Steven Gerrard | Die Lehrzeit im Ibrox-Park für das Anfield-Comeback!?
Weitere Länder 12.August.2018 Werner Sonnleitner 0
Nur wenige Spieler haben einen Verein in den „Nuller-Jahren“ so geprägt wie Steven Gerrard seinen Hometown-Club, den FC Liverpool. Die Vereinsikone kehrte Anfang 2017 zu den „Reds“ zurück und coachte in der Vorsaison die Youth-League-Vertreter der U18 beim Merseyside-Klub. Nun zog der 38-Jährige weiter, sich im Norden beim Traditionsverein Glasgow Rangers seine Sporen im Erwachsenen-Fußball zu verdienen. Die Saison hat für die Rangers schon verheißungsvoll begonnen, wir schauen uns deshalb die neue Verbindung Gerrard/Rangers etwas genauer an. Und gleichzeitig möchten wir beleuchten ob bzw. was zu einem späteren Zeitpunkt für eine Anfield-Rückkehr – eventuell gar als Nachfolger von Jürgen Klopp – sprechen könnte.
Der neue Chef-Trainer im Ibrox-Stadium
Seit Anfang Juni ist Steven Gerrard bei den Glasgow Rangers in Amt und Würden. Knapp zehn Wochen in denen es schon eine Reihe von Aufgaben zu bewältigen gab. Zum Meisterschaftsauftakt setzte es in der Vorwoche bei Aberdeen in Unterzahl ein 1:1. Zuvor meisterte man beide Euroleague-Quali-Duelle gegen FC Shkupi und NK Osijek souverän wie ungeschlagen. Am Donnerstag wurde daheim gegen Maribor mit einem 3:1 der Grundstein für das Europa-League-Playoff gesetzt. Dort würde mit dem FK Ufa (Russland) oder Progrés Niederkorn (Luxemburg) ein machbarer Gegner warten. Das Hinspiel gewann Ufa mit 2:1.
Heute folgt mit Aufsteiger St. Mirren eine Pfichtaufgabe beim Heimspiel-Liga-Debüt. Da wird dann der neue Boss erstmals ein Ligaspiel im mit 51.000 frenetischen „Bluenoses“ wohl vollbesetzten Ibrox-Park coachen. Im Vorjahr kamen dorthin zu den Spielen im Schnitt knapp 49.000, 2012/13 in der Drittklassigkeit (!) 45.700, das Jahr darauf in der zweiten Liga über 42.000!
Schon nächste Woche könnte er dann auf einen Österreicher treffen, wenn es im Ligacup zum neuen Klub von Daniel Bachmann, dem Kilmarnock FC geht. Am 2. September ertönt dann „You’ll never walk alone“ aus den Stadionboxen. Für die Liverpool-Legende wohl ein irritierend ungewohntes Gefühl, weil vom erbitterten Lokal-Rivalen gesungen. Richtig kombiniert – Da geht es nämlich in den Celtic-Park zum berühmten Old-Firm-Derby.
By the way – Gerrards Vertrag bei den Rangers läuft übrigens bis 2022, wobei ja solche Angaben im Trainer-Business heutzutage ohnehin immer mehr zur Randnotiz verkommen.
Die Ausrichtung und das Personal
Taktisch stellte Gerrard das bei den Liverpool-Youngsters präferierte 3-4-2-1 nun Richtung Kloppschen 4-3-3 um. Wenngleich auch an die Kaderqualität angepasst, etwas defensiver ausgerichtet. Personaltechnisch borgte sich der 38-Jährige Schützlinge der Vorsaison aus, wie etwa Ovie Ejaria oder Ryan Kent. Diese Talente soll er im Auftrag der „Reds“ in den Profifußball integrieren. Im gefürchteten, weil schwer verständlichen Scouser-Dialekt kann er sich mit einem ehemaligen Mitspieler unterhalten. Mit Jon Flanagan steht nämlich auch ein gebürtiger Liverpooler-Junge im Kader.
Das Saisonziel ist klar vorgegeben. Nach dem Zwangsabstieg in Liga drei soll in der dritten Saison nach der Rückkehr in die Scottish Premiership die Lücke zum Stadtrivalen und Serienmeister Celtic weiter geschlossen werden. Im Vorjahr betrug diese noch satte zwölf Zähler am Punktekonto. Dazu wäre auch eine Verbesserung des 54-fachen schottischen Meister in der Tabelle, also (mindestens) Rang zwei Wunsch, Ziel und Anspruch zugleich.
Die Namen im Kader sind für Nicht-Insider wohl nur eher mäßig bekannt. Der Bekannteste ist Schlussmann Allan McGregor, ein 38-facher Teamspieler und Glasgower Urgestein. Die Kapitänsbinde trägt Rechtsverteidiger James Tavernier, hinter den Spitzen soll Scott Arfield für Offensivpower sorgen. In der Spitze werden große Hoffnungen auf einen weiteren Höhenflug hin zum endgültigen Durchbruch des kolumbianischen Talents Alfredo Morelos gesetzt. Der 21-Jährige traf im Vorjahr schon 18-mal und bereitete acht Treffer vor. Seinen kongenialen Partner Josh Windass musste man – mit den exakt gleichen Scorer-Werten – erst diese Woche Richtung Wigan ziehen lassen.
Eineinhalb Jahre in der Liverpooler Coachingzone
Seine ersten Coaching-Erfahrungen holte sich der „Mr. Liverpool“ bei seiner alten Wirkungsstätte. Als Assistent im Frühjahr 2017 verdiente er sich seit letzten Sommer seine ersten Sporen als allein verantwortlicher Headcoach im Nachwuchs an der Anfield Road. Dort schaltete er in der UEFA-Youthleague immerhin den großen Rivalen Manchester United aus, ehe im Viertelfinale gegen deren Stadtrivalen City Schluss war. In der U18 Liga belegten die jungen „Reds“ hinter den beiden Manchester-Klubs Rang drei. Unabhängig von Tabellenplätze und Resultate steht in diesem Bereich die Weiterentwicklung von Spielern hin zum Profifußball im Fokus. Der Fortschritt wird von Beobachtern und Insidern als durchaus positiv eingestuft, wobei man dies zum heutigen, frühen Zeitpunkt noch schwer beurteilen kann. Auf jeden Fall stellte man den Ex-Kapitän ein positives Zeugnis aus.
Ein mögliches Comeback in Liverpool?
Der Abgang in den Profibereich zu den Rangers wurde im Verein durchaus positiv goutiert. Der Schritt weg könnte im Nachhinein den ersten Schritt zurück an die Anfield-Road bedeuten. Naturgemäß sind solche Thesen zum jetzigen Zeitpunkt nichts als reine Spekulation. Doch die Anzeichen rund um den FC Liverpool – allen voran natürlich bei den Fans aber auch das aktuelle Board und nicht zuletzt Coach Jürgen Klopp selbst – befeuern ein mögliches Comeback der Vereinsikone in ferner Zukunft. Selbstverständlich eher nicht in nächster Zeit. Doch irgendwann wird der 51-Jährige Klopp die Coachingzone in Liverpool freimachen. Bis dahin muss sich Gerrard im Haifischbecken Profifußball profilieren. Gelingt dies, wäre eine sentimentale Rückkehr des Local-Heroes eine durchaus logische, zumindest mögliche Konsequenz. Was auch Jürgen Klopp als „super Sache für den Klub und die Fans“ positiv beurteilte. Mit dem Nachsatz natürlich, erst wenn er irgendwann mal seine Tätigkeit an der Anfield Road beenden wird – noch hat er viel vor mit dem Champions League Finalisten.
Bis dahin steht für den Rangers-Trainer ohnehin noch viel Arbeit bevor und fließt viel Wasser die Merseyside runter. Gerade in der heutigen Zeit zeigt sich mehr denn jäh, dass ehemalige Weltklasse-Spieler nur selten den Durchbruch zum ganz großen Weltklasse-Trainer schaffen – von den Herren Zidane, Guardiola unter anderem einmal abgesehen. Gerade bei Großklubs mit internationalen Eigentümern und hohen Ansprüchen zählen Ergebnisse und Fakten mehr als eine sentimentale Komponente. So gesehen bleibt es spannend, wie sich die Trainerkarriere des Champions-League-Siegers von 2005 entwickeln wird. Bei den Glasgow Rangers kann man diese Entwicklung zumindest jetzt beobachten und schon vorsichtig beurteilen.
Werner Sonnleitner, abseits.at
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Werner Sonnleitner
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