Im Champions-League-Achtelfinale kommt es ja derzeit unter anderem zum Duell zwischen Porto und Juventus Turin. Dabei stehen einander auch zwei Torhüterlegenden gegenüber, die sich langsam, aber stetig, ihrem Karriereende nähern: Iker Casillas und Gianluigi Buffon. Da darf man schon mal melancholisch werden.
Die besten Dinge passieren oft spontan. Eigentlich hatte ich nach meinem Wochenend-Groundhopping-Trip in den Ruhrpott und nach zwei Spielen (Borussia Dortmund gegen Wolfsburg bei gesperrter Südtribüne – folglich nur halb so toll – und Red Bull Leipzig gegen Mönchengladbach) fürs Erste genug von Fußball. Ich wollte mir einfach nur Porto ansehen (ein Städtetrip sei hiermit auf das Dringlichste empfohlen), bis zur Sichtung unzähliger schwarzweißer Dressen in der Innenstadt war mir nicht einmal bewusst, dass das Hinspiel hier stattfinden würde. Aber wenn man erst einmal die vielen Fans sieht, bekommt man eben doch Lust.
Last-Minute-Tickets
Naiv wie ich war, habe ich per Stubhub last minute Tickets gebucht. 110€ pro Stück, der Verkäufer war allerdings nicht am vereinbarten Treffpunkt. Weil ich zu spät gewesen sei (ich war pünktlich, ich schwöre!), auf meine Frage, wie ich an die Tickets bekommen solle bekam ich ein unfreundliches „I don’t care, call the company“ zu hören (mal sehen, wie gut die auf der Website genannte „Fan Protect Guarantee“ funktioniert).
Aufgeben wollte ich noch nicht, zumal mir beim Dortmund-Spiel die unzähligen Verkäufer vorm Stadion aufgefallen sind, also wieso nicht auch hier? Tatsächlich, Karten waren ohne Probleme erhältlich, Champions League hin oder her. 40€, das Doppelte vom Originalpreis, aber die Zeit drängt und wir haben keine Nerven mehr fürs Verhandeln. Die Tickets sind tatsächlich echt (Zweifel gab es bis zuletzt) und erst im Stadion selbst die Erkenntnis, dass wir in der zweiten Reihe hinter dem Tor sitzen. Was ja positive und negative Aspekte hat, man sieht sehr viel und sehr wenig zugleich.
Casillas und Buffon
So konnten wir je 45+ Minuten Casillas und Buffon aus nächster Nähe erleben. Zwei Männer wie aus einer anderen Zeit, irgendwie könnte jedes Spiel das letzte sein. Der Fußball hält einem ja auch irgendwie, ganz wie bei Oscar Wildes Dorian Gray, einen Spiegel vor. Als Fußballfan fühlt man sich ein wenig wie ein Lehrer (zumindest stellt ich es mir so vor): Die Spieler bleiben immer in etwa gleich alt, nur man selbst wird älter.
Als Kind sind Fußballer erwachsene Männer, viel älter, selbst die Jungen. Irgendwann hängen dann die ersten die Schuhe an den Nagel. Aber das ist noch nicht so tragisch, so viel Bezug hat man noch nicht aufgebaut. Komisch wird es, wenn jene aufhören, die man quasi ihre ganze Karriere hinweg „begleitet“ hat. Das müssen auch nicht einmal Stars sein, mich hat es beispielsweise seltsam berührt, als Martin Amerhauser verschwunden ist (ich erinnere mich noch an den jungen Amerhauser aus der glorreichen Salzburg-Zeit der 1990er Jahre; könnte aber auch daran liegen, dass ich mich gerade in Lissabon befinde und er damals das entscheidende Tor gegen Sporting erzielt hat).
Parallel dazu merkt man freilich auch, dass man selbst kein junger Spieler mehr wäre, sondern „im besten Alter“, eventuell bereits ein Routinier oder gar zu alt, um Profi zu sein. Wo man früher erwachsene Männer gesehen hat, sieht man später Burschen beziehungsweise Jungs (mir fallen keine besseren Worte ein).
Alles fließt
So haben Casillas und Buffon mir einen Spiegel vorgehalten. Vor allem bei Casillas erinnere ich mich noch gut an die Zeit, als er als junges vielversprechendes Talent mit einem Mal das Tor von Real Madrid gehütet hat. Beide werden nicht mehr allzu lange aktiv sein, wiewohl Torhüter freilich eine längere Halbwertszeit haben als Feldspieler. Vielleicht werden sie ja Trainer oder Funktionäre. Dann kann ich meinen hypothetischen Kindern davon erzählen, wie ihr Vater die beiden in Porto gesehen hat. Um 40€. Wer weiß, vielleicht fragen sie mich dann auch, was ein Euro ist. Die Welt verändert sich ja auch abseits der Stadien.
Ralph Janik, abseits.at
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Ralph Janik
Assistent an der Universität Wien (Fakultät für Rechtswissenschaften, Abteilung für Völkerrecht und internationale Beziehungen). Rapidler. Ewig strebend bemüht, dem Fußball in seiner Lehrtätigkeit ein wenig Platz einzuräumen.
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