Auch wenn Mazedonien selbst nur etwa 1000 Kilometer von Österreich entfernt liegt, ist den Durchschnittsbürgern in unseren Breitengraden kaum etwas über dieses Land bekannt.... Groundhoppen in Mazedonien – das Land der flexiblen Termine…

Auch wenn Mazedonien selbst nur etwa 1000 Kilometer von Österreich entfernt liegt, ist den Durchschnittsbürgern in unseren Breitengraden kaum etwas über dieses Land bekannt. Einige wissen vielleicht noch, dass Mazedonien auch durch die Abkürzung FYROM bekannt ist. Diese setzte Griechenland nach der Unabhängigkeitserklärung Mazedoniens durch, damit man die „Frühere Jugoslawische Republik von Mazedonien“ (eben: FYROM) auch sicher von dem auf griechischem Territorium liegenden Makedonien unterscheiden kann. Mittlerweile hat sich für die Republik Mazedonien auch der Terminus Mazedonien durchgesetzt und nachdem die Bürgerkriegswirren von 2001 mit dem Ohridabkommen beendet wurden, begann auch die Annäherung der Balkanrepublik an den Westen. So sind derzeit Aufnahmeverfahren in die EU und NATO im Laufen. Diese positive Entwicklung des Landes in der Außenpolitik hat aber auch seine innenpolitischen Schattenseiten, denn das Ohridabkommen wird seitens der mazedonischen Mehrheitsbevölkerung noch immer als Diktatfrieden der USA gesehen, weshalb nach wie vor Spannungen zwischen dieser und der albanischen Minderheit vorherrschen. Die albanische Minderheit macht übrigens 25% der Gesamtbevölkerung des Landes aus. Diese lebt überwiegend ethnisch getrennt im Nordwesten des Landes, der an das albanische Kernland, den Kosovo und die albanischen Gebiete in Südserbien grenzt. Nach dieser kleinen Einführung geht es nun zu den tatsächlichen Erlebnissen aus Mazedonien, das ich im Gegensatz zu meinem ersten Besuch im Jahr 2007 diesmal per Flugzeug erreicht habe.

Groß ist der internationale Flughafen Alexander der Große bei Skopje nun wirklich nicht und die öffentlichen Verkehrsmittel sind dort ebenfalls rar. So begann das verlängerte Sommerwochenende in der südlichsten der ehemaligen jugoslawischen Teilrepubliken mit dem Feilschen um einen halbwegs vernünftigen Preis für die halbstündige Fahrt zu unserem in der Innenstadt liegenden Hotel. Nachdem die Sachen einmal verstaut waren, widmeten wir uns der 500.000-Einwohner zählenden Hauptstadt des Landes. So wurden der Zoo, die Festung sowie die muslimisch-albanisch geprägte Altstadt besucht. Der im Umbau befindliche modernere Teil Skopjes, am südlichen Ufer des Flusses Vardar haben wir entsprechend kurz durchlaufen, zumal es auch schon Abend wurde. An diesem belohnten wir uns reichlich mit den Grillspezialitäten des Balkans, unzähligen Skopskos, der Bierspezialität Mazedoniens und einem herrlichen Blick auf die beleuchtete Festung. Auf dem Heimweg blieben wir noch in einem Open-Air-Lokal mit mazedonischer und serbischer Livemusik hängen. Bei den mazedonischen Tänzen rund um den Tisch waren die gesamten Lokalgäste mit von der Partie und es wurde die ganze Nacht durchgefeiert. Dies war auch für uns kein Problem, weil der nächste Tag gemütlich beginnen sollte.

Nach einem stressfreien Frühstück machten wir uns erst gegen Mittag, in einem modernen Reisebus mit Klimaanlage, auf den Weg in den albanischen Teil Mazedoniens. Unser Ziel Tetovo haben wir nach einer Stunde Fahrtzeit erreicht. Da Tetovo bei der Besichtigung kulturell nicht besonders viel zu offenbaren hatte, wollten wir eine Schirmbar aufsuchen und uns dort die Zeit bis zum Spielbeginn zu vertreiben. Dies gestaltete sich jedoch schwieriger als gedacht, denn aufgrund des Fastenmonats Ramadan wollten die Wirte keinen Alkohol zu den Speisen verkaufen – wo wir uns doch so auf ein erfrischendes Bier gefreut haben. Nach fast auswegloser Suche konnte man in einem schattigen Cafe beim Stadion zu warmen Snacks, wie Toast und Pizza ein Bier bestellen. Da haben wir natürlich nicht lange überlegt.

Erst eine halbe Stunde vor dem Beginn des Erstligaspiels Renova Džepčište (einem Vorort Tetovos) gegen Bregalnica Štip konnte man durch zwei Kartenverkäufer und einige sich zum Stadion begebende Personen vernehmen, dass hier überhaupt Fußball gespielt werden sollte. Nur rund 500 Zuschauer fanden sich an diesem Nachmittag im zweitgrößten Stadion des Landes ein. Aufgrund des Stadions sind die restlichen Besucher wohl nicht gekommen, gleicht dieses doch einer Bruchbude. Schnell wird einem klar, dass Renova, ein auf dem Balkan tätiges Handelsunternehmen für Fertigputz, ausschließlich in die Mannschaft und nicht in das städtische Stadion investiert. Das Stadion dient übrigens auch noch den beiden weiteren Vereinen Tetovos, Shkëndija und Teteks als Heimstätte. Vom Eintrittspreis, ca. € 1,80, konnte diesmal direkt auf das Niveau des Spiels geschlossen werden, denn es endete 0:0 und nie war die Bezeichnung für einen Sommerkick treffender als für diese Partie. Wir waren uns sicher, dass uns das Abendspiel in der auf 30.000 Plätze ausgebauten Nationalarena ein besseres Niveau bieten wird, zumal Rabotnički Skopje auf den amtierenden Meister KF Shkëndija aus Tetovo traf. Da wir uns mindestens 5.000 Zuschauer erwarteten und beim Skopjoter Derby vor einer Woche 8.000 Zuschauer ins Stadion kamen, waren wir ziemlich enttäuscht, dass bestenfalls 1.000 Fußballbegeisterte zu diesem Spitzenspiel kamen. Trotz dieser für ein Topspiel unterdurchschnittlichen Zuschauerkulisse riegelte die Polizei den Gästeblock der albanisch-nationalistischen Fans von Shkëndija ab und verhinderte ein jegliches Zusammentreffen mit anderen Besuchern.

Vulgär-nationalistische Gesänge gab es aber während des Spiels auf beiden Seiten, obgleich Rabotnički nicht einmal einen Fanblock hatte. Da hingegen Shkëndija Stimmung machte und ständig Pyro zündete, was im Übrigen die Polizei nicht im geringsten interessierte, ging das Match auf den Rängen eindeutig an die Albaner. Am Rasen waren sie hingegen chancenlos und verloren mit 3:1. Selbst der Ehrentreffer Shkëndijas fiel erst in der Nachspielzeit. Nach dem Schlusspfiff fackelten die Ordner nicht lange und ließen die Zuschauer, noch während die Spieler in die Kabinen gingen, über das Spielfeld das Stadion verlassen. Die Albaner wurden hingegen von der Polizei zu ihren Bussen eskortiert. Wir wollten den Tag wieder bei guter Stimmung im nahegelegenen Open-Air-Lokal ausklingen lassen. Jedoch endete die Live-Musik diesmal sehr abrupt: Der Keyboarder wurde während des Auftrittes tätlich angegriffen und es folgte eine Schlägerei, die einen Polizeieinsatz nach sich zog. Sowohl die Band als auch zahlreiche Gäste verließen aus naheliegendem Grund das Lokal.

Nach einem ausgiebigen Schlaf war am nächsten Morgen eine Fahrt in den Süden des Landes geplant, natürlich kombiniert mit einem Spiel in Prilep. Da die Busse nach Bitola mit Zwischenstopp in Prilep nur in der Früh und am Nachmittag fuhren, nahmen wir bereits den morgendlichen und überbelegten Minibus, der kaum mehr Plätze als eine Mashrutka aufwies, und kamen erst gegen 12.30 Uhr im 170 Kilometer entfernten Prilep an. Klimaanlage gab es in diesem Bus logischerweise keine, jedoch gab es zur Erholung von den im Bus vorherrschenden Temperaturen eine zehnminütige Pause bei einem an der Hauptstraße gelegenen Restaurant. Da wir von den mitfahrenden Einheimischen erfuhren, dass die veranschlagte zehnminütige Pause in der Regel eine halbe Stunde dauert und sie uns vom Geschmack des Bieres aus Prilep namens “Dab” überzeugen wollten, wurden wir gleich auf ein selbiges eingeladen. In der Mittaghitze von Prilep wurde einmal mehr die Rückfahrtmöglichkeit per Bus überprüft und mit Gewißheit festgestellt, dass der letzte Bus zurück nach Skopje bereits um 18.00 Uhr in Prilep seinen Stopp haben sollte. Nun war guter Rat teuer, zumal das geplante Spiel bereits um 17.00 Uhr beginnen sollte. Dass am Abend noch ein Zug nach Skopje fahren würde, hatten wir nicht bedacht, da wir im Vorfeld abklärten, dass pro Tag nur vier Züge auf der Strecke zwischen Bitola und Skopje fahren. Glücklicherweise stellte sich aber heraus, dass der letzte Zug nach Skopje um 19.12 Uhr fährt. Nach Rücksprache mit der Frau am Kartenschalter, die diesen gerade wegen des bald zu erwartenden Nachmittagszuges aufsperrte, war die Möglichkeit der Heimfahrt nach Skopje gesichert.

Nun konnte man sich endlich in Ruhe der 70.000 Einwohner zählenden Tabak- und Marmorstadt im Süden Mazedoniens widmen. Da danach bis zum Spiel noch genügend Zeit war, kehrten wir ein und genossen wieder einmal die Speisen und Getränke. Cevapcici um umgerechnet etwa € 2,50 und dazu ein Bier um unter einem Euro war der mazedonische Menüklassiker. Völlig überrschend war es auch, dass die Kellnerin ihre Deutschkenntnisse zur Schau stellte. Es waren zwar nur ein paar Sätze, diese waren aber umso beachtlicher, weil sie glaubhaft versichern konnte, nie im deutschsprachigen Raum gelebt oder die Sprache in der Schule gelernt zu haben. Es schein so, als wollte die Kellnerin noch etwas länger mit uns plaudern, zumal sich Touristen wohl nur selten in diese Gegend verirren, jedoch rückte der Spielbeginn im Goce Delčev Stadion, dem drittgrößten Stadion des Landes, immer näher, sodass fürs Plaudern leider keine Zeit mehr blieb.

In wenig Gehdistanz von der Innenstadt entfernten Stadion (Fassungsvermögen: 15.000 Zuschauer) fand an diesem Nachmittag ein Spiel der zweiten mazedonischen Liga statt: Popeda Prilep Junior traf auf Euromilk Gorno Lisiče. Das klingt beim ersten Hinhören nicht wirklich interessant, jedoch handelt es sich beim Heimverein um den Nachfolgeverein des FK Popeda Prilep, der im letzten Jahrzehnt zweimal Meister wurde und Stammgast auf der internationalen Bühne war. Diese wurde dem Verein auch zum Verhängnis, weil Spielmanipulationen in der Champions League Begegnung gegen Pyunik Yervan im Jahre 2004 nachgewiesen wurden und der Verein daraufhin auch ab der Saison 2009/10 für acht Jahre von den internationalen Bewerben ausgeschlossen wurde. Nach dieser Saison wurde der Verein auch in die dritte mazedonische Liga zwangsrelegiert. Von dieser stieg der Verein mittlerweile wieder in die zweite Liga auf. An diesem Sonntag kamen rund 500 Besucher bei freiem Eintritt ins Stadion, wobei es gegen den Gastverein aus einem Vorort Skopjes mit dem klingenden Namen “Euromilk” trotz Führung nur zu einem 1:1-Unentschieden reichen sollte. Verpflegung konnte man im Stadion nicht erwerben, jedoch war der nächste Supermarkt gegenüber des Stadions gelegen, sodass man sich in der Halbzeit mit allem, was das Herz begehrt eindecken konnte. Schließlich war es sowohl den Ordnern als auch der anwesenden Polizei ziemlich gleich, ob man Dosen, PET-Flaschen oder sonstige auch als Wurfgeschosse geeignte Gegenstände ins Stadion mitnahm. Nach dem Spielende ging es direkt zum Bahnhof, wo wir uns um ca. € 3,- die Tickets für die 177 km-lange Zugstrecke nach Skopje besorgten. Am Bahnhof hatte man das Gefühl, dass die halbe Stadt vor Ort ist – so voll war der Bahnsteig! Da sich in Prilep die Züge nach Bitola und Skopje trafen, waren wir uns anfänglich auch nicht sicher, ob wir nun im richtigen Zug sitzen. Jedoch klärte es sich bald auf und wir erreichten Skopje pünktlich. Da wir schon im Vorfeld das Taxi zum Flughafen organisierten, gestaltete sich die Abreise ebenso problemlos. Rückblickend betrachtet war Mazedonien jedenfalls eine Reise wert und wird sicher wieder einmal besucht werden, zumal der Ausflug zum Ohridsee noch offen geblieben ist und einem sowohl Land als auch Leute in guter Erinnerung geblieben sind.

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Heffridge, abseits.at

Daniel Mandl Chefredakteur

Gründer von abseits.at und austriansoccerboard.at | Geboren 1984 in Wien | Liebt Fußball seit dem Kindesalter, lernte schon als "Gschropp" sämtliche Kicker und ihre Statistiken auswendig | Steht auf ausgefallene Reisen und lernt in seiner Freizeit neue Sprachen

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