Ältere Semester werden sich vielleicht an die britische Serie „Unser Boss ist eine Frau“ erinnern, in der Gabrielle Benson einen englischen Zweitligisten übernahm, sich... Unser Boss ist eine Frau – Helena Costa wird Chefcoach beim französischen Zweitligisten Clermont Foot 63

DribbelnÄltere Semester werden sich vielleicht an die britische Serie „Unser Boss ist eine Frau“ erinnern, in der Gabrielle Benson einen englischen Zweitligisten übernahm, sich gegen die zahlreichen Vorurteile durchsetzte und in der letzten Folge der zweiten Staffel den Klub schließlich in die Premier League führte. Knapp 25 Jahre nach der 1989/1990 produzierten Serie dürfen wir nun abseits des TV-Schirms eine Frau als Chefcoach bei einem Profiverein begrüßen, denn die Portugiesin Helena Costa übernimmt das Trainerzepter beim französichen Zweitligisten Clermont Foot 63.

Ihr bisheriger Werdegang

Helena Margarida dos Santos Costa wurde am 15. April 1978 in Alhandra geboren, wo sie in der Nachwuchsmannschaft des Alhandra Sporting Club spielte. Sie musste bereits mit 21 Jahren ihre aktive Karriere verletzungsbedingt beenden, wollte diesem Sport jedoch weiterhin treu bleiben und schloss in Portugal neben ihrem Studium der Sportwissenschaften die Trainerausbildung ab. Ihre Ergebnisse konnten sich dabei sehen lassen. Die C-Lizenz schloss sie als beste von 120 Kandidaten ab, bei der B-Lizenz erzielte sie das zweitbeste Rating von 100 Teilnehmern, ebenso wie bei der A-Lizenz, wo sie unter 30 Kollegen das zweitbeste Ergebnis erreichte. Aufgrund dieser tollen Leistungsnachweise bekam sie einen Job als Co-Trainer im Jugendbereich bei Benfica. Sie leistete dort hervorragende Arbeit, sodass sie zur Hauptverantwortlichen für die U9 und U10-Mannschaft des portugiesischen Traditionsvereins befördert wurde. Später übernahm sie dann auch die U17-Mannschaft und gewann mit dieser zweimal das World Youth Tournament. Neben den Jugendmannschaften betreute sie ebenfalls erfolgreich das Benfica-Seniorenteam mit dem sie die regionale Meisterschaft gewann.

Ihre ersten Erfahrungen als professioneller Scout machte sie beim Leixões Sport Club in der Saison 2004/05. Zwischen 2008 und 2010 arbeitete sie in dieser Funktion bei Celtic. Dazwischen trainierte sie die Damenmannschaften von SRD Cheleirense und SU 1º Dezembro. Zwischen 2010 und 2012 betreute sie die Frauennationalmannschaft Katars und leitete Trainerkurse für den katarischen Fußballverband. Anschließend übernahm sie die Damennationalmannschaft Irans, wo sie bis zu ihrem Engagement bei Clermont Foot 63 arbeitete.

Ihr neuer Verein

Die meisten Anhänger von Clermont werden die Tage als ihr Verein in der höchsten Leistungsstufe spielte nicht miterlebt haben, denn dies war zuletzt in der Saison 1944/45 der Fall. Danach hatte der Klub immer wieder mit finanziellen Problemen zu kämpfen und konnte nicht durchgehend als Profiverein geführt werden. Zwischen 1980 und 1993 kämpfte sich der Verein von der sechsten in die zweite Spielklasse vor und erzielte dabei im französischen Cup einige Achtungserfolge. 2006 stieg Clermont wieder in die dritte Liga ab, schaffte aber in der folgenden Saison den Wiederaufstieg. In den letzten beiden Saisonen blieb der Klub hinter den eigenen Erwartungen zurück und landete im hinteren Mittelfeld, nachdem er in den Saisonen davor einige Male um den Aufstieg in die Ligue 1 mitspielte. Helena Costa soll nun den Klub nach 70 Jahren wieder in die höchste Spielklasse führen – so wie es Gabrielle Benson in der TV-Serie gelang.

Die Reaktionen auf Costas Verpflichtung

Clermont-Stammspieler Emmanuel Imorou erklärte gegenüber der französischen Sportzeitung L’Équipe, dass er und seine Mannschaftskollegen die Verpflichtung zuerst nur für ein Gerücht hielten und dann überrascht waren, als der Sportdirektor die Meldungen bestätigte. Alles in allem nahmen die Spieler die Nachricht positiv auf, auch wenn sich einige Gedanken machten, ob sie die notwendige Autorität für diesen Job mitbringt. Positiv ist jedenfalls, dass sie mit zahlreiche Erfahrungen im Nachwuchsbereich ausgestattet ist, da beim Verein in der kommende Saison nur 17 Profis im Kader stehen werden und die restlichen Kaderplätze mit Eigenbauspielern aufgefüllt werden.

Abwehrspieler Anthony Lippini steht der Verpflichtung ohnehin positiv gegenüber. Der 25-Jährige meint, dass auch beim Militär Frauen am Anfang viel Skepsis entgegengebracht wurde, nun aber als etwas völlig Alltägliches betrachtet werden. Lippini hofft, dass dies nun auch im Fußball der Fall sein wird.

Auch ihr ehemaliger Arbeitgeber aus Schottland meldete sich nach dem Vollzug zum Wort und gratulierte ihr zu ihrem neuen Job: „“She did an excellent job for us and we know she will give her new position the same high level of commitment and dedication which she gave to Celtic.”

Insgesamt reagierten die Medien durchaus positiv auf Costas Verpflichtung, die nun eine Vorreiterrolle einnimmt und in den kommenden Monaten genau unter Beobachtung stehen wird. Wir wünschen ihr jedenfalls viel Erfolg bei ihrer neuen Aufgabe und hoffen, dass es so läuft, wie es Emmanuel Imorou am Ende seines Interviews prophezeite:  Die Debatten um ihre Person werden aufhören, wenn sie den Klub in die Ligue 1 führt.

Stefan Karger, www.abseits.at

Stefan Karger

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