Das Positive daran, ein wandelndes Fußball-Lexikon als Fanklub-Präsidenten (Grün-Weiss-Amstel) zu haben, ist, dass man sich um so lästige Details wie Spieltermine nicht mehr großartig... Champions League in Dänemark: Groundhoppingbericht zu Nordsjaelland vs. Juventus

Das Positive daran, ein wandelndes Fußball-Lexikon als Fanklub-Präsidenten (Grün-Weiss-Amstel) zu haben, ist, dass man sich um so lästige Details wie Spieltermine nicht mehr großartig kümmern braucht. Man wirft einfach ins Gespräch ein, wann man wo ist und weiß sogleich, wer da wo wann gegen wen in welcher Liga spielt. So auch vorige Woche, als sich in etwa folgender Dialog abspielte: „Du, wegen NFL schauen am Montag, ich bin bis Mittwoch in Kopenhagen zur Schulung. Leider keine Zeit.“- „Kopenhagen… Moment, da ist doch was. Die spielen doch am Dienstag Champions League gegen Juventus im Parken Stadion. Hast schon ein Ticket?“Ein Dank an den Herrn Präsidenten.

Ein paar Mausklicks und 550 dänische Kronen später (ich hebe mir das Schockerlebnis, wie viel das in Euro ist, für die Kreditkartenabrechnung auf) ist eine der letzten Karten im dänischen Fansektor gesichert, das Ticket wird ans Büro in Kopenhagen geschickt. Letzteres hatte zur Folge, dass die dänischen Kollegen schwerstens begeistert davon waren, dass der Österreicher, der da zur Schulung einfliegt, sich den dänischen Meister in der Champions League live im Nationalstadion anschaut. „Bist Du etwa ein Juve-Fan?“ – Nein, nur ein Fußball-Begeisterter.“ – „Wahnsinn, super, ich bin begeistert. Viel Spaß dabei, wird sicher ein tolles Spiel.“ So waren die Reaktionen der gar nicht kühlen Skandinavier. Aufgrund des dichten beruflichen Terminplans blieb für Sightseeing leider keine Zeit, um 19.45 wurde der etwa 35-minütige Fußmarsch Richtung Parken Stadion gestartet. Da waren bereits 45 Minuten Liveberichterstattung im dänischen Fernsehen zu sehen, die fangen da wirklich schon um 19 Uhr mit Vorberichten, taktischen Analysen, Porträts, Expertenmeinungen und Interviews an –ORF und Co. können sich da was Abschauen.

Gute Stimmung im Stadion

Der Fansektor von Nordsjaelland im Parken Stadion befindet sich nicht hinter dem Tor, wie man vermuten könnte, sondern auf der Längsseite in der Nähe der Cornerfahne. 22.404 füllten den unteren Rang, der Obere wurde nicht aufgemacht. Die Fans von Juventus bevölkerten die komplette Tribüne hinter dem Tor auf der Gegenseite, es waren auch viele in Dänemark lebende Italiener zugegen. Als Choreographie wurden beim Einlaufen der beiden Mannschaften Fahnen in den Klubfarben gelb und rot geschwenkt. Die Stimmung war durchwegs gut bei den dänischen Fans, Einpeitscher sorgten immer wieder für Sprechgesänge und stimmten Lieder an. Von den Tifosi war weniger zu hören, erst beim Ausgleich kam im Gästeblock Stimmung auf.

Verhaltener Beginn und starke Defensivleistung der Heimmannschaft

Im dänischen Fernsehen wurden beide Mannschaften mit einem klassischen 4-4-2 präsentiert. Auf dem Feld zeigte sich der dänische Meister eher mit einem 4-2-3-1 mit Beckmann in der Spitze und Andreas Laudrup, dem Sohn des ehemaligen Weltklasse-Mittelfeldspielers Michael Laudrup, als Flügelspieler über rechts. Die Italiener mit der Doppelspitze Matri und Giovinco spielten die erste Halbzeit sehr verhalten, die acht Unentschieden in Folge im Europacup blockierten wohl im Unterbewusstsein allzu heftige Angriffsbemühungen zu Beginn. Torchancen waren Mangelware in Hälfte eins, ein weiter Abschlag von Keeper Jesper Hansen führte zu einer guten Chance von Joshua John, die aber Buffon mit der Brust außerhalb des Strafraums parieren konnte. Auf der Gegenseite umkurvte Giovinco den Goalie, setzte den Ball aber aus spitzem Winkel ins Außennetz. Ein weiteres Mal wird ein Schuss des Juve-Stürmers von knapp außerhalb des Strafraums pariert.

Bei den Italienern war wie nicht anders zu erwarten Andrea Pirlo der Dreh- und Angelpunkt des Offensivspiels. Er verzeichnete gefühlte null Fehlpässe, schüttelte dabei immer wieder gefühlvolle weite Bälle in Richtung De Ceglie und Isla auf die Flanken aus dem Fußgelenk und ließ sich sogar dann nicht in Verlegenheit bringen, wenn er von seinen Mitspielern mit schlechten Anspielen in solche gebracht werden hätte können. Ein toller Freistoß von ihm in nach der Pause wurde von Hansen in Klassemanier abgewehrt. Auffällig war bei den Angriffen der Italiener vor allem, dass viel über die Flanken probiert wurde, hohe Bälle in den Strafraum aber bis auf zwei Szenen immer von den dänischen Verteidigern abgefangen wurden. Einmal kam der kleine Giovinco zum Kopfball – Hansen hält erneut fantastisch, gegen Ende scherzelte Bendtner, der bei seiner Einwechslung mit Pfiffen empfangen wurde, aus aussichtsreicher Position weit neben das Tor. Es hatte den Anschein, als gäben die dänischen Außenverteidiger Mtiliga und Parkhurst den Platz an der Flanke entlang der Linie frei. Sie orientierten sich eher nach innen, um das Eindringen der Italiener in den Strafraum zu vereiteln bzw. das Zentrum zuzumachen, was bis auf wenige Situationen sehr gut klappte.

Torpremiere und kein Ende der Remis-Serie

In Hälfte zwei gelang Nordsjaelland nach einem aus Juventus-Sicht völlig unnötigen Freistoß der umjubelte erste Treffer in der Champions League. Bei einem hohen Ball Richtung Strafraum suchte Laudrup den Kontakt zu Chiellini, weil der Ball außer Reichweite gewesen wäre; der tat ihm den Gefallen mit einem Rempler, sah dafür gelb und der bisher schwache Beckmann traf ins Kreuzeck. Die Angriffsbemühungen der Italiener wurden folglich intensiviert. Pirlo trieb das Spiel weiter mit seinen Klassepässen an, über die Mitte ging aber recht wenig und für die zahllosen Flanken fehlte ein Brecher in der Mitte. Chancen gab es aus Distanzschüssen, teils recht gefährlich, die aber alle von Hansen pariert wurden, der an diesem Abend eine herausragende Leistung zeigte. Der zweite herausragende Mann war Enoch Adu auf der Sechserposition, der mit Kapitän Nicolai Stockholm vor der Abwehr abräumte und eine Vielzahl seiner Zweikämpfe im Zentrum souverän gewann.

Mit der Einwechslung des grippegeschwächten Vucinic und von Bendtner wurde das Spiel der Italiener variabler, aber deswegen noch nicht gleich erfolgreicher. Die Dänen verlegten sich komplett auf die Abwehr wurden in Minute 81 aber Opfer ihrer bisher erfolgreichen Taktik. Die Aufgabe der Flanken rächte sich, als über die linke Defensivseite ausnahmsweise kein hoher, sondern ein halbhoher Ball von Isla in den Strafraum kommt. An zwei Abwehrspielern vorbei kommt das Leder zu Vucinic, der übernimmt direkt und lässt Hansen keine Chance.

Fazit

30:8 Schüsse gesamt, 15:5 Schüsse aufs Tor für Juventus, 18:5 Eckbälle, neunmal Abseits. Die Zahlen deuten auf einen drückend überlegenen italienischen Meister hin, das war auf dem Platz aber nicht so. Es gab viel Leerlauf, harmlose Flankenläufe und über die Mitte ging relativ wenig. Nordsjaelland hielt vor allem dank Keeper Hansen und Adu fantastisch dagegen, hatte immerhin 48% Ballbesitz, hätte aber aus dem Spiel wohl kein Tor erzielt. Bei Juventus war Pirlo der überragende Mann, er leitete mit dem Pass auf die Seite auch den Ausgleich vor. Es war ein ausgesprochenes Vergnügen, einem solchen Ballzauberer live zusehen zu dürfen.

Christian Ditz, abseits.at

Christian Ditz

Keine Kommentare bisher.

Sei der/die Erste mit einem Kommentar.

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert