Der “Willi-”Ente”-Lippens-Preis” oder “Frechheit siegt” (2) – Fredi Bobic
Fankurve 27.Januar.2014 Marie Samstag 0
Hier prämieren wir die schlagfertigsten und einfallsreichsten Sager von Kickern, die nicht nur auf dem Platz sondern auch verbal Spielwitz zeigten. Sprüche à la „Der FC Tirol hat eine Obduktion auf mich.“ oder „Wir dürfen nicht den Sand in den Kopf stecken.“ bleiben außer Konkurrenz. In unserer achtteiligen Serie stellen wir euch Herren vor, die auch als Satiriker gute Figur gemacht hätten. Prickelnde Spitzzüngigkeiten haben schließlich immer Saison.
Wer hat sich „Ente“ Lippens zum Vorbild genommen? Der „Urvater“ der ballesterischen Schmähbruder schleuderte dem Schiedsrichter einst auf dessen Drohung: „Ich verwarne Ihnen“ ein geistreiches „Ich danke Sie“ entgegen. Lippens flog daraufhin vom Platz, aber auch direkt in die Geschichtsbücher der kecksten Fußballeraussprüche. Viele andere folgten. Nachstehende Herren lieferten mitunter das Beste, das die deutschsprachige Kickerwelt je gehört hat…
Teil 2 unserer Serie behandelt ….
Fredi Bobic – Spätzle mit Đuveč
Balkanmentalität im fußballerischen Sinne konnte man Fredi Bobic während seiner aktiven Karriere nicht wirklich vorwerfen. Als Kicker war er weder launisch noch allzu undiszipliniert. Bobic‘ Qualitäten lagen eher auf einem anderen Gebiet. Er war ein hervorragender Techniker, der im Strafraum auf den perfekten Pass lauerte. Ein vollkommener One-Touch-Spieler mit Torriecher. Sein Hintergrund ist aber jedenfalls „Made In Yugoslavia“: Kroatische Frau trifft auf slowenischen Mann. Geboren wird der Spross aus dieser Verbindung am 30. Oktober 1971 in Slowenien. In Maribor (Marburg an der Drau) erblickt Fredi Bobic das Licht der Welt. Eigentlich ist er aber doch ein Schwabe, denn schon wenige Tage nach seiner Geburt wanderten seine Eltern mit ihm nach Stuttgart aus. So entstand das „Integrationsmenü“: Heißblut, Sprunghaftigkeit und Spontanität kombinierte Bobic mit der „Schaffe, schaffe“-Arbeitsmoral des Schwabenlandes. Perfekt, denn nur so konnte er seine „berühmte“ direkte Abnahme verbessern: Seitfallzieher, Flugkopfball, Dropkick. Zunächst wurde beim TSF Ditzingen, dann bei den Stuttgarter Kickers und letztendlich beim VfB aufgespielt. Der „Balkanbomber“, wohnhaft in Hallschlag, erfreute die deutsche Bundesliga mit 108 Toren in 285 Spielen. Garniert wurde Fredis 16 Jahre dauernde Karriere mit seiner Schlagfertigkeit, Selbstironie und nicht zuletzt mit seinem Scharfsinn.
„Sage, was du denkst, aber denke vorher!“
…ist eine von Fredi Bobic‘ Lebensweisheiten – zunächst ging es bei ihm aber großteils ums Kicken und nicht ums Denken oder Reden. In den 90er-Jahren sorgte Bobic beim VfB Stuttgart für Furore. Gemeinsam mit Krassimir Balakow und Giovane Élber bildete er das „magische Dreieck“ der Schwaben. Mit 89 Toren in zwei Spielzeiten waren die Drei das zweiterfolgreichste Trio in der deutschen Bundesliga-Geschichte. Einzig die Wolfsburger Grafite, Dzeko und Misimovic erzielten noch mehr Tore (104). Fünf Jahre lang trug der slowenischstämmige Deutsche das Trikot der Schwaben und war als starker Rechtsfuß bekannt. Bis zu jenem Spieltag an dem er erstmals seine anderen Qualitäten offenbarte. In einer hitzigen Partie wurde Bobic vom Spielleiter verwarnt und erklärte im folgenden Interview, dass man sich von einer „blinden Bratwurst“ ja auch nicht mehr erwarten könne. Das sehbehinderte Würstel brummte dem „Maulhelden“ dafür noch zusätzlich ein Spiel Sperre auf. Fredi musste beim Match gegen die Bayern passen. Seine Wortmeldung schaffte es aber sogar bis in eine amerikanische Sportzeitung und das Humorarchiv der Bundesliga ist seitdem um eine Chronikseite reicher. Noch heute kann man „Bratwurst“-T-Shirts erstehen. „Aber keiner kann mir sagen, was denn eine blinde Bratwurst überhaupt ist.“, stellte der Stürmer schmunzelnd fest und hat wieder einmal das letzte Wort. Die Absurdität seiner Aussage brachte ihn also selbst zum Lachen.
Einige Zeit später war Bobic aber nicht mehr zum Lachen zu Mute. 2001 trug der Spieler im Arbeitsalltag schon das schwarz-gelbe Trikot der Dortmunder, als ihm beim morgendlichen Semmeln-Holen sein Konterfei von einer berüchtigten deutschen Boulevard-Zeitung entgegenstrahlte. „Bobic – Deutschlands teuerster Ladenhüter“ titelte die Bild-Zeitung. Über 300.000 DM kassierte der damalige „Bankerl-Drücker“ im Monat. Ein Bank-Praktikant, möglicherweise Schalke-Fan, schanzte der Zeitung mit den vier Buchstaben einen Kontoauszug Fredis zu. Eine unangenehme Situation für den lebensfrohen Spieler.
Er verlor den Spaß am Fußball und wechselte nach England. Für die Bolton Wanderers schoss er in der Rückrunde 2001 vier Tore, danach wurde Hannover 96 sein neuer Arbeitgeber. 2003 heuerte Bobic beim Hauptstadtklub Hertha BSC an. Ein Flop. Der Schwabe verstand sich nicht so richtig mit seinem Trainer Huub Stevens. Der knorrige Niederländer verweigerte sogar einmal den Handschlag: „Ich fand Fredis Leistung nicht so [gut, Anm.], dass ich auch abklatschen musste.“ Nach zwei Jahren Berlin hieß Bobic‘ letzte Arbeitsstelle HNK Rijeka. Dort verabschiedete er sich mit einem wichtigen Tor im Finale des kroatischen Cups. Ein würdiger Abschied einer schönen Karriere.
Vor dem Tor schien der Stuttgarter eiskalt und fokussiert zu sein, nachdem sein eigentlicher Job getan war, drückte er sich aber einmal unklar aus: „Es war ein dreckiger Sieg. Für das Tor musste man sich dreckig machen.“ So kommentierte der zweifache Familienvater einst einen Siegestreffer. Schmutz hatte es ihm überhaupt angetan, wie er mit jener kreativen Satzschöpfung bewies: „Wir sind im Dreck und müssen uns jetzt da heraussuhlen!“
Ein Mann, wie jeder Mann
Nicht alle finden Bobic immer lustig und kreativ. Seine „heimatliche“ Stuttgarter Zeitung beurteilte manche seiner Äußerungen einst als „Stammtischsprüche“. Fredis Kritik gegenüber DFB-Juristen („Da kannst du dir das Benzingeld sparen, wenn du da hinfährst.“) und gegnerischen Klubs („Eh wurscht, wenn die [Freiburg, Anm.] absteigen“) wurden als „verbale Ausrutscher“ qualifiziert.
Auch gegenüber RB Leipzig verhielt sich Bobic nicht gerade zimperlich. Bezüglich deren Abwerbungsversuchen in den VfB-Jugendmannschaften sagte er: „Es geht um Zwölfjährige, die hier abgeworben werden sollen. Es ist absolut unverantwortlich, Kinder in diesem Alter ohne Not aus ihrer gewohnten Umgebung zu reißen!“
Bobic, der seit 2010 das Zepter als Sportdirektors seines Herzensvereins schwingt, hat sonst aber wenig Grund zur Klage. Einst Moderator beim DSF, war er anschließend beim Bezahlfernsehsender Premiere als Experte geladen. Noch heute erfreut Bobic die österreichischen Zuschauer, wenn er beim Privatkanal ATV sein Fachwissen ausspielt, obwohl er eigentlich seinen Hauptjob beim VfB ableistet.
Bei Bobic‘ Expertentätigkeit kommt es ab und an auch zu außergewöhnlichen Ereignissen. Pech hatte dabei Fredis Moderatorenkollegin Jessica Kastrop. Diese wurde nach einem „Traumpass“ (O-Ton Bobic) von Khalid Boulahrouz von einem Ball genau auf den Hinterkopf getroffen. Fredi, zu Jessicas Rechten stehend, traf (nur) fast der Schlag. Boulahrouz entschuldigte sich später mit Blumenstrauß und Petr-Čech-Kopfschutz bei der „angeschossenen“ Journalistin.
Des Sängers Fluch
Seine erfolgreichste Zeit, damals im „magischen Dreieck“ von Baden-Württemberg, musste der 37-fache Nationalspieler gebührend abrunden. „Steh auf“ hieß die Single, die das „tragische Dreieck“ 1997 aufnahm. Bobic wurde dabei von den Mitspielern Gerhard Poschner und Marco Haber begleitet. Für die einen ein Kult-Hit, für die anderen eine Peinlichkeit. Die Nummer klingt übrigens wie Deutsch-Pop à la „Die Prinzen“ oder „Pur“. Letztere sind laut „Sängerknabe Nr. Eins“ Gerhard Poschner auch für die Entstehung des Liedes mehr oder minder verantwortlich: „Die [„Pur“, Anm.] kommen aus dem gleichen Ort wie ich. Nach einem Konzert sagte mir Sänger Hartmut Engler nach zwei Bacardi-Cola: „Weißt du, was ich am liebsten machen würde: Fußball spielen, wie du.“ Ich: „Du Trottel, und ich würde am liebsten auf der Bühne stehen und so singen können wie du!“ Sein Produzent stand daneben. Ich versprach ihm, dass ich ein Tape aufnehmen würde. Er versprach mir, dass er es produzieren würde. Fredi und Marco standen dabei, die musste ich gar nicht groß überzeugen.“ Gott sei Dank, ließ es das „Trio Infernale“ bei einem Song bewenden. Schließlich hat es Bobic ja schon während seiner aktiven Zeit gesagt: „Man darf jetzt nicht alles so schlecht reden, wie es war.“
Der 43-jährige Ex-Stürmer beherrscht aber auch die Kunst eine ernste Aussage in einem witzigen Rahmen unterzubringen. Bobic beantwortete die Frage nach seiner Lieblingsfigur in der Geschichte mit den Worten: „George W. Bush – denn wäre er eine Figur der Geschichte, wäre er keine Realität mehr.“ Damit sprach Bobic 2003 wohl vielen Menschen aus der Seele.
Als Sportdirektor und Vorstandsmitglied des VfB Stuttgart lenkt Bobic die Geschicke „seiner“ Schwaben. Er selbst entspannt am liebsten beim Fernsehen und zwar „überall dort, wo ein Ball fliegt oder schöne Frauen…“. Typisch, das schwäbische Schlitzohr vom Balkan!
Marie Samstag, abseits.at
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