Wiederholung in Zeitlupe (29) – Partisanenangriff seit 1945 (KW 40)
Weitere Länder 10.Oktober.2021 Marie Samstag
Jeden Sonntag wollen wir in dieser neuen Serie einen Blick in die Vergangenheit werfen: Wir spielen sozusagen einen Zuckerpass in den Rückraum und widmen uns kurz und bündig legendären Toren, Spielen, Fußballpersönlichkeiten, Ereignissen auf oder neben dem Platz und vielem mehr. Wir wollen Momente, Begebenheiten, Biografie im Stile von Zeitlupenwiederholungen aus dem TV nochmals Revue passieren lassen. Zum Anlass nehmen wir hierbei Vergangenes, das in der abgelaufenen Kalenderwoche stattgefunden hat: Heute reisen wir zurück zum 4. Oktober 1945 als der Fußballklub Partizan Belgrad gegründet wurde…
Popović, „Parni valjak“, Pokale.
Als Wienerin, die in den 90er-Jahren aufwuchs, kenne ich Partizan Belgrad natürlich gut, denn spätestens nach der Flucht nach dem Balkankrieg gründeten sich viele Fankeimzellen des serbischen Fußballvereins in Wien. Auch wenn Partizan heute nicht mehr zu einem internationalen Fixstern gehört, ist der 27-fache jugoslawische Meister den meisten europäischen Fußballfans ein Begriff. Der Klub aus Belgrad ist heute vor allem für seine Rivalität mit Roter Stern bekannt.
Die Wurzeln der Schwarz-Weißen reichen bis in den Zweiten Weltkrieg zurück und sind im politisch linken Milieu verhaftet: Konstantin „Koča“ Popović studierte nach dem Ersten Weltkrieg Jus und Philosophie an der Pariser Sorbonne und betätigte sich als Surrealist bevor er politisch aktiv wurde. Über die kommunistischen Partei Jugoslawiens kam er nach Spanien, wo er im dortigen Bürgerkrieg kämpfte. In der Roten Armee und als Partisanenoffizier war er maßgeblich an der Befreiung Jugoslawiens von Nazi-Deutschland beteiligt.
Doch nicht Popović, sondern ein anderer junger Offizier der jugoslawischen Volksbefreiungsarmee initiierte schon wenige Tage nach Ende der Kampfhandlungen die Gründung eines Armee-Fußballklubs nahe dem militärischen Hauptquartier in Belgrad. Ziel war es die Bevölkerung mit der Armee zusammenzubringen und Vorbild für weitere Sportvereine dieser Art zu sein. Bereits im Sommer 1945 veranstaltete der Vorläufer von Partizan ein Fußballturnier um die besten Spieler für den anschließend gegründeten Verein auszuwählen. Otmar Kreačić, Ratko Vujović, „Koča“ Popović und Mijalko Todorović gehört zu dem Dutzend Offiziere, die am 4. Oktober 1945 die Fußballabteilung des Jugoslovensko sportsko društvo Partizan (Jugoslawischer Sportverein Partizan) ins Leben riefen.
Partizan Belgrad konnte bereits bei seiner ersten Teilnahme an der jugoslawischen Meisterschaft 1946/47 den Titel gewinnen und wurde Pokalsieger. Ab 1949 spielte man im Stadion JNA, dem heutigen Stadion Partizana, das damals 55.000 Plätze hatte. Das traditionelle Schwarz-Weiß wurde erst 1958 auf Anweisung der kommunistischen Führung, die sich gegen das Blau-Rot der serbischen Flagge ausgesprochen hatte, eingeführt.
Die 60er-Jahre begannen für Partizan mit drei Meistertiteln in Folge. Der Klub war für seine Offensivstärke bekannt und erhielt den Spitznamen Parnji Valjak („Die Dampfwalze“). 1966 verlor man im Finale im Europapokal der Landesmeister nur knapp gegen Real Madrid: Partizans Jahrhundertteam agierte selbstbewusst und ging durch Vasović sogar in Führung, doch Madrid konnte die serbische Offensivstärke brechen und gewann mit 2:1. 21 Jahre nach seiner Gründung war die Fußballabteilung des Sportvereins Partizan erfolgreicher denn je, doch nach dem Beinahe-Triumph zerfiel die Mannschaft und der Klub schlitterte in eine Krise, von der er sich nie wieder ganz erholen sollte.
In den kommenden Jahrzehnten gewannen die Belgrader zwar immer wieder nationale Titel und matchte sich mit Roter Stern um die Vorherrschaft in der Hauptstadt, international hingen die Trauben jedoch zu hoch. Das ist im Wesentlichen bis heute so geblieben. Das „ewige Derby“ (Večiti derbi) ist Kult, aber sportlich nur für die serbische Liga von Bedeutung.
Rekordspieler von Partizan ist Saša Ilić, der drei Jahre lang in Salzburg spielte, und insgesamt in über 800 Partien für die Schwarz-Weißen auflief. Rund 130 Nationalspieler Jugoslawiens konnte Partizan bisher stellen. Der Klub, der 2006 für die beste europäische Jugendarbeit von der UEFA ausgezeichnet wurde, muss heute – wie damals vor 76 Jahren – vorwiegend auf heimische Talente bauen.
Marie Samstag, abseits.at
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