Jeden Sonntag wollen wir an dieser Stelle Briefe aus aktuellem Anlass versenden. Mit Gruß und Kuss direkt aus der Redaktion – Zeilen zum Schmunzeln,... Briefe an die Fußballwelt (88) –  Lieber Otto Barić!

Jeden Sonntag wollen wir an dieser Stelle Briefe aus aktuellem Anlass versenden. Mit Gruß und Kuss direkt aus der Redaktion – Zeilen zum Schmunzeln, Schnäuzen und Nachdenken an Fußballprotagonisten aus allen Ligen. Diesen Sonntag schicken wir unseren Brief an einen kürzlich verstorbenen Trainer…

Lieber Otto Barić!

Oft kommt es einem so vor, als würde es genau jetzt ganz schlimm sein und viele Idole plötzlich sterben. Aber es ist doch so, dass die Welt laufend Persönlichkeiten verliert. Du bist einer der prägendsten Fußballtrainer des letzten Jahrhunderts in Österreich gewesen: Schließlich hast du mit drei verschiedenen Vereinen insgesamt sieben heimische Meistertitel geholt, warst mit Salzburg und Rapid im Finale des Pokalsieger‑Wettbewerbs bzw. des UEFA‑Cups. Später bist du vielen rot-weiß-roten Fußballfans als Teamchef der Nationalmannschaft in Erinnerung geblieben. Klein, rundlich, aber maximal motiviert bis in die Haarspitzen.

Lieber Otto, über deine Erfolge kann man schwer streiten. Hans Krankl hat dich in einem Interview zu deinem Tod jetzt als überragenden Motivator bezeichnet. Außerdem warst du ein Taktikfuchs und ehrgeizig, nach deinen internationalen Erfolgen schien eine Weltkarriere auf dich zu warten. Doch beim VfB Stuttgart hat es nicht hingehaut, weshalb es dich zurück nach Österreich verschlagen hat. Krankl meinte, es habe dir das notwendige Glück gefehlt – der richtige Verein im richtigen Moment. Das ist vielleicht wahr. Aber weißt du, lieber Otto, was wirklich wichtig ist? Dass der „Goleador“ in zitiertem Interview sagt, dass du ein glücklicher Mensch, ein sehr glücklicher Mensch warst. Du hast den Fußball geliebt, warst emotional, engagiert und energiegeladen. Du hast die achtundachtzigeinhalb Jahre deines irdischen Daseins größtenteils mit der Sache verbracht, die dir am meisten Spaß macht. Darum sollten dich viele beneiden, das sollten sich viele von dir abschauen.

Auch du warst nicht perfekt, sondern eitel und manchmal rücksichtslos, von deinen Kommentaren über Homosexualität ganz zu schweigen. Das war so. Das kann man nicht schönreden, das ist auch nicht notwendig. Denn, wenn man aus deinem Leben etwas lernen kann, dann das Erfolg eben nicht nur aus harter Arbeit und Glaube besteht, sondern daraus, dass man liebt, was man tut. Dafür warst du das lebende Beispiel und ein leuchtendes Vorbild für alle.

Ruhe in Frieden!

Marie Samstag, abseits.at

Marie Samstag