Jeden Sonntag wollen wir an dieser Stelle Briefe aus aktuellem Anlass versenden. Mit Gruß und Kuss direkt aus der Redaktion – Zeilen zum Schmunzeln,... Briefe an die Fußballwelt (33) – Lieber Andy Marek!

Jeden Sonntag wollen wir an dieser Stelle Briefe aus aktuellem Anlass versenden. Mit Gruß und Kuss direkt aus der Redaktion – Zeilen zum Schmunzeln, Schnäuzen und Nachdenken an Fußballprotagonisten aus allen Ligen. Diesen Sonntag schicken wir unseren Brief an den Stadionsprecher und Klubserviceleiter des SK Rapid Wien …

Lieber Andy Marek!

Rapid steckt voller Überraschungen: Die gesamte grün-weiße Familie hatte sich letzten Montag eigentlich nur erwartet einen neuen Präsidenten zu wählen. Alle waren gespannt, in welche Richtung der Kurs gesetzt wird. Doch dann hast du das Mikrofon ergriffen. Mit dem Geständnis, du würdest dich zurückziehen, hast du den rassigen Wahlkampf in den Schatten gestellt. Die Spannung im Saal war greifbar. Es flossen Tränen und auch Michael Krammer sprach bewegte Worte. Worte, die von ihrem persönlichen Klang her, vielleicht auch auf seiner eigenen Abschiedspressekonferenz angemessen gewesen wären. Für manche waren die prompten Genesungswünsche Bruckners mit ein Grund für dessen späteren Wahlsieg. Diese hätten die Authentizität des Kandidaten herausgestrichen.

Lieber Andy, du bist auch immer echt und angreifbar gewesen. Rund um Rapid wünscht man dir jetzt nur das Beste. Vielen – mäßig Fußballinteressierten ‑ bist du nur als Stadionsprecher oder als einer, der auswärts Fans betreute, bekannt. Doch du bist ein wesentlicher Baustein der Entwicklung Rapids. Klar, die Hütteldorfer positionierten sich immer schon als Arbeiterverein, als Klub zum Angreifen, als Gemeinschaft. Doch in den letzten Jahren wird die „Rapid-Familie“ bis zum Gehtnichtmehr betont, ja, fast schon kapitalisiert. Deine Arbeit hat das befördert. Für manche bist du nur die Stimme Rapids – „Olle de Händ‘ auffe!“ -, doch du hast mit dem Aufbau des Klubservice ein wesentliches Bindeglied zwischen Fans und Verein geschaffen. 1998 hast du begonnen die Rapidler zu „servicieren“. Es kamen immer mehr Projekte dazu, Rapid wurde mehr als ein Fußballclub.

Das „grün-weiße Haus“ war einmalig in Österreich und Vorbild für viele andere rot-weiß-rote Klubs. Rapid ist heute ein lebendiger Mitgliederverein und das auch wegen dir. Es war nicht immer leicht, (Problem)Fans, Klub und Gesellschaft zusammenzuhalten. Da musstest du dich schon nach allen Seiten strecken. Rapid war deine Lebensaufgabe. Und auch wenn der Verein von seinen Anhängern zu Religion hochstilisiert wird, bist du kein Heiliger. Manchmal sind die Pferde mit dir durchgegangen: Erinnere dich an dein „Hoit de Pappn!“, adressiert an Gerhard Struber. Zwischen diesem „Hoit de Pappn!“ und „Olle de Händ‘ auffe!“ liegt allerdings die Wahrheit. Das bist du. Frei nach Lessing: „Begnüg dich doch ein Mensch zu sein!“

Gute Besserung und alles Gute für die Zukunft wünscht dir

Marie Samstag, abseits.at

Marie Samstag

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