Die ersten fünfzehn Minuten beim Kharkiv-Spiel: Kritik an der "Causa Uwe"
Fankurve 18.September.2011 Daniel Mandl 0
Beim Europa League Spiel der Wiener Austria gegen Metalist Kharkiv verzichtete man vonseiten der Fanklubs während der ersten Viertelstunde auf die Unterstützung der Mannschaft. Grund war das unerwartete Ableben eines Vertrauten der aktiven Szene. Angekündigt wurde das Ganze durch einen im Internet publizierten Flyer. Auch im Austrian Soccer Board wurde diese Thematik kontroversiell diskutiert.
In der violetten Internetgemeinde stieg nach bekannt werden der Maßnahme das Interesse am Verstorbenen, der laut szenekundigen Usern (soweit man diesen Vertrauen schenkt) eine Legende gewesen sein soll. Wie genau man sich bei Unsterblich Wien den Legendenstatus erarbeitet wurde zwar nicht näher erläutert, allerdings lässt die Heftigkeit der Trauermaßnahmen (Viertelstunde schweigen, keine Fanklubbanner) sowie die Ausrichtung der „Krawallerie“ einiges erahnen.
Soweit also zu den Vorraussetzungen, auf die näheren Umstände wird hier nicht eingegangen, wird der Grundsatz „de mortuis nil nisi bene“ respektiert.
Was am Donnerstag also folgte, war eins der groteskesten Szenarien der letzten Jahre am Verteilerkreis. War beim letzten Supportverzicht noch die Vereinspolitik „schuld“, so wurde hier ein Fußballspiel erneut von einer Minderheit missbraucht, um sich selbst wieder in den Mittelpunkt zu stellen. Niemand spricht den Freunden und Bekannten das Recht ab, um einen verstorbenen Freund zu trauern. Aber ein Fußballstadion ist ein Ort des Lebens an dem, bei allem Respekt, Trauerkränze deplatziert wirken. Viel schlimmer jedoch war, dass Ankündigungen, wonach es jedem selbst überlassen sei, wie er sich verhalte, nicht stimmten. Auch wenn es bei verbalen Scharmützeln blieb, so ist die Tatsache, dass eine fünf bis sechs Mann starke Truppe durch die Reihen wandert, einfach nur widerlich und aufs Schärfste zu verurteilen.
Fest zu halten bleibt die Tatsache, dass die gewählte Vorgangsweise von der Mehrheit der Fans abgelehnt wurde, wie am lautstarken Support während der ersten Viertelstunde abgelesen werden kann.
Wie es bei Tribünenvorfällen üblich ist, muss man sich auf Zeugenaussagen verlassen, sofern man nicht selbst Zeuge des Geschehens war. Allerdings sind folgende Behauptungen und Schilderungen aus der Kenntnis der aktuellen Lage auf der Osttribüne durchaus glaubhaft und plausibel.
Wenn auch nur ein Bruchteil der kolportierten Meldungen stimmt, ist die Politik gegenüber den Fans nicht nur zu hinterfragen, müssen sich die Verantwortlichen aber viel mehr fragen, ob sie der Aufgabe noch gewachsen sind.
Angeblich sollen Teile der Trauergemeinde (immerhin gilt die Anwesenheit von Vertretern aus der Grün-Weißen Hooliganszene als gesichert) über das Pub (und somit auch ohne ID) gratis Zutritt erhalten haben.
Es ist nicht mehr länger tolerierbar, dass der Verein diese Szene im „besten“ Fall ignoriert, im schlimmsten Fall sogar unterstützt. Und es ist nicht länger tragbar, dass der gemeine Fan schikaniert wird, damit man vor den Medien der UEFA oder vor dem jüngsten Gericht behaupten kann, dass man alles tut, um Unruhestifter fernzuhalten. Außerdem wäre es endlich wieder an der Zeit, dass sich der Verein öffentlich dieser Thematik stellt. Bedauerlicherweise haben sich Aussagen nach dem Abbruchderby, wonach bei Violett alles Eitel Wonne wäre viel schneller als befürchtet als Nonsens herausgestellt.
Nötige Konsequenzen
Die Austria muss, und es steht zu vermuten, dass diese Erkenntnis den Verantwortlichen noch nicht bewusst ist, sich aus eigenem Interesse von den Betroffenen distanzieren. Die Mannschaft kann noch so sympathisch und dynamisch wirken, und somit für Sponsoren interessant, solange rechtsextreme oder gewaltverherrlichende Umtriebe ihr Unheil treiben, werden es sich potentielle Geldgeber in Zukunft dreimal überlegen, ob das Geld nicht woanders besser aufgehoben wäre. Und zu guter letzt hat die Austria als Verein verdammt noch einmal die moralische Pflicht, aus dem Selbstverständnis und der Geschichte des Vereins heraus, alles zu unternehmen, um den FAK wieder als weltoffenen Teil der Bundeshauptstadt zu etablieren.
Patrick Redl, abseits.at
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Daniel Mandl Chefredakteur
Gründer von abseits.at und austriansoccerboard.at | Geboren 1984 in Wien | Liebt Fußball seit dem Kindesalter, lernte schon als "Gschropp" sämtliche Kicker und ihre Statistiken auswendig | Steht auf ausgefallene Reisen und lernt in seiner Freizeit neue Sprachen
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