Dorfvereine in der höchsten Spielklasse, Lizenzübertragungen und Bestechungsskandale tragen nicht unbedingt zur Attraktivitätssteigerung des Fußballs bei. Die tschechische Gambrinus Liga liegt, bei einem Schnitt... Stell dir vor es ist Fußball und keiner geht hin (2) – Příbram

Dorfvereine in der höchsten Spielklasse, Lizenzübertragungen und Bestechungsskandale tragen nicht unbedingt zur Attraktivitätssteigerung des Fußballs bei. Die tschechische Gambrinus Liga liegt, bei einem Schnitt von lediglich knapp 4.500 Zuschauern, weltweit nur auf Platz 40 der bestbesuchten Ligen, trotz einiger Traditionsmannschaften, wie Sparta und Slavia Prag, Baník Ostrau und den gut besuchten Teams aus Brünn und Pilsen. Die zweite Liga (Druhá Liga) kommt zudem nur auf knapp 1.000 Zuschauer pro Spiel. Diese Zahlen werfen die Frage auf, weshalb Tschechiens Profiligen derart an Besuchermangel leiden. Teil 2 handelt vom 1.FK Příbram.

Die Fußballwelt zu Gast in Příbram?

Příbram ist ein kleines Wallfahrtsstädtchen in der tschechischen Provinz mit rund 30.000 Einwohnern, idyllisch gelegen zwischen Pilsen und Prag. Im Westen der Stadt befindet sich die 9.100 Zuschauer fassende Startip Arena. Hier trägt der 1. FK Příbram seine Heimspiele aus, doch gefüllt ist das Stadion meist nur recht dürftig. Die Mannschaft hat sich in den letzten Jahren das „Graue Maus“ Image der Gambrinus Liga erworben. Man schnuppert ab und zu an den oberen Plätzen, ist aber zumeist darauf bedacht, sicheren Abstand auf die Abstiegsplätze zu wahren. Fakt ist, dass der 1.FK Příbram beileibe kein Zuschauermagnet ist. Noch schlimmer ist jedoch die Tatsache, dass ein Heimspiel von den gegnerischen Fans bestimmt wird, da meist nicht einmal „Pro-Příbram“-Sprechchöre zu vernehmen sind.

Soweit so gut, mag man meinen. Ein kleiner Verein aus einer Kleinstadt, der schlechten Zuschauerzuspruch hat. So etwas findet man auch woanders. Doch ein Blick auf die Klubhistorie der vereinseigenen Homepage macht stutzig. 11x tschechoslowakischer Meister, 4x tschechischer Pokalsieger, 8x tschechoslowakischer Pokalsieger, sowie mehrfacher Teilnehmer am UEFA-Pokal und am Europapokal der Landesmeister. Na das wüsst‘ ich aber…

Weltfußball in Prag!

Wer ein wenig im tschechoslowakischen Fußball bewandert ist, der weiß, dass zur Zeit des Kommunismus der FK Dukla Prag das Maß aller Dinge war. Gegründet als ATK Prag im Jahr 1948, nach der Machtübernahme der Kommunisten, schwang sich Dukla schon bald zur treibenden Kraft des tschechoslowakischen Fußballs auf. Dukla fungierte als, vom Staat geförderter, Armeeverein, an den alle andere großen Teams, wie Sparta und Slavia ihre talentiertesten Spieler abzutreten hatten. Das wiederum förderte nicht unbedingt die Akzeptanz innerhalb der Bevölkerung. Die geringen Zuschauerzahlen hinderten Dukla jedoch nicht daran, ab den sechziger Jahren die Liga zu dominieren und eben jene Titel einzufahren, auf die sich der 1.FK Příbram beruft.

Die dürftige Tradition des Fußballs in Příbram

In Wirklichkeit ist es um den Fußball in Příbram nicht so gut bestellt, wie es uns die Vereinsführung gerne vorgaukeln möchte. Der 1.FK Příbram wurde 1928 als SK Březové Hory gegründet und 1968 in Baník  Příbram umbenannt. Bis 1997 spielte er ausschließlich unterklassig und steht mit keinem der, oben genannten, Erfolge in Verbindung. Erst 1997 stieg man die die höchste tschechische Spielklasse auf, in der man sich bis 2007 behaupten konnte. Nach einem Jahr in der zweiten Liga schaffte man den sofortigen Wiederaufstieg und hält sich seitdem stets im gesicherten Mittelfeld der Tabelle auf.

Die Verbindung: 1.FK Příbram – FK Dukla Prag

Wie kommt es aber dazu, dass sich der 1.FK Příbram mit fremden Federn schmücken darf?

Als der FK Dukla Prag nach dem Fall des „Eisernen Vorhangs“ keine finanzielle Unterstützung vom Staat erhielt und den viert-schlechtesten Zuschauerschnitt der Liga aufwies, kam es wie es kommen musste. Nachdem man einige Jahre dem Abstieg knapp entrinnen konnte, verließ Dukla 1994 die neugegründete tschechische Liga und stieg direkt in die 3. Liga ab, da man für Liga 2 keine Lizenz erhalten konnte. Daraufhin erfolgte eine Fusionierung im Herrenbereich mit dem FC Příbram und Dukla nahm dessen Startplatz in der zweithöchsten Spielklasse ein. Im darauffolgenden Jahr stieg man wieder in die erste Liga auf. Der schlechte Zuschauerschnitt in der Hauptstadt und ein gescheitertes Bauvorhaben des Vereinsinhabers Ďuričko führten schließlich dazu, dass die Herrenabteilung ihren Sitz nach Příbram verlegte, während die acht Jugendmannschaften weiterhin in Prag unter dem Namen Dukla Prag blieben.

Die nun in Příbram beheimatete Mannschaft trat ab diesem Zeitpunkt als FC Dukla auf. Erst 1998 wurde der Ortsname hinzugefügt. 2000 folgte der Einstieg des Investors Marila, woraufhin der Vereinsname in FC Marila Příbram geändert wurde. 2008 änderte man, nach dem Ausstieg Marilas, die Vereinsfarben von rot-gelb (die Farben Duklas und gleichzeitig die Farben des Marila-Konzerns) in schwarz-grün und ein weiteres mal den Vereinsnamen von FC Marila Příbram in 1.FK Příbram.

In Prag stand man, mit dem Abgang der Herrenmannschaft, vor vollendeten Tatsachen. Zwar hatte man acht Jugendmannschaften, jedoch kein Herrenteam, welches diese Jugendspieler auffangen hätte können. Dies hatte, aufgrund der mangelnden Perspektive bei Dukla Prag, den Abgang von höchst talentierten Jugendspielern zufolge. Mit Dukla Dejvice fand man allerdings einen Partner, der einer Fusion zustimmte. Hierbei handelte es sich ebenfalls um ein ehemaliges Armeesportteam, dessen erste Mannschaft jedoch nie über Liga 5 hinauskam. Die Aufbruchstimmung währte allerdings nur kurz, da man schon 2003 vom fünfthöchsten Wettbewerb in die A-Klasse abstieg. Erst als Dukla Prag einen starken Wirtschaftspartner fand, begann sowohl die sportliche, als auch die wirtschaftliche Sanierung. Durch den Investor konnte endlich der Abgang vom Jugendspielern gestoppt und der Kader qualitativ verstärkt werden. Das wichtigste Puzzlestück für den Aufstieg Duklas war jedoch die Tatsache, dass der Eigentümer des Zweitliga-Dorfklubs Jakubčovice sich vom Fußballgeschäft zurückzog und die Lizenz im Sommer 2007 an Dukla verkaufte. 2010/2011 kehrte Dukla Prag wieder ins tschechische Fußballoberhaus zurück und ist seitdem stets in der oberen Tabellenhälfte zu finden. Obwohl sich die Mannschaft seit dem Aufstieg als zweite Kraft in Prag (vor Slavia, hinter Sparta) etabliert hat, verlaufen sich nur wenige Zuschauer in das wunderschöne Stadion „Na Julisce“, von dem aus  man einen wunderschönen Blick über den Norden Prags genießen kann.

Wohin geht der Weg?

Sowohl Příbram, als auch Dukla Prag weisen einen Zuschauerschnitt von unter 2000 Besuchern auf und liegen in dieser Hinsicht am Tabellenende. Selbst bei größeren Erfolgen würden diese Mannschaften keinen größeren Zuschauerzuspruch erleben, da sie einfach nicht in den Herzen der fußballbegeisterten Bevölkerung Tschechiens verankert sind und als Retortenteams betrachtet werden. Lustig oder traurig mag man das finden, doch bleibt es interessant festzustellen, dass sich aus einem schlecht besuchten Team, zwei bilden konnten, die sich beide ihren Platz im tschechischen Profifußball erarbeiten konnten und sich zudem auf die gleiche Historie berufen.

In Příbram geht, nach dem ansehnlichen neunten Platz 2011/2012, die Abstiegsangst um. Nur 13 Punkte aus 16 Spielen bedeuten die rote Laterne. Jedoch sind die Abstände im Tabellenkeller ungemein gering, weshalb eine Prognose schwierig zu fällen ist. Dukla Prag schloss die letzte Saison als sechster ab und findet sich pünktlich zur Winterpause wieder auf dem sechsten Rang. Das zeugt von konstanter Arbeit und es bleibt abzuwarten, ob sich nicht doch der ein oder andere Prager für Dukla gewinnen lässt.

Max Teubner, abseits.at

Max Teubner

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