In dieser Serie gehen wir auf einzelne Weltklassetalente ein, die auf dem Sprung standen – und ihn nicht schafften. Zumeist waren es persönliche Tragödien, Verletzungen oder einfach die Umstände ihrer Karriere: Die Aussage „Zur falschen Zeit am falschen Ort“ kann manchmal schmerzhaft wahr sein.
Wir lassen die Karrieren diverser Akteure Revue passieren, spekulieren über die mögliche Auswirkung ihres fehlenden Durchbruchs in der Geschichte des Fußballs und ein kleines „was wäre, wenn…?“ darf natürlich auch nicht fehlen. Immerhin besitzt nahezu jeder Fußballfan noch eine schöne Erinnerung an solche Spieler und jene fragende Wehmut, welche Erinnerungen man nicht verpasst hat.
In diesem Teil widmen wir uns …
Omar Sahnoun
Beim Gedanken an bekannte französische Mannschaften der Moderne fallen einem wohl der ehemalige Serienmeister Olympique Lyon, vielleicht noch der AS Monaco aus der sehr erfolgreichen CL-Saison 2004 und natürlich das Starensemble des neureichen Paris St. Germain ein. Ein paar andere werden sich vielleicht an Rekordmeister Saint-Etiénne erinnern, ohne je ein Spiel der großen Mannschaft in den 70ern gesehen zu haben. Ein paar Lesern wird vielleicht noch das skandalumwobene Olympique Marseille in den Sinn kommen, welches 1993 als einziges französisches Team die Champions League für sich entscheiden konnte.
Nur wenigen wird der FC Nantes der frühen Achtziger in den Sinn kommen, welches sich zwischen 1980 und 1983 viermal in den Top-2 platzieren konnte. Einige Spieler wurden durch die Leistungen für die französische Nationalmannschaft nominiert: Der spielstarke Sechser Henri Michel, der Innenverteidiger Maxime Bossis oder das Außenverteidigerpärchen Michel Bibard und William Ayache. Einem der besten Nantes-Spieler schien aber das Pech ebenso an den Füßen zu kleben wie das Talent.
Ein Pechvogel mit einem goldenen Fuß und einem Herzleiden
Omar Sahnoun wechselte just zur Saison 1979/80 zu Girondins Bordeaux, bevor Nantes seine beste Zeit erleben sollte. Doch auch davor hatte Sahnoun in seiner Karriere schon Pech und Glück. Glück, dass der gebürtige Algerier bereits mit 17 Jahren bei Nantes erleben durfte und somit beim Titel 1972/73 dabei war. Beim nächsten Titel, 1976/77, war er gar einer der Schlüsselspieler.
Bei Nantes mauserte er sich vom talentierten Zehner zu einem der besten Achter Frankreichs, wenn nicht sogar Europas. Sahnoun verband eine hohe Athletik mit beeindruckender Spielintelligenz und toller Technik. Durch diese Vielfalt beeindruckender Fähigkeiten konnte er als Zehner oder hängender Stürmer im Angriff spielen, als Sechser oder Achter im Mittelfeld oder gar als Libero oder Innenverteidiger in der Abwehr – trotz einer Größe von nur 175cm.
Wo und wann auch immer Sahnoun gebraucht wurde, war er da. Trotzdem war er europaweit kaum bekannt. Wieso er Zeit seiner Karriere so unbekannt war, lag nämlich an seinen gesundheitlichen Problemen; Sahnoun litt unter Herzproblemen. In seinen sieben Jahren konnte er nur zwei Saisons komplett durchspielen, seine beste war dabei die Meistersaison 1976/77, als er in 32 Spielen beeindruckende 15mal traf.
Keine Besserung in Sicht
Ursprünglich hätte er 1978 auch zur Weltmeisterschaft nach Argentinien mitfahren sollen. Der erst 23-jährige Sahnoun erlitt aber einen gesundheitlichen Einbruch (Herzinfarkt) und musste die Teilnahme absagen. 105 Spiele in 7 Jahren waren letztlich seine Bilanz für Nantes, bevor er zu Girondins Bordeaux wechselte. Beinahe hätte er seine Karriere beendet, doch eine kurzfristige Besserung und ein sehr gutes finanzielles Angebot änderten seine Meinung.
Sein gesundheitlicher Zustand schien sich zu verbessern. Nach einem Sommer ohne Fußball wollte er bei Bordeaux neu durchstarten und es schien zu klappen. Sahnoun bestritt 32 Spiele und erzielte dabei 5 Tore, wurde schnell zu einem Stammspieler und Leistungsträger. Doch bei einem Training im Jahre 1980 erlitt er einen Herzanfall und verstarb. Er hinterließ seine Frau und einen Sohn namens Nicolas, der später ebenfalls für Bordeaux spielen sollte.
Was hätte Sahnoun werden können?
Als Frankreich 1998 die Weltmeisterschaft holte, fühlte sich das oftmals intern zerrissene Land als eines. Der Berber Zidane hatte zwei Tore im Finale gemacht, auch einige andere Akteure mit Migrationshintergrund trugen ihren Teil zu diesem historischen Triumph bei. Omar Sahnoun hätte eine solche Bedeutung schon viele Jahre zuvor haben können.
1982 und 1986 scheiterten die Franzosen bei der WM, obwohl sie immer als Favorit galten. Mit Tigana, Giresse, Platini und Fernandez waren sie im Mittelfeld hervorragend besetzt; doch Sahnoun hätte ihnen eine weitere taktische Möglichkeit eröffnet. Womöglich hätte Michel Platini höher gespielt und Didier Six wäre aus der Mannschaft gerückt. Eventuell hätte Sahnoun Fernandez von der Sechser-Position verdrängt oder diesen in die Abwehr gedrückt, um die Spielstärke zu erhöhen.
Auch seine Erfahrung und enorme Ballsicherheit wären im technisch hochwertigen Mittelfeld der Franzosen erwünscht gewesen. So aber blieben den Franzosen mögliche Triumphe bei der WM nach dem großen Erfolg bei der Europameisterschaft 1984 verwehrt – und ein kultureller Ruck ging durch die Gesellschaft.
Rene Maric, abseits.at
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