Mit den Transfers von Iker Muniain zu San Lorenzo (Argentinien) und Memphis Depay zu Corinthians (Brasilien) wird der südamerikanische Fußball um zwei europäische Legionäre... Vor Depay und Muniain: Drei europäische Legionäre im südamerikanischen Fußball

Mit den Transfers von Iker Muniain zu San Lorenzo (Argentinien) und Memphis Depay zu Corinthians (Brasilien) wird der südamerikanische Fußball um zwei europäische Legionäre reicher. Einige wagten denselben Schritt bereits vor ihnen, manche mehr andere weniger erfolgreich. Auf drei von ihnen blicken wir in diesem Artikel zurück.

Daniele de Rossi

Argentinien und Italien sind zwei Länder, die sich historisch nahestehen. Im 19. und 20. Jahrhundert wanderten Millionen von Italienern nach Südamerika aus, wodurch heute schätzungsweise knapp zwei Drittel der argentinischen Bevölkerung italienischer Abstammung sind. Und auch das argentinische Spanisch ist vom Italienischen geprägt, in Buenos Aires spricht man die Varietät „Lunfardo“. Ein Spieler, der im Rahmen dieser Verbindung steht, ist Daniele De Rossi.

Es war ein Kindheitstraum, den sich De Rossi im Juli 2019 erfüllte. Nach 18 Profijahren und insgesamt 614 Partien verließ er die AS Rom und schloss sich dem argentinischen Traditionsklub Boca Juniors an. Mit 36 Jahren unterschrieb er einen Ein-Jahres-Vertrag und gab gleich seine Leidenschaft zu den Xeneizes bekannt: „Mein Herz gehört der Roma, aber ich mag Boca sehr, seit ich ein Kind war. Wegen Maradona, wegen dem Stadion. Weil ich mich in das Stadion verliebt habe, in die Fans, die leidenschaftlich sind“.

Das Abenteuer Argentinien war für den Weltmeister von 2006 allerdings nur von kurzer Dauer. Nach einem halben Jahr sowie lediglich sieben absolvierten Spielen war Schluss für De Rossi, der damit auch seinem Karriere ein Ende setzte und wieder nach Italien zurückkehrte. Als Grund nannte er, näher an seiner Familie sein zu wollen. In den 432 Einsatzminuten für Boca konnte er sich immerhin einmal auf den Spielberichtsbogen eintragen lassen, doch sein Führungstor in der 2. Runde der Copa Argentina 2019 gegen Almagro konnte das Ausscheiden nicht verhindern. Als Fan hätte man sich wohl mehr gewünscht, doch immerhin konnte De Rossi die Atmosphäre von Bocas bekanntem Stadion „La Bombonera“ noch mitnehmen. Dennoch eine nüchterne Bilanz in Argentinien für den nunmehrigen Roma-Trainer.

Clarence Seedorf

Eine erfolgreichere Zeit hingegen verbrachte die niederländische Mittelfeldlegende Clarence Seedorf in Brasilien. Mit 36 und nach mehreren Titeln in den Niederlanden, Spanien und Italien gab er dem Reiz der brasilianischen Liga nach und unterschrieb für zwei Jahre bei Botafogo aus Rio de Janeiro, wofür er Angebote aus aller Welt ablehnte.

In Brasilien wurde Seedorf sehr freundlich empfangen und mit offenen Armen in das Klubgeschehen eingegliedert, wobei ihm auch die Tatsache half, dass er des Portugiesischen mächtig ist. Die Freude war gewiss beiderseits und das Klubumfeld, der Kader sowie die Trainer und Mitarbeiter profitierten von seiner professionellen Arbeitsweise und seiner herzlichen Menschlichkeit, die er trotz aller Erfolge verspürte.

Sein Debüt für Botafogo gab der 87-fache Nationalspieler Ende Juli 2012 gegen Grêmio, wobei man jedoch eine 0:1-Niederlage hinnehmen musste. Dennoch ließen erste Höhepunkte nicht auf sich warten und bereits in seinem vierten Spiel verwandelte er einen Freistoß gegen Atletico Goianiense, womit er zum 2:1-Sieg beitrug. Am Saisonende sprang lediglich Tabellenplatz sieben heraus, mit neun Toren und fünf Vorlagen in 25 Einsätzen, zeigte der Altmeister aber noch immer seine Wichtigkeit im Spiel.

Die Saison 2013 wurde demgegenüber erfolgreicher gestaltet. Vor dem landesweiten Brasileirao stand erst mal der Campeonato Carioca (Staatsmeisterschaft von Rio de Janeiro) an, in welchem Botafogo sowohl die erste als auch die zweite Turnierphase gewinnen konnte. Dadurch blieb ein finaler Wettbewerbsabschnitt aus und Botafogo krönte sich automatisch zum Staatsmeister. Seedorf war dabei mit sieben Toren geteilter viertbester Torschütze des Wettbewerbs und wurde zum Spieler des Turniers gewählt.

In der Liga lief es anschließend auch überzeugend, zwischenzeitlich war man Tabellenerster und der Niederländer konnte sich mit einigen Treffern und Assists auszeichnen, wobei er in jeder Begegnung in der Startelf stand. Nach einem schlechten Lauf von fünf Spielen ohne Sieg rutschte Botafogo in der Tabelle ab, sicherte sich zum Schluss mit Platz vier immerhin noch die Teilnahme an der Copa Libertadores 2014. Dieses Turnier sollte der Niederländer, der sein Vorjahr mit 15 Toren und neun Vorlagen überbot, allerdings nicht mehr mitmachen. Denn im Jänner 2014 beendete Seedorf mit immerhin dem Staatstitel in der Tasche seine Karriere und coachte anschließend AC Milan.

Vor allem aus spielerischer Sicht genoss er dabei seine Zeit im Land des Rekordweltmeisters: „In Brasilien zu spielen, war wie in meine Jugend zurückzukehren. Im Bezug auf die Position, die ich spielte, die Freiheit und Kreativität, die ich auf dem Platz verspürt habe, und die einfache Freude am Fußballspielen.“

Seine Zeit in Brasilien sah Seedorf aber auch als wichtigen Startpunkt für seine Trainerkarriere an: „Ich konnte sehr eng mit dem Trainerteam zusammenarbeiten und viel mit dem Analyseteam. ich hatte auch die Chance, mit der U16 und U17 zu arbeiten, wodurch ich den praktischen Teil meines Trainerkurses beenden konnte.“

Seedorfs Karriere an der Seitenlinie verlief anschließend zwar wenig erfolgreich, doch mit ein paar Scorern sowie einem Titel konnte er seine Karriere im hohen Fußballeralter erfolgreich in einem der besten Fußballländer der Welt ausklingen lassen und er ebnete den Weg für Memphis Depay, der nach ihm nun der zweite Niederländer in der brasilianischen Liga ist.

David Trezeguet

Die Nummer drei auf der Liste kann ebenfalls große nationale und internationale Titel vorweisen, darunter Meisterschaften und Pokale in Frankreich und Italien, sowie die Weltmeisterschaft 1998 und Europameisterschaft 2000. Der Franzose, der durch seinen Vater sogar halb-Argentinier ist, machte mit 34 Jahren letztlich den Schritt über den großen Teich zu einem südamerikanischen Top-Klub, doch nicht etwa zu einem brasilianischen Schwergewicht wie Flamengo, Corinthians oder Sao Paulo. Es zog David Trezeguet im Jahre 2012 nämlich zu River Plate, die damals in der größten Krise ihrer Vereinsgeschichte steckten.

River Plate ist einer der fünf großen Traditionsklubs in Argentinien („Cinco Grandes“) und spielte seit Einführung eines Wettbewerbs immer in der ersten Liga. Nach einigen Jahren mit sehr enttäuschenden Ergebnissen fand diese 102-jährige Geschichte ein Ende im Jahr 2011, als man sich im Relegationsduell gegen Belgrano nach Hin- und Rückspiel mit 1:3 geschlagen geben musste. Der 26. Juni 2011, jener Tag, an dem man das Rückspiel nur mit 1:1 beendete und der Abstieg im eigenen Stadion fixiert war, gilt seitdem als schwärzester Moment der Klubhistorie.

Bereits wenige Wochen nach der Tragödie trat River mit einigen Verstärkungen in der zweiten Liga (Primera B) an, Ex-Kapitän Matías Almeyda wurde zum Cheftrainer ernannt und entbrannte das Feuer, das zum Wiederaufstieg helfen sollte. Man verlor in der Hinrunde nur dreimal und holte sich mit David Trezeguet schließlich einen ehemaligen Weltklassespieler in den Kader, der die finanzielle Wohlfühloase Baniyas (Vereinigte Arabische Emirate) für River Plate tauschte. Der Weltmeister von 1998 sprach von einem „Traum“, den er sich erfülle, für den er nicht nur die Öl-Dollars, sondern auch die 13-jährige Ehe mit seiner damaligen Frau Beatriz Villalba opferte.

Und sowohl für Trezeguet als auch für River hat sich der Wechsel bezahlt gemacht. Schon bei seinem zweiten Spiel schoss er das erste von 13 Toren, mit denen er einen maßgeblichen Beitrag zum direkten Wiederaufstieg leistete, und stand auch sonst in den meisten Spielen in der Startelf. Viermal gelang ihm gar ein Doppelpack, wobei jener im letzten Spiel gegen Almirante Brown zweifellos der wichtigste war. Ein satter Linksschuss und ein Tap-In zementierten Tabellenplatz eins mit 73 Punkten noch vor Quilmes (72) und Instituto (70), bei dem ein junger Paulo Dybala 17-mal traf, und beendeten den Albtraum in der zweiten Liga nach 363 Tagen.

Folglich konnte Trezeguet, der mittlerweile zum Mannschaftskapitän ernannt worden war, aber nicht mehr an die Vorsaison anknöpfen. Bis zum Sommer 2013 kam er lediglich zu 16 Einsätzen, in denen er mit drei Toren und einer Vorlage teilnahm. Eine Knieverletzung, die ihn bereits bei Baniyas plagte, setzte ihn auch nun bei River lange außer Gefecht. Schließlich landete der Weltmeister von 1998 beim Meister des Torneo Final 2013 (Rückrundenmeisterschaft) Newell’s Old Boys, für die er noch neunmal traf und zwei weitere Male den entscheidenden Pass spielte. Letztlich verließ David Trezeguet Argentinien im Juni 2014 und ließ seine Karriere ein halbes Jahr in Indien bei Pune City ausklingen, bis er ihr im Jänner 2015 ein Ende setzte.

Als einer der wichtigsten Spieler in Rivers dunkelsten Stunden genießt er bis heute hohes Ansehen bei den Millonarios, die ihm den feierlichen Spitzname „Rey David“ („König David“) verliehen haben. So widmete ihm das River Plate-Fanportal „La Página Millonaria“ anlässlich seines 38. Geburtstags folgende Worte: „In Núnez vergisst niemand, dass er auf den Luxus verzichtet hat, um auf sein Herz zu hören und einer Mannschaft zu helfen, die in der Hölle war.“ Es war wahrlich die Hölle für River Plate-Fans, in die sie nie wieder zurückkehren möchten. Bereits 2014 gewann River wieder eine Halbserie in Argentinien und setzte folglich mit der Verpflichtung von Trainer Marcelo Gallardo zu einem Höhenflug an, der den Klub wieder zu den besten Südamerikas machte.

Tim Bosnjak, abseits.at

Tim Bosnjak

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