Jeden Sonntag wollen wir an dieser Stelle Briefe aus aktuellem Anlass versenden. Mit Gruß und Kuss direkt aus der Redaktion – Zeilen zum Schmunzeln,... Briefe an die Fußballwelt (25): Lieber Stefan Ebner!

Jeden Sonntag wollen wir an dieser Stelle Briefe aus aktuellem Anlass versenden. Mit Gruß und Kuss direkt aus der Redaktion – Zeilen zum Schmunzeln, Schnäuzen und Nachdenken an Fußballprotagonisten aus allen Ligen. Diesen Sonntag adressieren wir unseren Brief bereits zum zweiten Mal an einen Schiri…

Lieber Stefan Ebner!

Gute Dinge sind so einfach und doch so schwer. Es hat den Eindruck gemacht, als müsstest du über deinen Schatten springen, als du mit Taxi Fountas jene Szene angeschaut hast, in der du fälschlicherweise keinen Elfmeter für Rapid gegeben hast. Schon zuvor hast du im Interview zugegeben, wie unschön so eine Situation ist: „Aber der Fehler ist passiert!“ Auch im Gespräch mit dem Rapid-Stürmer hast du es dann auf den Punkt gebracht: „Es war ein Fehler. Alles Gute!“, hast du gesagt und dich mit Handschlag verabschiedet. Lieber Stefan, in dieser Situation will wahrscheinlich niemand mit der tauschen. Kaum einer kann das aber auch. Es gibt nur wenige, die so viel Rückgrat besitzen. Oder wie es „volksnäher“ heißt: Die (solche) Eier in der Hose haben.

Aus moralischer Sicht glaube ich persönlich, Menschen zeigen Menschlichkeit vor allem, weil sie überzeugt sind in irgendeiner Form selbst Vorteile davon zu genieren. Doch das spielt überhaupt keine Rolle. Es ist egal, warum du es gemacht hast, wichtig ist, dass du es gemacht hast. Es ist nur eine Kleinigkeit, die für viele trotzdem schwer ist. Weil man Angst hat sein Gesicht zu verlieren, Schwäche zu zeigen. Das liegt in unserer Natur, doch die gilt es zu überwinden: Fehler machen, sich entschuldigen und weiter geht’s. Das hat dir ja auch Taxi so gesagt. Es ist eine Win-Win-Situation: Ärger verfliegt einfach viel schneller, wenn man die Bereitschaft des anderen spürt, seinen Fehler einzugestehen. Um diese Fertigkeit zu erlernen muss man nicht gleich ins Albert-Schweitzer-Bootcamp für Humanität. Hilfe zur Selbsthilfe leistet dabei die Anerkennung, die man sich für so ein Verhalten verdient.

Doch wo bleibt deine Anerkennung? Wo bleibt das Medienecho? Didi Kühbauer, der schon einmal hysterisch mehr Respekt von den Schiris gefordert hat, hätte hierzu deutliche Worte finden können. Schließlich meinte der nunmehrige Rapidcoach, dass jedem Fehler passieren. Schweizer und deutsche Medien brachten die story zwar, doch richtig Lorbeeren hast du – für meinen Geschmack – nicht eingeheimst. Dabei können wir alle etwas von dir lernen: Wie man mit Anstand „verliert“. Das ist im Sport (und in der Welt) selten geworden.

Alles Gute wünscht dir

Marie Samstag, abseits.at

Marie Samstag