Ekrem Dag gehört mittlerweile seit Jahren dem Kader des türkischen Spitzenklubs Besiktas Istanbul an. Die beiden Ex-Rapidler Veli Kavlak und Tanju Kayhan wechselten im... Zwei Gewinner und ein Bankangestellter bei Besiktas Istanbul

Ekrem Dag gehört mittlerweile seit Jahren dem Kader des türkischen Spitzenklubs Besiktas Istanbul an. Die beiden Ex-Rapidler Veli Kavlak und Tanju Kayhan wechselten im Sommer nach Istanbul, um sich dort zu etablieren und einen Stammplatz zu erkämpfen. Geschafft hat es aber nur einer der beiden.

Der doppelte Wechsel

Es war im Juli 2011, als sich Österreichs Fußball wieder über zwei Legionäre mehr im Ausland freuen durfte. Die Rapidler Veli Kavlak und Tanju Kayhan unterschrieben aber nicht etwa in Deutschland, England oder Italien, sondern heuerten bei Besiktas Istanbul an. Der 13-malige türkische Meister hatte mit Nihat, Michael Fink oder Bobo einige namhafte Abgänge zu verkraften und wollte den Kader etwas umstrukturieren. Gesucht wurden hauptsächlich junge, hungrige Talente, die mit einer gehörigen Portion Ehrgeiz ausgestattet sind. Andernfalls braucht man bei den Schwarz-Weißen auch gar nicht erst zum ersten Training erscheinen. „Hier ist es unglaublich hart, du musst in jedem Training Vollgas geben“, merkte Kavlak bereits nach wenigen Tagen in der Türkei. Begünstigt waren die beiden Neo-Exporte durch eine neue Regel in der Süper Lig. Demnach darf jeder Klub höchstens zehn Legionäre unter Vertrag nehmen, davon dürfen in jedem Spiel nur sechs von Beginn an spielen und zwei auf der Bank Platz nehmen. Anders gesagt: Reizt man die erlaubte Kapazität an Legionären in der Kaderplanung aus, müssen in jedem Spiel zwei von ihnen auf der Tribüne Platz nehmen. Zum Glück für die ÖFB-Legionäre gelten alle drei (Dag, Kayhan, Kavlak) dank ihrer türkischen Wurzeln nicht als Ausländer – ein schlagkräftiges Argument, denn als „echte“ Legionäre hätte Besiktas Kayhan und Kavlak wohl nicht geholt. Wenn doch, wäre der Druck auf die beiden Youngsters noch größer gewesen, da von Legionären automatisch mehr verlangt wird.

Konkurrenz, wohin man sieht

Wer aber glaubt, dass die beiden seit dem Sommer deshalb einen Freifahrtsschein haben, der irrt gewaltig. „Die Konkurrenz ist enorm. Tanju hat Roberto Hilbert und Ekrem Dag vor sich, ich fighte mit Ernst, Mehmet Aurelio, Manuel Fernandes und dem Eigenbauspieler Necip Uysal um einen Platz im Mittelfeld. Jede Position ist doppelt besetzt, manche sogar dreifach“, beschreibt Kavlak die Verhältnisse, die bei einem europäischen Spitzenklub Standard sind. Dabei hatte der 23-Jährige sogar Glück, dass sich Besiktas mitten in der Saison nach einigen Disziplinlosigkeiten vom spanischen Superstar Guti getrennt hat. In der Offensive liest sich das Line-Up der Istanbuler trotzdem vorzüglich. Simao, Holosko, Hugo Almeida, Edu oder Ricardo Quaresma verleihen der Mannschaft internationales Flair. Doch kein Nachteil ohne Vorteil: durch die hohe Qualität im Kader lernen die Österreicher jeden Tag dazu.  Mittendrin bereichern sie den aktuellen Zweiten der Süper Lig. In der Einsatzstatistik der ÖFB-Legionäre führt Kavlak klar vor Dag und Kayhan. Kavlak durfte bereits 25 Mal für Besiktas auflaufen, Dag absolvierte 14 Partien, Kayhan trug erst vier Mal das Dress von Besiktas. Während Kavlak und Dag schon Meisterschaft, Cup und Europa League (wo Besiktas im Sechzehntelfinale auf Braga trifft) spielten, setzte der Trainer nur in vier Ligaspielen auf Kayhan – ein Resultat der Ausländerregelung.

Ein Weltklub mit Problemen

Besiktas gehört gemeinsam mit Galatasaray, Fenerbahce und Trabzonspor zu den vier größten Klubs in der Türkei. In der 109-jährigen Geschichte des Vereins gewann man 13 Meistertitel und 24 Titel in diversen Cup-Bewerben. In der Champions League absolvierte man bereits respektable 64 Partien. Auch auf einige Trainerlegenden kann der Klub zurückblicken. So arbeiteten bei Besiktas bereits unter anderem Christoph Daum, John Toshack, Vicente del Bosque, Nevio Scala oder Bernd Schuster. Im Jahr 1948 leitete der legendäre Guiseppe Meazza, nach dem das Stadion von Inter und Milan in Mailand benannt ist, die sportlichen Geschicke am Bosporus. Der letzte Trainer,  Tayfur Havutcu wurde im Zuge des Wettmanipulationsskandals im türkischen Fußball mitten im Trainingslager verhaftet. Eine Erfahrung, die Kavlak noch genau in Erinnerung geblieben ist: „Wir kamen in unserem Trainingslager in Leogang an, und plötzlich hieß es, der Trainer wurde verhaftet“, erzählt Kavlak. Ein denkbar schlechter Start für Kayhan und Kavlak. Der Trainer, der sich für die beiden stark gemacht hatte, war vor dem ersten Trainingstag schon wieder weg. Trotzdem gaben die beiden weiter Gas. Den Posten des Trainers übernahm der ehemalige Co-Trainer Carlos Carvalhal. Offiziell ist Havutcu aber weiterhin Coach der Schwarz-Weißen.

Die Suche nach der idealen Position

Während für Dag und Kayhan die ideale Position mit der rechten Abwehrseite schnell klar war, dauerte die Suche nach der perfekten Stelle für Kavlak etwas länger. „Ich hab bei Besiktas im Mittelfeld schon alles gespielt. Den klassischen Sechser, den Achter, auf den Seiten oder auch als Zehner. Im Zentrum bin ich aber am besten aufgehoben, das sieht auch der Trainer so.“ Die Flexibilität erweist sich aber zugleich als Fluch und als Segen. Einerseits darf Kavlak durch seine Vielseitigkeit immer öfter durchspielen, andererseits wird die Entwicklung durch die ständigen Positionswechsel etwas gebremst. Auch für Marcel Koller wird Kavlak ein zentrales Thema, wenn der 23-Jährige seine gute Form halten kann. Zuletzt traf Kavlak erstmals für Besiktas im Cup per Kopf, auch in der Meisterschaft gelang ihm bereits ein Treffer. Dazu kommen drei Assists, die die gute Statistik noch abrunden. Besonders in der Türkei, wo Neuzugängen erst in ihrer zweiten Saison zugetraut wird, ihr ganzes Potential abzurufen, ist Kavlaks Statistik in seiner Premierensaison noch höher einzustufen. Doch aufgepasst: im Nationalteam gibt es in der Mittelfeldzentrale mit Scharner, Alaba, Baumgartlinger, Schiemer oder Leitgeb viel Konkurrenz – doch das ist Kavlak längst aus Istanbul gewöhnt. Am Beispiel Ekrem Dag sah man in der Vergangenheit aber, dass gute Leistungen bei Besiktas meist mit Einberufungen belohnt werden. Wenn Dag fit war, wurde er immer zum Nationalteam eingeladen. Gut möglich, dass die beiden auch unter Marcel Koller die eine oder andere gemeinsame Reise zum Team unternehmen werden. Tanju Kayhan muss darauf wohl noch etwas warten – für ihn gilt es zuerst, sich bei Besiktas durchzusetzen.

Archimedes, abseits.at

Archimedes

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