Nach acht langen Jahren der  Abstinenz, konnten sich die Serben endlich mal wieder für ein großes Turnier qualifizieren. Dabei war diese Tatsache speziell für... WM-Analyse Serbien: Trainerzwist und -wechsel als Zünglein an der Waage

Nach acht langen Jahren der  Abstinenz, konnten sich die Serben endlich mal wieder für ein großes Turnier qualifizieren. Dabei war diese Tatsache speziell für Österreich eine schmerzliche, rechnete man sich doch als direkter Gruppengegner große Chancen aus und wäre jetzt gerne statt Serbien bei der WM dabei. Doch die Serben setzten sich in der Gruppe verdient durch und belegten nicht von ungefähr den ersten Platz. Trainer Muslin gelang es ein Gebilde auf den Platz zu stellen, in der sich die Spieler wohlfühlten und die jeweiligen Stärken optimal eingebunden wurden. Doch trotz der erfolgreichen WM-Qualifikation, rumorte es zwischen der Verbandsführung und dem Nationaltrainer. Dabei drehten sich die Meinungsverschiedenheiten vor allem um eine Personalie, nämlich Sergej Milinkovic-Savic.

Muslin weigerte sich nämlich, den Star von Lazio Rom in den Kader zu berufen, obwohl dieser in der Serie A für Furore sorgte und mittlerweile von zahlreichen Top-Clubs gejagt wird. Für viele war diese Entscheidung völlig unverständlich und diese Frage wurde ständig von Neuem aufgeworfen. Als der Verband intervenieren und Milinkovic-Savic dennoch einberufen wollte, zog Muslin die Konsequenzen und trat von seinem Posten zurück. Sein Nachfolger wurde der bisherige Co-Trainer und ehemalige Deutschland-Legionär Mladen Krstajic, der die Serben nun in das Turnier führen wird. Unter Krstajic kommt nicht nur Milinkovic-Savic endlich zum Zug und gilt nun als gesetzt, sondern das System wurde ebenso geändert vom erfolgreichen 5-2-3 hin zu einem 4-2-3-1. Ob dies die richtige Entscheidung und der Weisheit letzter Schluss sein wird, bleibt allerdings abzuwarten.

Der ewige Stojkovic

Die Torhüter-Position der Serben ist bereits seit Jahren die größte Problemzone im Team. So ist die Nummer Eins nach wie vor der Routinier Vladimir Stojkovic, da seine Konkurrenz bislang zu wünschen übrig lässt. Stojkovic ist zwar ein solider Torhüter mit starken Reflexen, spielte aber nicht umsonst eher bei kleineren Vereinen und aktuell wieder in der Heimat. Als große Hoffnung gilt der 22-jährige Predrag Rajkovic, doch er vermochte es bislang nicht, den Routinier aus dem Tor zu verdrängen. Mit Marko Dmitrovic ist ein neuer Torhüter im Kreis der Nationalmannschaft angekommen, der immerhin in der Primera Division bei SD Eibar spielt und dort einen Stammplatz innehat.

Gute Innenverteidiger soweit das Auge reicht

So wie die Cevapcici zu den Serben gehören, so gehören auch gute Innenverteidiger zum Kader der Nationalmannschaft Serbiens.  Nicht umsonst spielte man unter Muslin mit drei Innenverteidigern, um sie alle auf dem Feld unterzubringen. Da man nun jetzt wieder zur Viererkette zurückgekehrt ist, fällt ein Platz weg. Wobei es eigentlich sogar zwei sind, da Schalke-Verteidiger Nastasic nicht rechtzeitig fit wurde und für das Turnier ausfällt. Als gesetzt gilt der nimmermüde Branislav Ivanovic, der viele Jahre bei Chelsea verbrachte und nun in Russland tätig ist. Für die Position neben ihm kommen einige Kandidaten in Frage und ist das Rennen noch offen. Dusko Tosic (Guangzhou) dürfte die besten Karten haben, aber auch mit Nikola Milenkovic (Fiorentina), Milos Veljkovic (Bremen) und Uros Spajic (Anderlecht) stehen weitere gute Alternativen zur Verfügung.

Erfahrung, Erfahrung, Erfahrung..

Auf links führt kein Weg an Aleksandar Kolarov vorbei, der im Spätherbst seiner Karriere noch immer eine Bank auf seiner Position ist und einen begnadeten Linksfuß besitzt. Auch auf rechts sollte die Personalie Antonio Rukavina einzementiert sein, da der Routinier einer der Schlüsselspieler in der Qualifikation war und starke Leistungen, speziell in der Vorwärtsbewegung zeigte. Möglich jedoch, dass Krstajic die defensivere Variante mit Ivanovic bevorzugt und Rukavina auf die Bank muss. Als weitere Ergänzung steht Milan Rodic bereit, der in der Heimat bei Roter Stern spielt.

Mourinhos Stratege als Chef am Platz

Angeführt wird das Mittelfeld von dem Strategen Nemanja Matic. Der großgewachsene Mittelfeldspieler ist der Denker und Lenker im Spiel der Serben und einer der Stützen der Mannschaft. Die Position neben ihm auf der Sechs dürfte England-Legionär Luka Milivojevic einnehmen, der bei Crystal Palace eine gute Saison hinter sich hat.  Als Alternativen stünden Nemanja Maksimovic und Marko Grujic bereit, die jedoch beide noch wenig Erfahrung in der Nationalmannschaft besitzen. Auch Milinkovic-Savic wäre auf der Position ein Thema, dürfte aber wohl etwas offensiver eingesetzt werden. Auf der Zehn zeichnet sich ein Kopf an Kopf Rennen zwischen Adem Ljajic und Sergej Milinkovic-Savic ab. Der dribbelstarke Ljajic durfte die letzten Spiele auf der Position ran und genoss bisher das Vertrauen von Krstajic – dennoch wäre es eine Überraschung, sollte Milinkovic-Savic auf der Bank Platz nehmen müssen.

Der MVP der Qualifikation

Auf der rechten Seite ist Dusan Tadic gesetzt, der eine starke Qualifikation hinlegte und einer der großen Erfolgsfaktoren und ein Schlüsselspieler war. Auf links darf der Flügelläufer Filip Kostic ran, der wesentlich linearer agiert und mit einem starken linken Fuß ausgestattet ist. Als Ergänzung stünden mit Andrija Zivkovic und Nemanja Radonjic zwei junge und schnelle Flügelflitzer bereit, die von der Bank nochmal frischen Wind bringen können, aber auch Adem Ljajic könnte bei Bedarf von der Zehn auf den Flügel beordert werden.

Der Bulle aus Belgrad

Im Sturmzentrum der Serben ist der bullige Aleksandar Mitrovic gesetzt. Mit seiner physischen Spielweise kann er jedem Gegner wehtun und ist vor allem mit dem Rücken im Tor in seiner Rolle als Zielspieler unheimlich wichtig. Rechtzeitig vor der WM kam er auch im Verein in Fahrt und schoss den FC Fulham in die Premier League. Als Ersatz steht Aleksandar Prijovic bereit, der bei PAOK Saloniki seit mehreren Jahren konstant gute Leistungen bringt und in der Nationalmannschaft meist von der Bank kommt. Den Sprung auf den WM-Zug hat auch noch Luka Jovic von Frankfurt geschafft, der speziell im Konterspiel eine Option sein könnte und in der Bundesliga bereits mehrmals sein großes Talent unter Beweis stellen konnte.

Die große Unbekannte auf der Bank

Es ist nie eine einfache Aufgabe für einen Trainer, die Nachfolge eines erfolgreichen Kollegen anzutreten. Zwar war Mladen Krstajic bereits als Co-Trainer im Trainerstab dabei, doch weht nun spürbar ein anderer Wind und sind mit seiner Beförderung sind auch andere Vorstellungen in den Vordergrund gerückt. Die offensichtlichste betrifft die Systemumstellung vom erfolgreichen 5-2-3, welches perfekt mit den Spielerprofilen übereinstimmte, hin zu einem 4-2-3-1, welches noch nicht homogen wirkt. Daher bleibt es abzuwarten, ob es Krstajic gelingt, die richtige Mischung zu finden. Krstajic fehlt es auch an Erfahrung auf diesem Niveau und man wird sehen, ob das die Mannschaft kompensieren kann.

Die abseits.at-Einschätzung

Serbien hat zweifellos das Potential in der Mannschaft, die Gruppenphase zu überstehen und ins Achtelfinale einzuziehen. Die Frage wird jedoch sein, wie die Mannschaft und der neue Trainer zusammenfinden werden und ob Krstajic das richtige Konzept mitbringt. Das 5-2-3 war nicht umsonst so erfolgreich in der Qualifikation, konnte man doch die defensive Stabilität & das starke Umschaltspiel in dieser Formation am optimalsten zur Geltung bringen. Man wird sehen, ob die Serben an die starke Qualifikation anschließen können, oder ob der Trainerwechsel letztlich doch ein Fehler war.

Dalibor Babic

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