Im fünften Teil dieser Serie betrachten wir einen Kicker, der als Jugendlicher als eine der größten Nachwuchshoffnungen Brasiliens galt und die Zuschauer mit einem... Ungewöhnliche Karrieren (5) – Kerlon

Im fünften Teil dieser Serie betrachten wir einen Kicker, der als Jugendlicher als eine der größten Nachwuchshoffnungen Brasiliens galt und die Zuschauer mit einem ganz besonderen Trick ins Staunen versetzte. Kerlon perfektionierte nämlich den „Seehund-Trick“ und rannte durch die gegnerischen Abwehrreichen, während er den Ball auf seinem Kopf jonglierte. Ein Spielstil der dem Publikum gefiel, von dem sich jedoch viele Gegenspieler provoziert fühlten.

Kerlon Moura Souza wurde am 27. Jänner 1987 in Ipatinga geboren, einer brasilianischen Stadt, die in erster Linie für ihre Stahlindustrie bekannt ist. Kerlon interessierte sich jedoch nur wenig  für Stahl, sondern war schon als Kind ständig am Fußballplatz, wo er seine Technik perfektionierte und unentwegt den „Seehund-Trick“ übte, weswegen er von seinen Freunden den Spitznamen „Foquinho“ (kleiner Seehund) verpasst bekam. Mit 13 Jahren kam er in den Nachwuchs von Cruzeiro Esporte Clube und debütierte schließlich vier Jahre später in der Kampfmannschaft, nachdem er eine großartige U17-Südamerikameisterschaft absolvierte.

Torschützenkönig und bester Spieler des Turniers

Der offensive Mittelfeldspieler führte seine Mannschaft im Jahr 2005 bei der U17-Südamerikameisterschaft in Venezuela zum Turniersieg. Nebenbei wurde er Torschützenkönig (sieben Spiele, acht Tore) und gewann die Wahl zum besten Spieler des Turniers. Seine Leistung und seine spektakuläre Spielweise sorgten auch in Europa für Aufsehen und er wurde seit  diesem Turnier von mehreren Vereinen genau beobachtet.

Chievo verpflichtet Kerlon für Inter Mailand

Mit 20 Jahren verließ Kerlon sein Heimatland Richtung Italien. Er unterschrieb einen Vertrag bei Chievo, wobei es eine ausgemachte Sache war, dass er eine Saison danach an Inter Mailand abgegeben werden würde. Durch dieses Transferspielchen wurde, so wie zuvor schon bei Torhüter Júlio César, die Regelung umgangen, die die Anzahl der Nicht-EU-Bürger im Verein festsetzte. Sein Engagement in Europa stand jedoch von Anfang an unter keinem guten Stern, denn eine im Jahr zuvor zugezogene Knieverletzung machte ihm das Leben schwer. In der gesamten Saison konnte er deshalb nur vier Einsätze für Chievo absolvieren.

Inter Mailand und zahlreiche Leihgeschäfte

Einerseits fehlte ihm nun die Spielpraxis um sich bei Inter durchsetzen zu können, andererseits plagte er sich noch immer mit der Knieverletzung herum, die nie komplett ausheilen sollte. Bei Inter hatte er jedenfalls keine Chancen auf einen Platz in der Mannschaft und so wurde er an Ajax Amsterdam verliehen, wo er jedoch ebenfalls nicht Fuß fassen konnte. Er musste im Reserve-Team spielen und als er nach einer Saison zu Inter zurückkam verletzte er sich erneut beim Training. In weiterer Folge verliehen ihn die Italiener an zwei brasilianische Vereine: zuerst an Paraná Clube, später an Nacional de Nova Serrana. Er absolvierte für beide Vereine nur eine einzige Partie und wechselte vor einigen Tagen zu Fujieda MyFC – in die dritte japanische Liga.

Der Seehund-Trick

Die Fans liebten den Trick, die Gegenspieler fühlten sich provoziert und stoppten ihn meist mit unfairen Mitteln. Als er noch für Cruzeiro auflief, sorgte ein Foul des rechten Atlético-Mineiro-Außenverteidigers Coelho für negative Schlagzeilen. Der Abwehrspieler wurde zunächst für 120 Tage gesperrt, später wurde die Strafe auf fünf Spiele reduziert:

Coelho foult Kerlon

Weitere Beispiele für den Seehund-Trick

Fazit

Es ist wirklich schade, dass die hartnäckige Knieverletzung Kerlons Karriere zunichtemachte. Wir werden nie erfahren, wie effektiv der Seehund-Trick auf höchstem Niveau gewesen wäre. Aber auch abseits des Tricks hatte Kerlon viel Potential und war bei Ballbesitz vollkommen unberechenbar. Er überhob seine Gegenspieler ansatzlos und war immer für die eine oder andere Überraschung gut. Der damalige Inter-Trainer José Mourinho glaubte an Kerlsons Talent und hoffte lange, dass er seine Verletzung erfolgreich auskurieren würde. Heute ist Kerlon erst 24 Jahre alt, aber fußballerisch komplett in der Versenkung verschwunden. Ein Comeback bei einem Spitzenverein wäre leider ein kleines Wunder.

Stefan Karger, www.abseits.at

Stefan Karger

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