Jeden Sonntag wollen wir an dieser Stelle Briefe aus aktuellem Anlass versenden. Mit Gruß und Kuss direkt aus der Redaktion – Zeilen zum Schmunzeln,... Briefe an die Fußballwelt (39): Lieber Toni Kroos!

Jeden Sonntag wollen wir an dieser Stelle Briefe aus aktuellem Anlass versenden. Mit Gruß und Kuss direkt aus der Redaktion – Zeilen zum Schmunzeln, Schnäuzen und Nachdenken an Fußballprotagonisten aus allen Ligen. Diesen Sonntag schicken wir unseren Brief an den Taktgeber von Real Madrid …

Lieber Toni Kroos!

In letzter Zeit ist bei dir ganz schön was los: Du bist 30 Jahre alt geworden, hast ein geiles Tor aus einem Eckball erzielt und deine Doku ist auf DVD erschienen. Genau diesen Dokumentarfilm habe ich mir vor kurzem angeschaut. Handwerklich ist der Film „Kroos“ so wie du Fußball spielst: Mit Maß und Ziel, solide aufbereitet, schnörkellos. Manche finden das langweilig. Im spektakulären Fußballgeschäft sind Spieler wie du – obwohl du über sensationelle Fähigkeiten verfügst – keine Ballon d’Or-Kandidaten. Da ändert es auch nichts daran, dass du (unter anderem) vierfacher CL-Sieger, Weltmeister, dreifacher Deutscher Meister und Pokalsieger bist. Du bist – wie im Film richtig gesagt wird – der Landvermesser unter den Kickern. Derjenige, der das Spiel aufzieht und Treffer vorbereitet. Darum freut es mich heute ehrlich, dass dir im spanischen Super-Cup so ein Schlitzohr-Tor gelungen ist. Wie dein Vater richtig sagt: Du warst nie der Schnellste in der Mannschaft, aber du warst gedanklich einfach schneller als alle anderen. Das konntest du jetzt wieder beweisen und erntest dafür die Portion Einzellob, die du dir mehr als verdient hast.

In „Kroos“ lernt man dich auch von deiner persönlichen Seite kennen. Du bist jemand, der seinen Erfolg und die Bequemlichkeiten, die dieser bietet, lebt, aber richtig einschätzen kann. Du weißt was zählt. Darum hast du eine Stiftung, die kranken – teilweise todkranken -Kindern hilft, gegründet. Dazu hat dich ein vorweihnachtlicher Besuch mit der Mannschaft von Real Madrid in einem Kinderkrankenhaus inspiriert. Als Spitzensportler und dreifacher Familienvater hast du zwar eigentlich schon genug zu tun, es hält dich aber nicht davon ab, deine übrige Zeit Hilfebedürftigen zu widmen. Es wird kolportiert, dass du dich mit jedem Fall, den deine Stiftung betreut, beschäftigst. Das ist viel schwieriger als einfach nur Geld herzugeben. Interesse bedeutet Anteilnahme und Anteilnahme kostet Kraft. Das ist manchmal nicht leicht.

Lieber Toni, dein Engagement ist nicht selbstverständlich. Du bist nicht nur am Platz aktiv, sondern auch jemand, der privat kein Zuschauer sein will. Für viele sind diese Zeilen an dich eine nichtsagende Lobhudelei, deren Effekt schnell verpufft, weil Charity in weiten Kreisen nicht ernstgenommen wird.

Übelmeinende sagen sogar: Ach, der feine Herr Fußballmillionär, der kann es sich leisten ein paar (für ihn) Groschen herzugeben. Das ist grundfalsch, weil es deine persönliche Involvierung herabwürdigt.

Eine Fußballkarriere dauert nicht ewig, ein Leben – aus Perspektive des Lebenden – schon. Du hast begriffen, dass es darum geht nicht nur auf dem Rasen vorneweg zu gehen, sondern auch im Leben.

Nur das Beste weiterhin wünscht dir

Marie Samstag, abseits.at

Marie Samstag

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