnik, FansVor und nach der 2:0-Niederlage in Zagreb gegen Erzrivale Kroatien gab es große Kritik der serbischen Fußballfans an Mannschaft, Verband und Trainer. Dabei richteten sich die kritischen Worte hauptsächlich den letzteren Zwei – der Mannschaft wurde trotz mangelnden Leistungen in den letzten Wochen und Monaten  kaum etwas vorgeworfen.

Auch nach der Niederlage gegen Kroatien wurden die Spieler weitestgehend von Kritik verschont. Begründung  dafür: Sie können es schlicht nicht besser. Wieso sie es aber nicht besser können, liegt vorrangig an der Spielerwahl des Trainers und sportpolitischen Hintergründen des Verbandes. In diesem letzten Teil der Serie sehen wir uns die Auswirkungen dieser zwei Faktoren an und wagen einen Zukunftsausblick.

Problematik wirkt sich aus

Bereits vor längerer Zeit war Nemanja Vidic aus der Nationalmannschaft zurückgetreten. Der wohl stärkste Innenverteidiger der Serben und in Topform vielleicht sogar Europas fehlt schmerzlich. Zwar gibt es mit Branislav Ivanovic, Matija Nastasic und Neven Subotic guten Ersatz, doch die Qualität ist dennoch nicht ganz so hoch. Auch weil Ivanovic eher auf der rechten Außenbahn spielt, Nastasic enorm jung ist und Subotic noch Einiges fehlt, um an einen fitten Vidic heranzukommen.

Der Trend dieser zurückgetretenen Spieler geht weiter. Nach Nemanja Matic und dem suspendierten Adem Ljajic soll nun auch Zdravko Kuzmanovic von Inter Mailand nicht mehr für die Nationalmannschaft auflaufen. Der zentrale Mittelfeldspieler mag aktuell nicht in Topform sein, ist aber nominell wohl genau das, was dem serbischen Team im zentralen Mittelfeld fehlt.

Durch die Bevorzugung von bestimmten Spielern gibt es schon eine erwähnte Grüppchenbildung. Doch die Problematik ist viel weitreichender und erstreckt sich auf Konsequenzen weit außerhalb der Nationalmannschaft. Einerseits gibt es eine schwächere Jugendförderung und daraus resultierend auch eine geringere Stärke der nationalen Liga.

Die (jungen) Spieler können statt mit herausragenden Leistungen auch mit einem herausragenden Berater in die Nationalmannschaft kommen. Vielen Talenten wird der Weg nach oben verbaut, anderen wiederum wird er absolut unverdient geebnet. Insbesondere Mittelstürmer Scepovic erhält von Fanseiten enorme Kritik und nicht nur seine Leistungen, sondern auch sein Talent werden in Frage gestellt.

Gleichzeitig werden jüngere Spieler aus Mangel an Herausforderung nicht ordentlich gefordert und somit auch nicht geschult. Doch das eventuell größte Problem dürfte die Außendarstellung auf potenzielle Nationalmannschaftsspieler sein, die noch eine andere Wahl haben. Diese sogenannten „Diaspora-Spieler“ sind zumeist keine Durchschnittsspieler. Sie sind taktisch wie technisch sehr gut geschult, spielen in besseren Ligen und verfügen über relativ viel Erfahrung.

Solche Spieler entscheiden sich nicht (nur) aus emotionalen Gründen gegen die serbische Nationalmannschaft. Akteure wie Bojan Krkic, Marko Arnautovic und Marko Marin sind keine Idioten – wieso sollten sie sich in jungen Jahren für einen Verband entscheiden, der sich aus Desinteresse und Inkompetenz nicht um sie bemüht, sie nicht einmal kennt und müssen sich auch mit weniger talentierten Spielern um einen Platz streiten, den sie eigentlich verdient hätten?

Diese Probleme werden wohl auch über die nächsten Jahre noch sichtbar sein. Im Gegensatz zur kroatischen oder auch bosnischen Nationalmannschaften werden sich relativ gesehen viele Spieler aus der Diaspora gegen die Heimat ihrer Vorfahren entscheiden, viele heimische Talente werden im Sog von Nichtberücksichtigung, schlechter Ausbildung und einem schwachen Umgang mit einem hohen Medienfokus untergehen; Supertalent Nikola Ninkovic leidet jetzt schon darunter. Zuerst wurde er in den Himmel gehypt, was seiner Psyche nicht gut tat – und als er sich von Berater Ramadani trennte, war er „plötzlich“ nicht mehr Stammspieler im Verein, ohne ersichtliche Unterlegenheit in der Leistung gegenüber seiner Konkurrenz.

Ein kurzes Fazit und eine kleine Zukunftsausblick

Alles in allem kann man also sagen, dass es um den serbischen Fußball schlecht steht. Viele Spieler scheinen gar nicht oder falsch eingesetzt zu werden, der Verband zerstört den eigenen Fußball und es gibt einen Trainer, hinter dessen fachlicher Kompetenz und zwischenmenschlichen Fähigkeiten ein großes Fragezeichen steht.

Ein weiteres Indiz dafür (sowie für die dubiosen Verbindungen zu Ramadani) ist der Fakt, dass bislang mehr als 45 Spieler unter seiner nicht einmal einjährigen Ägide zum Einsatz kamen und noch kein einziges Mal die gleiche Elf gespielt hat.

Diese mangelnde Eingespieltheit wirkt sich natürlich auch auf das Offensivspiel aus. Im Spiel gegen Schottland wird man sogar ohne gelernten Linksverteidiger spielen müssen, weil der gelb-belastete Kolarov sich eine gelbe Karte gegen Kroatien abholte, aber Mihajlovic zuvor keinen zweiten Linksverteidiger in den Kader berufen hatte. Interessant auch, dass er vor dem Spiel gegen Kroatien seinen Spielern drohte, dass er jenen Spieler nie mehr berufen würde, der sich eine rote Karte abholen würde.

Doch die Probleme auf dem Trainerstuhl sind noch relativ klein. Eine schlechte Spielerwahl, eine mangelhafte Taktik und eine generelle Fehlbesetzung auf dem Trainerstuhl kann man durch einen neuen, kompetenten Trainer einfach ausbessern. Die Probleme gab es auch vor Mihajlovic.

Das Jahr 2011 wurde beispielsweise mit folgender Statistik beendet:

Israel – Serbia 0:2
Serbia – Northern Ireland 2:1
Serbia – Estonia 1:3
South Korea – Serbia 2:1
Australia – Serbia 0:0
Russia – Serbia 1:0
Northern Ireland – Serbia 0:1
Serbia – Faroe Islands 3:1
Estonia- Serbia 1:1
Slovenia – Serbia 1:0
Mexico – Serbia 2:0
Honduras – Serbia 2:0

12 Spiele: 4 Siege, 3 Unentschieden, 5 Niederlagen (15 Punkte; aktuell sind es in der Qualifikationsgruppe 5 in 5 Spielen), 11 Tore und 12 Gegentore (-1 Tordifferenz)

Die Gründe liegen also tiefer, denn die serbische Nationalmannschaft ist ja potenziell alles andere als schwach aufgestellt.

Beispielsweise könnte die Viererkette mit den herausragenden Innenverteidigern und den Außenverteidigern von internationaler Klasse zu den besten Abwehrreihen Europas gezählt werden. Vorne gäbe es sicherlich bei konsequenter Nutzung des Spielermaterials und Fokus auf dem Einspielen effektiver gruppentaktischer Offensivspielzüge sicherlich eine gefährliche Offensive.

Insgesamt liegt das Problem also beim Verband, welcher die Wurzel allen Übels ist. Darum sollte man sich in Serbien ein Beispiel an Bosnien in puncto Änderung des Führungsstils der Nationalmannschaft nehmen und in Kroatien an der Nutzung des brachliegenden Potenzials an Jugendspielern.

Unter anderem gibt es mit Akteuren wie Lazar Markovic, Nikola Ninkovic, Andrija Zinkovic und Danilo Pantic einige sehr große Talente, die bei richtiger Ausbildung den Sprung zur internationalen Klasse machen könnten.

Wenn sich die Nachwuchsführung und die Umstände beim Verband verändern, könnten die Serben zu den kleineren Nachbarn Bosnien und Kroatien aufschließen. Aktuell sind sie vermutlich sogar hinter Slowenien und Montenegro nur auf Platz Fünf in einer Reihung ehemaliger Staaten des früheren Vielvölkerstaates Jugoslawien.

Rene Maric, abseits.at

Rene Maric

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