Die Südkoreaner stellen den asiatischen Beitrag in der Gruppe F dar. Die Mannschaft von Trainer Shin Tae-Yong überzeugt vor allem durch Geschlossenheit und Disziplin... WM-Analyse Südkorea: Unangenehmer Außenseiter in Gruppe F

Die Südkoreaner stellen den asiatischen Beitrag in der Gruppe F dar. Die Mannschaft von Trainer Shin Tae-Yong überzeugt vor allem durch Geschlossenheit und Disziplin und kommt primär über die Arbeit im Spiel gegen den Ball ins Spiel. Dabei nutzen sie ein recht klares 4-4-2-Mittelfeldpressing, welches sie mit viel Fleiß und Aufmerksamkeit ausfüllen. Auf dem personellen Sektor mussten die Südkoreaner vor Turnierbeginn gleich mehrere schmerzvolle Ausfälle verkraften. Aus österreichischer Sicht ist natürlich das Auftreten von Salzburg-Stürmer Hee Chan Hwang interessant, der in der koreanischen Sturmreihe gesetzt sein dürfte.

Die südkoreanische Auswahl, derzeit auf Rang 57 der FIFA-Weltrangliste, testete im Jahr 2018 bereits in neun Spielen. Die Qualität der Gegner war dabei bestenfalls durchschnittlich. Mannschaften wie jene aus Jamaika, Lettland oder Honduras kann man ohne Zweifel in diese Kategorie einordnen. Deshalb waren die Tests gegen die WM-Teilnehmer aus Polen und Senegal für die Südkoreaner bereits echte Härtetest, beide Begegnungen gingen allerdings verloren. Gegen die Polen zog man bereits Ende März mit einem 2:3 den Kürzeren, im letzten Test vor der Auftaktpartie gegen Schweden unterlagen die Koreaner Senegal mit 0:2. Es ist also besonders schwierig, eine Tendenz oder Entwicklung (im Sinne der Form und Eingespieltheit) aus dieser Testspielserie heraus zu erkennen, dafür waren die Gegner häufig zu unterlegen bzw. der personelle Aderlass im eigenen Kader zu groß.

Ordentliche Besetzung auf der Torhüterposition

Der 27-jährige Kim Seung-Gyu wird aller Voraussicht nach bei dieser WM versuchen, den südkoreanischen Kasten sauber zu halten. Der Torhüter von Vissel Kobe (erste japanische Liga) gilt als verlässlicher Keeper mit einer guten Strafraumbeherrschung und grundsoliden tormanntechnischen Fertigkeiten, mehr aber schon nicht. Kim Seung-Gyu hat in Summe bereits 30 Länderspiele auf dem Buckel und hat in der WM-Qualifikation zehn Spiele bestritten.

Kim stabilisiert die Innenverteidigung

Kim Young-Gwon von Guangzhou Evergrande ist auf der halblinken Innenverteidigerposition gesetzt. Der 28-Jährige ist durchwegs ein moderner Innenverteidiger, der über ein sauberes Passspiel verfügt und darüber hinaus in seiner Entscheidungsfindung und Antizipation ziemlich abgeklärt und vorausschauend agiert. Die Besetzung der zweiten Innenverteidigerposition neben Kim ist dagegen noch völlig offen. Im Wesentlichen hat Trainer Shin Tae-Yong drei Optionen, die er auf dieser vakanten Position bringen kann. Am wahrscheinlichsten schickt er Jang Hyun-Soo ins Rennen. Der Profi des FC Tokyo ist ein Defensivallrounder, der sich aber auf der Innenverteidigerposition am wohlsten fühlen dürfte. Mögliche Backups sind noch Yun Soung-Son und Jung Seung-Hyun. Unabhängig von der Personalsituation war bei den Südkoreanern aber häufig das Problem zu erkennen, dass die Abstände zwischen Abwehr und Mittelfeld teilweise etwas zu groß wurden und die Viererkette gröbere Probleme damit hatte, hoch gespielte Pässe des Gegners erfolgsstabil zu klären. Viele zweite Bälle landeten durch den etwas zu großen Abstand beim Gegner, was die Probleme bei derartigen Defensivkonstellationen natürlich noch weiter verstärkt. Man wird sehen, ob und wie die Koreaner in der Vorbereitung auf diese Facetten eingegangen sind.

Einige Fragezeichen bei den Außenverteidigern

Nationaltrainer Shin Tae-Young nahm zur WM gleich fünf potentielle Außenverteidiger mit, zum Zug kommen dürfte dann aber trotzdem ein gelernter defensiver Mittelfeldspieler. Und zwar Ko Yo-Han vom FC Seoul. Der 30-jährige gilt als ballsicherer und variabel einsetzbarer Spieler, weshalb ihn Tae-Young zuletzt auch regelmäßig auf der rechten Außenverteidigerposition einsetzte. Sein Pendant auf der linken Seite wird aller Voraussicht nach Hong Chul sein. Dieser ist 27 Jahre alt, bei Sangju Sanmu (erste Liga in Südkorea) unter Vertrag. Aber wie bereits erwähnt gibt es auf beiden Außenverteidigerpositionen einige Alternativen, die konkrete Wahl dürfte auch hier noch nicht gefallen sein. Einen wirklichen Einfluss auf die Performance bei diesem Turnier wird es aber sowieso nicht haben.

Ki Sung-Yueng zieht die Fäden im zentralen Mittelfeld

Ki, Akteur von Swansea City, ist der Fixpunkt im südkoreanischen Mittelfeld. Von ihm geht die meiste Präsenz aus und bietet sich für mögliche Zuspieler sehr aktiv an, auch mittels diversen Abkipp- oder Ausweichbewegungen. Dazu ist Ki ziemlich ballsicher und damit pressingresistent, wodurch er das Ballbesitzspiel seiner Mannschaft einige Male beruhigen kann und den eigenen Spiel-und Passrhythmus besser an der Dynamik des jeweiligen Gegners anpassen kann. Denn das ist nämlich auf mannschaftlicher Ebene das große Problem der Südkoreaner. Neben Ki ist Jung Woo-Young von Vissel Kobe vorstellbar. Er gilt als guter Absicherer und Passverteiler. Ju Se-Jong wäre eine weitere Überlegung auf dieser zweiten Sechserposition.

Unbekannte Flügelspieler sorgen für Dynamik hinter der gegnerischen Abwehrkette

Wie in nahezu allen Mannschaftsteilen lässt sich die Qualität der Südkoreaner nur schwer abschätzen, so auch bei den Flügelspielern. In den Testspielen kamen vor allem Lee Jae-Sung und Lee Seung-Woo zum Zug. Letzterer hat dabei eine recht interessante Vita zu bieten. Der 20-jährige steht derzeit bei Hellas Verona in Italien unter Vertrag und gilt in der Heimat als vielversprechende Nachwuchshoffnung. Er besitzt bereits saubere und durchschlagskräftige Mittel im Dribbling und bietet sich dazu auch oftmals klug im Zwischenlinienraum an.
Die bekannteste Option auf dem linken Flügel wäre natürlich Superstar Heung-Min Son, dieser wird aber vermutlich eine Linie höher im Sturm aufgeboten werden.

Ein Superstar darf nicht fehlen

Die Sturmlinie ist mit Sicherheit der bekannteste und qualitativ hochwertigste Mannschaftsteil bei den Südkoreanern. Über Heung-Min Son muss man eigentlich nicht mehr viel schreiben. Er gilt in seiner Heimat schon längst als Superstar und hat sich seit seinem Wechsel auf die Insel zu Tottenham Hotspur vor allem im physischen Bereich noch einmal extrem weiterentwickelt. Seine Dribblings auf dem linken Flügel bzw. im linken Halbraum sind daher noch giftiger und schwieriger zu verteidigen als ohnehin schon. Diese Dynamik wirkt sich selbstverständlich auch positiv auf das Pressing und die Zweikampfführung aus. Im Nationalteam wird er wie bereits erwähnt häufig in der vordersten Linie aufgeboten, was den Südkoreanern einige gefährliche Umschaltmomente bescheren wird. Dazu kommt mit Hee-Chan Hwang ein äußerst dynamischer und wuchtiger Sturmpartner, der sich für keinen Weg zu schade ist und mit seiner Schnelligkeit sehr gut Bälle hinter die letzte gegnerische Verteidigungslinie erlaufen kann.

Ein Trainer mit Stallgeruch

Eine allzu spektakuläre Vita hat Trainer Shin Tae-Yong nicht zu bieten. Seinen bislang einzigen Cheftrainer-Posten hatte er bei FC Seongnam inne, einem südkoreanischen Zweitligisten. Insgesamt betreute er die Mannschaft in 94 Spielen zwischen 2010 und 2012 und kann dabei auf einen Punkteschnitt von 1,29 pro Partie verweisen. Danach hat er sich vornehmlich im Verband aufgehalten. Zwischen 2014 und 2017 war er Co-Trainer der A-Nationalmannschaft unter Uli Stielike, bevor er im Juli 2017 dessen Posten als Cheftrainer übernahm. Shin Tae-Yong setzt prinzipiell auf ein recht klares 4-4-2-System mit Doppelsechs, allerdings praktizierte er in der WM-Vorbereitung auch schon ein 5-4-1 bzw. 5-3-2. Diese Systemvarianten könnten je nach Gegner auch bei der WM in Russland zum Einsatz kommen, der Standard wird aber auch in naher Zukunft das flache 4-4-2 bleiben.

Die abseits.at-Einschätzung

Südkorea ist für uns der klare Außenseiter in dieser Gruppe. Mit ihrer fleißigen, kompakten Arbeit im Spiel gegen den Ball könnten sie für die Favoriten in dieser Gruppe zwar kurzzeitig lästig oder gar kompliziert werden, der ganz große Wurf wird allerdings ausbleiben. Dafür reicht die individuelle Qualität schlichtweg nicht aus.

Sebastian Ungerank

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